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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.10.1924
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- 1924-10-17
- Erscheinungsdatum
- 17.10.1924
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Problems an. Uns geht hier nur sein Beispiel über erotisierte Reklame an. Sind hier wirklich neue Ergebnisse zu erwarten? Erinnern wir uns, daß die Psychoanalyse ursprünglich eine medi zinische Theorie war, welche nervöse und hysterische Störungen durch Aufdeckung des »Verdrängten im Seelenleben» beheben will. Daraus hat sich eine psychologische Methode entwickelt, die die ganze Kultur in den Bereich ihrer Betrachtungen zieht. Ohne Zweifel hat sich hierbei vieles Nene ergeben, was man aller dings von dem Beispiel, das Giese gibt, nicht behaupten kann. Letzthin gibt er nur eine Bestätigung, daß auch die allsrfeinsten Anklänge an Erotik zu den wirksamsten Werbemomenten gehören. Immerhin ist auch diese Bestätigung wichtig, noch mehr aller dings ist denkbar, daß die Psychoanalytik durch die Erscheinungen der Reklam-ewirkung vor neue Probleme gestellt wird. Eine etwas merkwürdige Veröffentlichung erschien im Jnter- natio-Verlag: Zehn Jahre deutsche Werbegraphik. Zehn Jahre, wie sie sich in der Arbeit dieses Reklameunterneh- rnens darstellen. Sieht man von der Überheblichkeit des Ver fassers ab, welcher sich im Vorwort selbst als »die aus dem Werbe wesen markanteste und führende Persönlichkeit unseres Landes» bezeichnet, so bleibt doch noch eine Menge Anregendes übrig. Den Buchhandel interessieren einige anscheinend nie ausgeführtc Entwürfe für ein Signet des Rikola Verlags. Eine andere Schrift, die zwar nichts mit dem Buchhandel zu tun hat, regt mich aber zu einem Vorschlag an. Der Verband bayerischer Versandbrauereien hat unter dem Titel »Das schwarze Buch der Bierreklame» bildlich alle Ver suche wiedergegeben, welche gemacht werden, um bei nicht-mün- chener Bieren eine falsche Vorstellung von der Herkunft zu er wecken. Der Buchhandel könnte Wohl mit einer ähnlichen Ver öffentlichung aufwarten. Während des Krieges wurden im feind lichen Ausland Reclamheste, Handelskammerberichte usw. ge fälscht. Eine Zusammenstellung wäre ein interessanter Beitrag zur politischen Propaganda. Auch auf dem Zeitschriftengebiet rührt es sich. Die Zeit schrift »Das Schaufenster» erscheint wieder. Sie kommt aber höchstens für ganz große Buchhandlungen als Material in Betracht. Im Verlag von P. Lauper, Bern, erscheint seit einigen Monaten die »R e k l a m e p r axi s». Schon der Titel deutet darauf hin, daß sie ganz auf die Praxis eingestellt ist. Die mir vorliegenden drei ersten Hefte lassen Gutes erwarten. Kupferberg entwickelt ein vollkommen durchgeführtes Beispiel der Einfüh rung eines Markenartikels. Erwähnenswert ist ferner: Kropff, Grundlegende amerikanische Erkenntnisse; Jung, Werbung durch den Film; Knak, Wie sieht das Publikum ein Plakat; Debes, Das Zeitereignis in der Reklame. Die meisten Artikel sind reich illustriert. Hält sie ihr Programm durch, so macht sie sicher ihren Weg. Zu der Zeitschrift »Reklame» bedeutet sie keine Konkur renz, sondern ein notwendiges Gegengewicht und eine Ergän zung. Es ist Raum für beide da, auch gibt es Aufgaben, die über die Kraft einer Zeitschrift gehen. Das Erbe des »Plakats» will anscheinend die »Ge brauchsgraphik« antreten. Auch hier liegen drei Hefte vor. Der Eindruck ist ganz vorzüglich. Nehmen wir das dritte Heft, welches Hohlwein gewidmet ist. Man mag sonst zu den vielen Hohlwein-Plakaten stehen, wie man will, hier zeigt sich der große Könner. Das Beste hat er aber doch geschaffen, als er noch nicht die große Mode war. Eine ganz ausgezeichnete Materialsammlung ist auch das erste Heft über die Reklame der Maschinenindustrie. Vor läufig überhaupt das beste. Der Textteil ist leider viel zu klein. Bedenken erregt, daß di« reklametreibenden Firmen selbst zu Wort kommen. Die Kritik des Außenstehenden dürfte doch nicht fehlen. Fassen wir das Ergebnis unseres Streifzuges zusammen. Überall macht sich das Bestreben geltend, die Reklame nicht als leider notwendiges Anhängsel eines Geschäfts zu betrachten, son dern sie organisch einzugliedern. Ferner versucht man überall Ordnung in das Chaos der Reklamemöglichkeiten und ihrer Ge staltung zu bringen. Sehen wir im Buchhandel zu, rechtzeitig den Anschluß an diese Bewegung zu gewinnen! Wilhelm Raabes Buchhändler-Lehrjahre. In dem vortrefflichen Buche von HeinrichSpiero: Raabe. Leben — Werk — Wirkung. (Geisteshelden Vd. 73.) Tarmstadt 1924, Ernst Hofmann L Co. Preis Gm. 5.