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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.11.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-11-04
- Erscheinungsdatum
- 04.11.1924
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- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X 259, 4. November 1924. GebUfen» ünb vehrNnarstellen. Offener Brief über das Thema „Wirksame Werbung". Für Kritiker: Wer diesen Artikel verstanden hat, ist auch damit einverstanden. Der Zweck dieses Artikels ist — um es gleich vorweg zu sagen Stellen, bei denen ich Interesse für meine Gedanken voraus- sehen darf, besondere Briefe schreiben. Die Form des Börsen blattartikels wähle ich. weil ich auf diese Weise sicher sein kann alle oder doch die meisten interessierten Stellen zu erreichen, und weil ich — abgesehen von dem erwähnten Zweck — sicher manch einem beherzigenswerte Anregungen zu bieten habe. Man wird es nicht als geschäftliche Unklugheit bezeichnen dürfen wenn ich meine Weisheit hier so offen zu aller Kenntnis bringe, anstatt sie als tiefes Geheimnis sorgsam im Busen zu hüten und erst dem gegenüber damit herauszurücken, der bereit ist, dafür ein mehr als nur anständiges Honorar zu zahlen. Die Gedanken, die ich erörtern werde, beanspruche ich nicht als mein geistiges Eigen tum. Neu an ihnen ist höchstens die praktische Nutzanwendung. Aber geheim sind sie nicht, und wären sie es, so läge mir am meisten daran, das; sie bald offenkundig würden. Hinsichtlich ihrer profitablen Ausnutzung bliebe übrigens jedenfalls ein be achtenswerter Faktor zu meinen Gunsten bestehen: vom Lesen, Nach-Denken Verstehen und Beherzigen zum Umsetzen in die Tat und — darüber hinaus — zum Wichtigsten: zum Auslösen des erwünschten Erfolges führt der Weg durch seelische Bezirke, in denen gar subtile Kräfte walten, den meisten kaum bewuht, und auf diesen Gebieten — aber das gehört nicht mehr in die Einleitung, kurz, allzu viele Konkurrenten habe ich wohl nicht zu fürchten. Und nun zur Sache. Auf einem erponierten Posten des deutschen Buchhandels, aus dem persönliche Initiative alles, Alltagsroutine gar nichts Wirksamkeit durch das Gebiet einer Stadt von 150000 Ein wohnern örtlich eng umgrenzt, in diesen Grenzen aber immerhin als poiitives Kulturelement ziemlich weite Kreise umgreifend, beruflich von täglicher Kleinarbeit nicht eben überlastet, vielmehr in der Hauptsache prüfend und organisierend, habe ich Muhe genug Werbewesens emsig, teilnehmend und, wie ich glaube fruchtbar zu verfolgen. Der Buchhandel hat auf dem Felde der Propa ganda in letzter Zeit viel gearbeitet und — unstreitig — viel ge leistet. Und dennoch werden aller buchhändlerischen Werbe tätigkeit wahre Durchschlagskraft und lohnender klingender Er folg nicht beschieden sein, bevor sie sich aus die tragfeste Grund lage tieferer psychologischer Einsichten stellt. Warum müssen wir Buchhändler Propaganda treiben? Offenbar, weil zu wenig Bücher gekauft werden. Warum aber werden zu wenig Bücher gekauft? Nur. weil die „Leute" kein Geld dafür übrig haben? Nein die sattsam bekannte allgemeine Geldknappheit kann nicht der einzig mahgebende Grund sein, denn jeder kann beobachten — und ich beobachte es alle Tage — dah andere Waren, die durchaus nicht lebensnotwendiger, oer hältnismähig auch nicht billiger, oft genug sogar erheblich teurer sind als Bücher einen schwungvollen Absatz erzielen. Jeden falls icheitert der einmal be ibsichtigte Kauf irgendeines Ar tikels äuherst selten an dem dafür geforderten Preise: bei Büchern aber ist dies eine alltägliche Erscheinung Warum? Der Kauflustige wird zum Käufer, wenn der Kauf wunsch in ihm sich zum Kaufe nt schluh steigert. Der Kauf wunsch wird ausgelöst una genährt einerseits durch Wert schätzung des Materials und der Arbeit, die bei der Herstellung des dargebotenen