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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.05.1884
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- 1884-05-05
- Erscheinungsdatum
- 05.05.1884
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- Deutsch
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104, 5. Mai. Nichtamtlicher Theil. 2063 Nichtamtlicher Theil Adolph Ulm, gest. 22. April 1884. Rasch hintereinander hat in den letzten Wochen der Tod drei Männer dem Buchhandel entrissen, die — sämmtlich Süddeutsche von Geburt — in ihrem grundverschiedenen Entwickelungsgange im besten Sinne des Wortes als Repräsentanten deutschen Fleißes, deutscher Intelligenz und deutscher Energie angesehen werden können: Nicolaus Trübner in London, dessen weltumfassender Geist die Literaturerzeugnisse aller Völker zu vereinigen strebte, — Frie drich Leypoldt in New-Dork, der seine Lebensaufgabe darin sah, seinem neuen Heimathlande nutzbare und vollständige Biblio graphien zu schaffen, — Adolph Ulm, den würdigen Vertreter des wissenschaftlichen Antiquariats. Die Verdienste der Erstgenann ten sind und werden noch von berufener Hand gewürdigt werden; möge es hier einem Schüler des Letzteren gestattet sein, mit kurzen Worten auch sein Andenken zu ehren. Adolph Ulm wurde im Jahre 1824 zu Weilburg in Nassau geboren. Nach genossener Gymnasialbildung widmete er sich dem Studium der Philologie, mußte dasselbe aber eines körperlichen Leidens wegen aufgeben und trat 1847 in die Buchhandlung von I. D. S auerländer in Frankfurt a/M. Die zwei Jahre, die er in dieser Stellung zubrachte, gehörten zu den anregendsten seines Lebens. Bei seiner ideal angelegten Natur mußten die politischen Vorgänge, die sich damals in Frankfurt abspielten, den lebhaftesten Eindruck auf ihn machen — einen Eindruck, dem er selbst dauern den Einfluß auf seine späteren politischen und socialen An schauungen zuschrieb. Sein einsichtsvoller Chef erkannte jedoch bald, daß für den wissenschaftlich gebildeten jungen Mann in seinem eigenen, vornehmlich die Romanliteratur pflegenden Verlagsgeschäst nicht der rechte Wirkungskreis zu finden sei, und veranlaßte ihn, im Jahre 1849 nach Leipzig zu gehen, wohin er ihm warme Empfeh lungen an seinen Kommissionär K. F. Koehler mitgab. Dieser hatte damals gerade in Verbindung mit Armbruster den Grund zu einem Antiquariat gelegt, welches bald ganz für eigene Rechnung zu übernehmen er sich genöthigt sah; da er sich jedoch persönlich demselben nicht widmen konnte, so glaubte er mit richtigem Blick in Ulm den geeigneten Mann hierfür gefunden zu haben. Nicht ohne schwere Bedenken ging dieser auf den Plan seines Chefs ein, denn er sagte sich, daß ihm so gut wie alle Vor kenntnisse hierzu abgingen. Wohl war er mit den klassischen und humanistischen Studien vertraut und besaß in seiner allgemeinen Bildung die Grundlage für eine richtige Erkenntniß und Beurthei- lung der Literaturerzeugnisse auch anderer Gebiete; dagegen sah er sich in allen praktischen Fragen ganz und gar auf sich selbst an gewiesen, ohne die Möglichkeit zu haben, sich irgendwo Raths zu holen, wie die Sache anzufassen sei. Jedoch er wagte es, und der Erfolg, den er errang, bewahrheitete auf's Neue die alte Erfahrung, daß ernster Wille und unermüdliche Arbeitsamkeit auch der schwie rigsten Verhältnisse Meister zu werden im Stande sind. Seine scharfe Beobachtungsgabe fand bald, in welcher Rich tung eine gedeihliche Entwickelung des jungen Geschäfts zu finden sein würde; er bemerkte, daß der wissenschaftlichen Literatur iu den bestehenden Antiquariatsgeschäften nicht die Beachtung zutheil wurde, wie sie im Interesse der Gelehrtenwelt lag. Hierher verlegte er also den Schwerpunkt seiner geschäftlichen Thätigkeit, und daß er das Richtige getroffen, zeigte der Erfolg schon nach wenigen Jahren. Viele Nachfolger