—, Lwd. 6.50, ist auch die vier jährige Lehrzeit Wilhelm Naabes in der Creutzschen Buchhandlung in Magdeburg ebenso reizvoll wie psychologisch feinsinnig geschildert, sodaß wir gern von der uns freundlichst erteilten Erlaubnis der ge ehrten Verlagsbuchhandlung Gebrauch machen und die betreffenden Stellen abdrucken, damit die prächtige Darstellung weiteren Kreisen des Buchhandels bekannt werde und diese veranlasse, dem Buche das verdiente Interesse entgegenzubringen. (Nachdruck verboten.) Nach reiflicher Beratung mit dem Paten Justus Jeep entschied man sich bei der großen Lesefreude und Bücherlust des jungen Mannes für den buchhändlerischen Beruf, und Wilhelm Naabe verließ im Jahre 1849 Wolfenbüttel, um auf den Nat einer befreundeten han noverschen Verlegersamilie in Magdeburg den Buchhandel zu erlernen. Gleich nach Ostern traf er in der Hauptstadt der Provinz Sachsen ein und bezog die Stube im zweiten Stock des »Hauses zum Goldenen Weinfaß, die ihm als Lehrling der im Erdgeschoß des Gebäudes belegcnen Creutzschen Buchhandlung zustand. Ter Inhaber des Ge schäfts, Karl Gottfried Kretschmann, behandelte den Achtzehnjährigen ganz als zur Familie gehörig. So nahm Raabe auch an dem reichen musikalischen Leben des Hauses teil, fand jedoch hier so wenig wie daheim den Weg zur Musik; sie offenbarte sich ihm nach eigenem Geständnis erst viel später durch Beethovens Fidelio. Weit wichtiger war die unermeßbare Gelegenheit zum Lesen. Raabe hatte ja die schöne Bücherei von Vater und Großvater früh nach seines Herzens Gefallen nutzen können; dazu mar reichliches Schmö kern in den Bänden einer Wolfenbütteler Leihbibliothek gekommen; die Mutter war für ihre kargen Mußestunden abonniert, und der Sohn las ungehindert mit. Den ersten Teil des Faust konnte der Sekundaner Zeile für Zeile auswendig, oder, wie die französische Sprache hübscher sagt, pur coeur. Im übrigen mar ihm aber damals Goethe noch unbekannt, Schiller wohlvertraut. An Jean Paul, von dem der Vater nur? Doktor Katzenbergers Badereise besaß, hat er sich vergeblich die Zähne ausgebrochen, aber schon der Dreizehnjährige las mit fiebernden Wangen die Geheimnisse von Paris und den Ewigen Juden von Eugen Sue und Alexander Dumas' Grafen von Monte Christo. Dies Werk und Die drei Musketiere desselben französischen Erzählers machten einen unv^rlöschlichen Eindruck auf ihn und wurden immer wieder vorgenommen. »Und wenn sich alle Schulmeister der Welt auf den Kopf stellen, oder vielmehr fest hinsetzen aufs Ka theder: sie erobern die Welt zwischen dem sechzehnten und zwanzigsten Lebensjahr doch nicht durch moralisch, ästhetisch und politisch ge reinigte Anthologien« — so hat er nach fünfzig Jahren im Hinblick auf seine fessellose Jugendleselust geschrieben. In Magdeburg geriet er dann über Honorö de Balzac und blicb ihm jahrelang, von der Wucht der Darstellung gefangen, treu. Den gallischen Tragikern vermochte er niemals bis zum Schluß eines ihrer Dramen zu folgen. Um so williger gab er sich den großen englischen Erzählern des neunzehnten Jahrhunderts hin; zunächst Walter Scott, in den er sich romantisch einspann, dann aber William Makepeacc Thackeray. Der Realismus dieses Meisters der Gesell schaftsschilderung, sein manchmal scherzend spielender, manchmal wieder ätzender Humor ließen den jungen Leser nicht wieder los. Es war ihm keine Mühe, sich durch die vielen Bände des Pendennis durchzu- wühlcn, der ihm unter allen Werken Thackerays das liebste ward; es war das einzige Buch, das er sich in Magdeburg kaufte, uud er lernte Englisch, um es auch in der Ursprache zu genießen. Auch Dickens, den in Deutschland bei weitem Beliebteren, scheint er schon damals gelesen zu haben; zum mindesten die Weihnachtsgeschichten, wahrscheinlich aber auch Martin Chuzzlewit und Nicolas Nickleby hat er wohl den Regalen der Creutzschen Handlung entnommen. Er machte sich nun diese Engländer und ihren älteren Landsmann Oliver Goldsmith in der Ursprache zu eigen, auch Milton und Washington Irving haben ihn beschäftigt. So sauer ihm auf der Schule bei der Unregelmäßigkeit seines Aufstiegs das Lateinische oft geworden war, er nahm doch den Seneca gewissenhaft im Grundtext vor und las sich in Spinozas lateinische Weltanschauungswerke hinein. Sein tägliches Brot aber in Magdeburg war ja die deutsche Litera tur, deren Vertrieb freilich unter der Herrschaft der wieder ein gerückten Reaktion mit Vorsicht gehandhabt werden mußte. Die Zensur, und als ihr Organ die Polizei, waren häufige Gäste vor dem Ladentisch, auf dem dann massenhaft unbeträchtliche Harmlosigkeiten
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