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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1884
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- 27.10.1884
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- Deutsch
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>012 Nichtamtlicher Theil. uns größere Sicherheit in Bezug auf ihre Drucker entgegen. > Die erste Wormser Druckerei, von der wir bestimmte Nachrichten haben, ist die von Peter Schösser II. aus Mainz. Derselbe war der zweite Sohn des Miterfinders der Bnchdruckerknnst, Peter Schösser, der zwischen dem 21. Deccmber 1502 und 29. Mürz 1503 in Mainz gestorben war (der Todestag ist heute nicht mehr festzustellen). Während nun der ältere Sohn Johann Schösser das väterliche Geschäft in Mainz übernahm und bis zum Jahre 1531 in rühmlicher Art fortführtc, soll Peter Schösser II., wie Lorck in seiner „Geschichte der Buch druckerkunst" berichtet, von 1513 — 20 in Mainz nur vier kleinere Schriften gedruckt haben und 1518 oder vielmehr 1528 nach Worms übergesiedelt und von dort schon im folgenden Jahre nach Straßburg gezogen sein. (Er muß hiernach ein un ruhiger Gesell gewesen sein, denn er ging später von Straßburg nach Venedig, während sein Sohn Ivo bei dem Oheim Johann in Mainz blieb.) Diesen Angaben widerspricht indessen die Dar stellung unseres Gewährsmannes Weckerlin, nach ihm soll Peter Schösser II. sich längere Zeit in Worms ansässig gemacht haben. Er behauptet, daß Schösser schon im Jahre 1512 sein „zum Korb" genanntes Haus verkauft habe und nach Worms gezogen sei, um dort eine eigene Druckerei zu errichten. Er soll derselben bis zu Anfang der dreißiger Jahre jenes Jahrhunderts vor gestanden haben, dann aber nach Straßburg, hierauf nach Basel und zuletzt nach Venedig gegangen sein, wo er noch im Jahre 154 l druckte. Hiernach hat Peter Schösser mindestens 18 Jahre lang sein Geschäft in Worms betrieben und vielleicht dort mehr Bücher gedruckt, als heute überhaupt von ihm bekannt sind. Jedenfalls sind die wenigen Drucke, die sich von ihm erhalten haben, außerordentlich selten geworden. In der Ausstellung befindet sich das erste von Peter Schösser in Worms gedruckte Buch. Es stammt aus dem Jahre 1512 und trägt den Titel: „Die Mörin. Ein schön kurtzweilig lesen, welches durch weiland Hr. Herman von Sachsenheim Ritter (Eins obentürlichen handelshalb, so im in seiner Jugend begegnet) lieplich gedicht und hernach die Mörin genempt ist, Allen denen so sich der Ritterschaft gebruchen, auch zarter Frawlin Diener fern sein wölten, nit allein zu lesen kurtzweilig, sondern auch zu ge- trewer Warnung erschießlich." Das Gedicht war bis dahin nur handschriftlich überliefert worden und erschien nun zum ersten Male nicht nur gedruckt, sondern auch mit 19 Holzschnitten ge ziert. Dasselbe muß sich seiner Zeit einer besonderen Beliebt heit erfreut haben, denn eine der wichtigsten Handschriften, in denen das Gedicht weiterverbreitet wurde, befand sich um das Jahr 1503 in der Bibliothek des Wormser Bischofs Johann von Dalberg, sie ist später nach London gekommen. Dieses Gedicht wird im sechszehnten Jahrhundert oft erwähnt und ist erst vor mehreren Jahren wieder durch einen Neudruck (ver anstaltet von Ernst Martin) allgemein zugänglich gemacht worden. Ueber den Verfasser wird Folgendes bekannt gegeben. Hermann von Sachsenheim war ein Ritter im Dienste des Grafen von Wirtemberg; im Jahre 1365 geboren trat er je doch erst in hohem Alter als Dichter auf. Sein bedeutendstes Werk ist eben „die Mörin", das er 1453, also 88 Jahre alt, gedichtet haben soll, und zwar für die Pfalzgräfin Mechthild, die in erster Ehe mit dem Grafen Ludwig von Wirtem- berg, der 1450 starb, in zweiter Ehe mit dem Erzherzog Albrecht VI. von Oesterreich (gest. 1463) vermählt war. Ihr Bruder war Friedrich der Siegreiche von der Pfalz, auch der „böse Fritz" genannt, der