hat er in dieser von ihm zuerst cingeschlagenen Richtung gefunden, und das deutsche „wissen schaftliche Antiquariat" steht jetzt auf einer Höhe der Leistungs fähigkeit, wie sie der Buchhandel keiner anderen Nation aufzuweisen vermag. Ulm gebührt das Verdienst, dies zuerst erkannt und praktisch verwerthet zu haben. Die fernere Lebensgeschichte Ulm's fällt zusammen mit der Geschichte der Firma K. F. Koehler's Antiquarium; sie ist nieder gelegt in den 399 Katalogen, die bis heute erschienen sind und von denen kein Bogen ohne Ulm's Correctur passirt zu haben, zum Druck kam; sie ist ferner nicdergelegt in einer Reihe schriftlicher Auf zeichnungen, die im Laufe der Jahre entstanden, und die für spätere Zeiten von hohem Interesse sein dürften, denn es war dem Ver storbenen ein Bcdürfniß, Alles schriftlich zu fixeren, was ihn — freudig oder schmerzlich — im Geiste bewegte. Diese Auf zeichnungen und Erinnerungen zu einer kritischen Geschichte der Entwickelung des deutschen Antiquariatsgeschäftes zu verwerthen und zu veröffentlichen — dazu war er leider nicht zu bewegen. Bis zum Tode seines Chefs im Jahre 1872 leitete er — seit 1859 als Prokurist — das Geschäft, und ein auf gegenseitiger Hochachtung beruhendes Freundschaftsverhältniß, wie es selten iu solcher Ungetrübtheit vorkommt, verband beide Männer. Diesem schönen Verhältniß gegenüber ließ Ulm sein persönliches Interesse in den Hintergrund treten; die ihm von einem reichen Bücherlieb haber entgegengetragene Gelegenheit, sich in dem selbst errungenen Berufskreise selbständig zu machen, lehnte er — pietätvoll gegen seinen verehrten Chef — ab. Seit 1873 war er Theilhaber der Firma. In das öffentliche Leben ist Ulm, abgesehen von einer zwei jährigen Thätigkeit im Ausschuß für die Bibliothek des Börsen vereins, an deren Reorganisation er den regsten Antheil nahm, nie getreten; seine Thätigkeit gehörte ganz und ausschließlich dem Geschäfte, und hier entwickelte er eine staunenswerthe Arbeits fähigkeit. Die Arbeit war ihm ein Bedürfniß, und wie er selbst die höchsten Anforderungen in derselben an sich stellte, war er nicht geneigt, von Anderen weniger zu verlangen. Sich selbst in Wort und Schrift zu logischer Ausdrucksweise seiner Gedanken zwingend und von einem — wie treffend an seinem Sarge gesagt wurde — „grimmigen Pflichtgefühl" durchdrungen, empfand er unlogisches und leichtfertiges Arbeiten, auch in Fällen, wo er persönlich gar nicht davon berührt wurde, als eine Kränkung und gab nicht selten seinem Unmuth darüber rückhaltlosen Ausdruck. Die letzten Lebensjahre gestalteten sich für ihn zu einem zum Theil selbstgeschaffenen Martyrium. Ein schweres körperliches Leiden, welches ihm fast jeden natürlichen Schlaf raubte, verbunden mit häuslichen Sorgen, rief jene Verbitterung in ihm hervor, die ihren Ansdruck in einer systematischen Absperrung gegen jede Freude am Leben fand; selbst die Arbeit gewährte ihm in letzter Zeit nicht mehr die Befriedigung, die er in ihr zu finden gewohnt war. So war ihm denn der Tod ein willkommener Freund — als ein Bringer jener Klarheit und Erkenntniß der Wahrheit, nach welcher er im Leben ohne Aufhören gestrebt hatte. 0. L. Buchhändlerischc Reformen. Dem Herkommen gemäß und um die Leser nicht stutzig zu machen, gebe ich der Schleuderei die alleinige Schuld am gegen wärtigen, in der That unbehaglichen und unhaltbaren Zustand unseres Buchhandels, obschon sie nur eine Krankheitserscheinung ist, die nicht in ihren Aeußerungen angefaßt werden darf, sondern an ihrer Wurzel. Beginnen wir als gründliche Deutsche mit der Definition: Was ist Schleuderei? Hier sollte ich nun, wenn ich einen unsere modernen Bücher kritiker zufriedenstellenden Aufsatz schreiben wollte, zunächst die Literatur anführen, d. h. alle, auch noch so krummen und schiefen 293"
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