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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.06.1918
- Strukturtyp
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- 1918-06-08
- Erscheinungsdatum
- 08.06.1918
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- Deutsch
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Redaktionell» keil 131, 8. Juni 1918. die Möglichkeit, sich rasch über bestimmte geistige Gebiete durch eigene Anschauung zu unterrichten. Sie vermittelt die so not wendige Warenkenntnis. Es ist eine alte Erfahrung, daß viele Verleger zu Ansang ihrer Laufbahn vermeinen, eine Lücke in der Literatur auszufüllen, die sich später nur als eine Lücke ihrer Anschauung von der Literatur herausstellt. Es zeigt sich dann, daß das betreffende Werk, das von dem Verleger als schreibens wert empfunden wurde, in der Tat bereits ähnlich vorhanden war, ohne daß der Verleger davon wußte. Andererseits wird ein Verleger, der in der Lage ist, sich über ein bestimmtes Gebiet durch Prüfung der Original-Werke zu unterrichten, in bezug aus Annahme von Angeboten viel vorsichtiger sein, als einer, dem diese Kenntnis mangelt. Indem er sich genau über den Bestand unterrichtet, wird er auch eine Übersicht des Wertvollen und weniger Bedeutenden erlangen und daher viel leichter imstande sein, Fehlgriffe zu vermeiden. Er wird also eine Menge Lehr geld sparen und infolge der eingehenden Prüfung erfolgreicher tätig sein können, als ein anderer, dem diese genaue Kenntnis und Übersicht mangelt. Viele Verleger nun haben die Gewohn heit, sich aus Sachverständige zu verlassen; wenn es wissenschaft liche Verleger sind, werden sie eine Reihe von Gelehrten über das, was auf dem Gebiete ihrer Wissenschaft erschienen ist oder erscheinen sollte, befragen. Andere Verleger schöngeistiger Rich tung Hallen sich literarische Berater, sogenannte Lektoren, die auf die Qualität der zutage tretenden poetischen Literatur ein Augenmerk haben. Diese Sachverständigen-Urteile haben aber nur einen bedingten Wert und bedürfen, da sie fast immer sub jektiv gefärbt sind, der Nachprüfung. Diese Nachprüfung kann nun an der Hand der Bestände der Deutschen Bücherei sowohl auf wissenschaftlichem als auf schöngeistigem Gebiete verhältnis mäßig leicht vorgenommen werden. Erfahrungsgemäß haben neue wissenschaftliche Gedanken durchaus nicht unmittelbar Aussicht, ausgenommen zu werden. Die Geschichte der verschiedenen Wissenschaften lehrt, daß viele Neuentdeckungen energisch bekämpft, unter Umständen sogar ge flissentlich ignoriert worden sind. Nicht anders geht es den neuaufstrebenden Talenten auf dem Gebiete der Dichtung. Die Literaturgeschichte erzählt sehr häufig, wie schwer es dem auf strebenden jungen Dichter geworden ist, zur Anerkennung zu gelangen, und wie außerordentlich schwer es war, von vornherein zu entscheiden, ob eine nachhaltige Wirkung von einer bestimm ten Schöpfung ausgchen wird, oder ob nur eine vorübergehend rasch aufleuchtende Erscheinung vorliegt. Bei der Beurteilung der Buchware spielen daher, ganz an ders als bei anderen Waren, unwägbare Dinge, sogenannte Im ponderabilien, eine wichtige Rolle. Diese werden meistens mit den Nerven empfunden und sind nicht von einer Person auf die andere übertragbar. Für den angehenden Verleger ist aber diese Einfühlung von Geist zu Geist von höchster Wichtigkeit. Das Aroma, das den Geistesblüten entströmt, ist ein wichtiger Füh rer für den, der mit guter Witterung begabt ist. Bedenkt man nun, daß sehr viele Verleger, und darunter die allerbedeutendsten, eine Unmenge Fchlschläge zu verzeichne» haben, weil sie in der Beurteilung der Gangbarkeit der Werke sich geirrt haben, so wird eine Einrichtung wie die Deutsche Bü cherei, die an der Hand kundiger Führer ihm eine direkte An schauung bestimmter Wissensgebiete vermittelt, ihn besser in den Stand setzen, solche Fehlgriffe zu vermeiden. Der angehende Verleger sollte daher sein Studium, das er vielleicht in einer Sortimentsbuchhandlung begonnen und an anderen Stellen fortgesetzt hat, durch einen Studienaufenthalt an der Deutschen Bücherei vollenden, weil nur hier die Vollständigkeit zu finden sein wird, die ihm auch das reichhaltigste und größte Sorti mentsgeschäft nicht vermitteln kann. Vollends dann, wenn er diese Grundlage der Anschauung in Sortimentsbuchhandlun gen nicht erlangt hat, sondern sich darauf beschränkte, in Ver lagsbuchhandlungen seine Kenntnisse zu gewinnen, hätte er doppelt nötig, auf dem Gebiete, das er später zu pflegen gedenkt, sich durch eingehende Prüfung