Artikels Verwendung gefunden aben sowie durch ein geistiges Interesse an dem Artikel andererseits. Wenn es diesen beiden Komponenten des Kaufwunsches gelingt ge nügend innere Energien an sich zu reihen um die jeder: Kauf entgegenstehenden ökonomischen Hemmungen zu überwinden, so kommt der Kaufentschluh zustande. Unter dem „geistigen Interesse" wollen wir hier alle seine Erscheinun'sformen, wie Neugierde. Sensationslust, Spannungshunger Eroti. Wissens drang, Bildungssehnsucht, metaphysisches Bedürfnis usw., zu sammenfassen. welche einzeln oder kombiniert austreten können. Je unmittelbarer nun eine Ware dem Trieb nach Erhaltung des Körpers und seines Wohlbefindens dient, deüo lebensnotwcndi- gererscheint sie dem primitiven, „materiell" geri htetenMenschen, und oeüo bedeutungsloser ist hier der Faktor „geistiges Inter- esse" beim Zustandekommen des Kaufentschlusses. Dieser Faktor gewinnt um so mehr entscheidenden Einflu r aus den Kaufent schluh, je mehr sich die Eigenart der Ware von der materiellen zur ideellen Richtung hin verschiebt. Ich bin m.r durchaus bewuht. dielen subtilen Vorgang, der sich nur unter Zuhilfenahme aller Mittel einer überlegenen Sprachgewandtheit in wissenschaftlicher Breite erschöpfend und überzeugend darstellen liehe, hier nur in rohen Zügen skizziert und alle — sehr wohl möglichen, aber keineswegs unwiderleg lichen — Einwendungen nicht beachtet zu haben. Ein ausführ liches Eingehen auf diesen Gegenstand würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen und vielleicht das Interesse des Leser» vom Hauptthema abziehen. Jedenfalls gibt meine Darstellung den Sachverhalt im grohen und ganzen richtig wieder und hat auherdem den Vorzug einer so leichten Vorstellbarkeit, dah man geradezu an ein graphisches Schema denken könnte, an dessen äuhersten Enden einerseits — auf der „materiellen" Seite — die Lebensmittel, andererseits — auf der ideellen Seite — die Bücher und Kunstwerke ständen. Wir wissen es alle, dah der Kaufwunschfaktor „geistiges Inter esse" selbst bei einem ideell gerichteten, gebildeten Menschen nur allzuoft nicht imstande ist, so viele innere Energien aufzu bringen, wie erforderlich sind, um den „ökonomischen Hemmun gen" die zum Kauf eines.Buches nötige Anzahl R ntenmark ab zuringen. Das ist em Betreffenden selbst in seines Wesens innerster Tiefe irgendwie peinlich, er fühlt >ich gewissermahen irgendwie blamiert oder so, weig selbst eigentlich nicht recht warum, denkt auch weiter nicht darüber nach sondern strebt lediglich danach, sich aus der Situation zu befreien, sagt irgend etwas von „noch einmal überlegen" oder eine Wendung ähn lichen Kalibers und — geht. Geldmangel allein — noch einmal — ist nicht der Grund. Denn derselbe Mensch bezahlt vielleicht gleich darauf denselben Betrag für einen Theaterplatz. (Und: wenn er eines Abends unvermutet den bescheidenen Filzener Juch zu I,75Mark. von dem er sich von Zeit zu Zeit eine Flasche leistet. auf der Weinkarte gestrichen findet, so wird er sicherlich, wenn auch schweren Herzens die nächste Sorte — zu3Mar — bestellen, und sich lieber dafür zwei Tage lang mit ein paar Schinkenbrötchen zum Mittagessen begnügen: Mineralwasser bestellen oder Weggehen aber ist ihm — sei es auch nur des Kellners wegen — peinlich, und — die „ökonomischen Hem mungen" chweigen Er wertet also — mutatis mutanckiä — den Wein höher als das Buch. Vom Besuch des Theaters verspricht er sich einen höheren oder intensiveren Genu; als vom Lesen und vom dauernden Besitz des Buches. Und in der Tat: der gute Schauspieler zwingt uns durch die vollendete Beherrschung seiner Ausdrucksmittel in einen Zauberbann, lägt uns Stimmungen und Erschütterungen erleben — Rauschen aus seelischen Tiefen, die tauin jemals uns ein Buch erschlicht. Bitte wend n!
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