Sieger von Seckenheim. Hermann von Sachsenheim starb 93 Jahre alt am 29. Mai 1458 und wurde in der Stiftskirche zu Stuttgart beigesetzt. Der in der „Mörin" behandelte Gegenstand ist in Kürze folgender: 251, 27. October. Als der Dichter einst von seinem Schloß in des Maien Lust spazieren ritt, wurde er von einem alten Ritter und einem Zwerg gefangen genommen, durch Zauber gefesselt nud in einem Behälter über das Meer in ein fernes Land gebracht. Dort endlich befreit, wurde er von der Herrschaft jenes Landes un freundlich empfangen, in den Block geschlagen und hierauf rück wärts auf einen alten Esel gesetzt, unter großem Gespött vor die Frau Venus, die Königin des ganzen Landesgebietes, ge bracht. Diese Herrscherin läßt nun den Ritter vor ihrem Ge mahl, dem König Darrhäuser, wegen Unbeständigkeit in der Minne anklagen, worauf iu aller Form über den Ritter ein ordentliches Gericht abgehalten wird. Frau Venus ist dabei durch ihre Für sprecherin, eine Mohrin, vertreten und der Ritter hat in einem treuen Berather Eckhart seinen Beistand. Das Ergebniß ist die Freisprechung des Ritters, worauf ein großes „Gestech" (Turnier) abgehalten wird; hierbei erhält der Leser zugleich eine Be schreibung der Wohnung der Königin Venus, auch wird allerlei Kurzweil durch Hofnarren, Hexen, Unholde vorgeführt. Am Schluß wird der Ritter wieder in seine Heimath zurückversetzt und dort bittet er vor dem Bilde der Mutter Gottes um Ver gebung von seinen Sünden. Das ganze Gedicht ist reich an Anspielungen auf die Heldensagen, auch enthält cs Züge der Sittengeschichte seiner Zeit, so daß es auch heute Interesse er wecken muß, zumal da durch Richard Wagner's Oper der Sinn für die deutsche Dichtung des Mittelalters neu gestärkt und verbreitet worden ist. Was den Zeitgenossen die Schöpfung der „Mörin" besonders interessant machte, war namentlich die lehr reiche Art des Gedichtes, denn „so vil der wort seind, so vil ist auch der verborgen heimlichen sinn und begriff". Diese Dich tung Hermann's von Sachsenheim muß hiernach in der epischen Volkspoesie ihrer Zeit von keineswegs geringer Bedeutung ge wesen sein, sodaß der Wiegendruck derselben in dem Paulus- Museum ein wichtiges culturgeschichtliches Zeugniß bildet. Eins der auf die „Mörin" folgenden Druckwerke der Peter Schöffer'schen Officin war ein Gebetbuch aus dem Jahre 1513, unter dem Titel: bortmlus aniwas, Gärtchen der Seele, ein illustrirtes Andachtsbuch mit Titelbild uud 72 colorirten Holz schnitten im Text. Auch dieses Merkchen ist sehr selten geworden. Zwei Jahre später erschien in Worms zwar ohne Angabe des Druckorts und des Druckers, jedoch wahrscheinlich in der Schöffer'schen Druckerei, eine Verteidigungsschrift des Raths der Stadt gegen den Ritter Franz von Sickingen. Dieser streit bare Feldhauptmann führte bekanntlich während seines Lebens zahlreiche Privatfehden, unbekümmert uni Reichsacht und Reichs kammergericht und gerieth noch acht Jahre vor seinem Tode mit der Stadt Worms in Streit. Die Schrift trägt den Titel: „Der Statt Wormbs Warhafftig bericht: der arglistigenn boss- hastigen geschwinden Emborungen vnd Auffleuffe, Auch der vnrechtlichen vehden, so Frantz der sich nennet von Sickingen vnd was sich darunder begeben hat." Der Wormser Alterthums verein war so glücklich ein Exemplar dieser seltenen Druckschrift zu erlangen. Im Jahre 1521 erschien der Wormser Landfrieden im Druck; er brachte eine bemerkenswerthe Titeleinfassung aus der Feder des Künstlers Anton von Worms, welche besondere Erwähnung verdient. Diese Einfassung zeigt in der Höhe einen Wald, zur Linken zwei Reiter, auf der rechten Seite Soldaten zu Fuß; die Seitenleiste führt links wiederum zwei Reiter mit einem Herold an ihrer Spitze vor, der in die Trom pete stößt, unten ist ein Dorf mit Bauern abgebildet, die zum Markt gehen. (Fortsetzung folgt.)
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