des Vorhandenen und durch selbst- angestelltc Vergleiche in der Deutschen Bücherei zu unterrichten. Es kommt hinzu, daß dieser unmittelbare Verkehr mit der geistigen Ware früher oder später »achwirkt, daß er Anregungen 322 birgt, die eines Tages zum Keimen gelangen können. Sie wer den nicht selten durch gelegentliche Gespräche mit Gelehrten aus gelöst. Aus allen diesen Gründen ist die Deutsche Bücherei für den nachwachseudcn Verlagsbuchhandel von der größten Bedeutung. Sie ist eine Art Studienanstalt, ja man kann sagen, eine prak tische Hochschule, die jede buchhändlerische Kenntnis vorteilhaft abzurunden imstande ist. Aber auch für den Sortiments- oder Kleinhändler, der direkt an das Publikum verkauft, wird die Deutsche Bücherei als eine Einrichtung des Buchhandels von hohem Werte sein. Es gibt sehr viele Fälle, wo die buchhändlerischen Kataloge ver sagen, wo verschiedene Auskünfte, die ein Kunde zu haben wünscht, nicht aus den Katalogen zu schöpfen sind. Dann wird eine Anfrage bei der Deutschen Bücherei sehr rasch zum Ziel führen. Sehr viele Kunden, und besonders Gelehrte, schätzen es außerordentlich, wenn der Buchhändler in der Lage ist, Nach weise zu geben. Derartige Wünsche werden besonders häufig in wissenschaftlichen Sortimentsbuchhandlungen laut. Der be treffende Geschäftsinhaber wird seinen Kunden doppelt fest an sich fesseln, wenn er in Fällen, wo eine Auskunft erwünscht ist, sich rasch durch eine Anfrage bei der Direktion der Deutschen Bücherei über das Gewünschte unterrichtet. Es leuchtet aber auch ohne weiteres ein, daß ein längerer Aufenthalt daselbst für jeden angehenden Sortimentsbuchhändler von großem Werte ist, da hier der unablässig flutende Bü cherstrom sozusagen zum Stillstand gebracht worden ist und jede Einzelerscheinung ohne weiteres ins Auge gefaßt werden kann. Der Unterricht an der Leipziger Buchhändler-Lehranstalt, der nur das Kaufmännische und das Gewand des Buches sowie den Gang des Handels zum Gegenstand hat, würde durch einen längeren Aufenthalt an der Deutschen Bücherei in der vorteil haftesten Weise ergänzt. Eine einzige Tatsache wird dies ohne weiteres deutlich machen. Vor der Gründung der Deutschen Bücherei gab es keine hinreichende Übersicht über die in Deutsch land erscheinenden Zeitschriften. Man nahm an, daß etwa 12 000 periodische Publikationen in Deutschland alljährlich veröffent licht würden. Durch die Arbeit der Bibliothekare der Deutschen Bücherei ist inzwischen festgestellt worden, daß der Reichtum an Zeitschriften viel größer ist, als auch die erfahrensten Kenner des Büchermarktes annahmen, da sich herausgestellt hat, daß die Zahl der in Deutschland erscheinenden Zeitschriften sich auf etwa 2V 000 beläuft. Durch die sorgfältig geführten, wohl- geordneten Kataloge der Deutschen Bücherei ist es außerdem leicht, sich über das Lebenswerk eines Schriftstellers rasch und sehr genau zu unterrichten; ein Umstand, der sehr häufig von hohem Werte sein kann. Endlich aber ist auch für den deutschen Antiquar die Er richtung der Deutschen Bücherei von unschätzbarem Werte. Denn dieses Archiv des deutschen Schrifttums verzeichnet nicht nur die buchhändlerischen Handelsartikel, sondern es hebt auch sorg fältig alles auf, was außerhalb des Buchhandels in Buch« und Zeitschriftenform erscheint, unter Ausschließung der Tages zeitungen. Es werden hier insbesondere wissenschaftliche Dis sertationen, Privatdrucke, amtliche Drucksachen aller Art, Be richte von Aktiengesellschaften, kurz alles, was sonst im Strudel der Zeit dem Untergang anheimfallen würde, vor dem Ver schwinden bewahrt. Ja es werden sogar solche Schriften, deren Unterdrückung für die Allgemeinheit aus besonderen Gründen notwendig erscheint, für spätere Geschichtsschreiber, die Zeitcr- scheinungen charakterisieren wollen, ausbewahrt. Es werden also auch Bücher, die verboten oder vernichtet werden, hier vor dem völligen Verschwinden gerettet. Daß dies nicht ohne Be lang ist, geht aus folgenden Umständen hervor: Wer die Flug- schrifien-Literatur, die in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erschienen ist, kennen lernen will, wird in den deutschen Bibliotheken vergeblich danach fragen, da die dama ligen Hüter dieser Sammlungen sich scheuten, revolutionäre oder aufrührerische Schriften in ihre Bestände aufzunehmen. Daß diese Schriften samt und sonders der Aufbewahrung nicht wert gewesen seien, darf man nicht behaupten. Manchen von ihnen kommt sogar ein beträchtlicher Wert für die Beurteilung
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