Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.08.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-08-29
- Erscheinungsdatum
- 29.08.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19240829
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192408291
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19240829
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-08
- Tag1924-08-29
- Monat1924-08
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X- 203, 29. August 1924. Redaktioneller Teil. Börsenblau s- d. Dtschn. Buchhandel. 11299 Redaktioneller Teil (Nr. 136.) Dom Verlag in Frankreich. In der französischen Presse wurde letzthin auch die Lage der Verleger erörtert. Zu dieser Frage führte einer der großen Pariser Verleger folgendes in der Hauptsache aus, es war Albin Michel: »Man bedenke, daß ich, um nur auf meine Kosten zu kom men, bon einem neuen Roman mindestens fünftausend Exem plare verkaufen muß. Es ist dies übrigens meine kleinste Auf lage. Aber erst nach dem zehnten Tausend bringt der Roman wirklich etwas ein, dies um so mehr, als die von mir herausge brachten Werke oft eintausend Seiten haben und dennoch nur 6.75 Franken kosten. Das Publikum hat sich anfangs über die Erhöhung des Buchpreises von 3.50 aus 6.75 Franken beklagt. Diese Ver teuerung steht in gar keinem Verhältnis zu der Steigerung der Herstellungskosten. Die Rohstoffe — Papier, Druck, Binden - kosten heute das Fünffache der Friedenspreise. Man wird also begreifen, daß der Verlegerberuf ein wahres Glücksspiel ist. In ihm herrscht der Zufall vollkommen, und dies gefällt mir. Ein Buch, das alle Aussichten auf Erfolg zu haben scheint, geht überhaupt nicht, ein anderes, von dem man sich wenig verspricht, hat Erfolg. Innerhalb fünf Jahren habe ich mindestens 150 Bücher her- ausgcbracht, was mir einen Verlust von 5000 Franken je Buch im Durchschnitt cintrug. Um solches auszuhalten, muß man solid gestellt sein. Ich gebe einem neuen Verlag keine vier Jahre Existenz, wenn er mit nicht mehr als 2 000 000 Franken beginnt. Was mir erlaubt, dennoch in gleichem Tempo weilerzu schreiten? Ganz gewiß nicht meine Romane. Diejenigen mit den sehr hohen Auflagen machen die durch die anderen erlittenen Verluste nicht wett. Nein, die Grundlagen eines Ver lages wie des meinigen — und nur wenige wissen darum — sind Bücher wie ,Der Schlüssel für die Träume', oder ,Das Handbuch für den vollendeten Gärtner', oder Volksausgaben zu 25 Centimes. Der Verkauf dieser Werke ist beständig und sicher. Die Literatur ist eine Art von Luxus. Man liest heute in Frankreich mehr, dies ist nicht zu leugnen, und hierbei stellen die Frauen die weit überwiegende Mehrheit. Dafür sind uns gewaltige Absatzgebiete verloren gegangen, so etwa Rußland, das vor dem Kriege den zehnten Teil unserer Produktion absorbierte; auch die Balkanstaaten zählen nicht mehr wie früher. Und dann haben wir eine enorme literarische Überproduktion. Wir bringen zu viel heraus, ich selbst werde mit meinem Verlegen bremsen. Ich bekomme täglich vier Manuskripte, also mehr als 1200 im Jahr. Ich nehme nur eines oder zwei an. Meine Lektoren aber kosten mich 60 000 Franken >m Jahr. Das heißt also, daß ich für ein Werk, das bei mir neu herauskommt, schon Tausende von Franken ausgegeben habe, be vor es zum Setzer gebracht worden ist. Der Geschmack des Publikums? Das ist eine schwierige Sache. Er ist beweglich, er wechselt und er bringt immer neue Überraschungen. So allein z. B. hinsichtlich des Preises des Buches. Ein Buch zu 7.50 Franken verkauft sich viermal weniger gut als eines zu 6.75 Franken. Andrerseits habe ich mit meiner billigen Ausgabe zu 3.75 Franken vollkommenes Fiasko ge macht. Man sagt: .Dieses Buch kann nicht viel wert sein', und kauft es nicht. Ich werde diese billige Ausgabe eingehen lassen . . .» Der Inhaber eines anderen, sehr großen Verlages, Geor ges Crss, sagte unter anderem: »Ich habe nur zwei Ziele: mit Sorgfalt und mit Geschmack gute Bücher heranszugeben und mein Haus zu der Kreuzung aller Ideen zu machen. Meiner Meinung nach muß ein Verleger der intellektuelle Sekretär seiner Zeit sein. Deshalb veröffentliche ich verschiedene Serien, die den Studien unserer Zeit entsprechen, literarische und mora lische Dokumente; ich versuche es, die Generation von gestern mit derjenigen von heute zu verknüpfen, die ständige Verbindung zwischen ihnen ist mein Stieben. Sv habe ich, eine katholische, eine protestantische und eine jüdische Serie, und es ist sicher, daß die Anhänger des einen Glaubens auch die anderen Werke kaufen. Auch auf dem Gebiet der Kunst gehe ich konsequent und erfolgreich vor. Ich veröffentliche immer wieder Monographien und allgemeine Studien, Und man beachte, wie sehr das Pu blikum nach solchen Werken sucht. Man bedenke, baß die .Ge schichte der Kunst', von Elte Faure, die eigentlich eine weit aus holende Philosophie der Kunst ist und die 100 Franken kostet, jetzt schon eine Auflage von 20 000 hat; dies lehrt, daß man auch andere Werke herausbringen kann, als Romane, ohne einen Ver lust fürchten zu müssen. Romanmanuskripte gehen mir täglich vier bis fünf zu. Da ich jährlich nur etwa fünfzig herausgebe und schon 200 Verpflichtungen eingegangen bin, muß ich alles systematisch ab lehnen. Im übrigen glaube ich nicht, daß uns wirklich wertvolle Werke entgehen; man hat beim Prüfen der Manuskripte große Übung, es ist leicht, rasch deren Wert abzuschätzen. Die schauder hafte Überproduktion an Romanen, die wir heute haben, er innert mich an jene Überproduktion an Dichterwerken zu meiner Jugendzeit. Die jungen Leute von heute verstehen es sehr Wohl, zu komponieren, sinnfällig zu schildern und ebensogut eine Ge schichte zu schreiben, wie wir damals einen ehrenwerten Band Gedichte schrieben. Aber das Handwerk allein schafft noch keine Originalität, diese ist sehr selten». Zum Schluß wies Georges Cröz noch aus eine unlängst er schienene und jetzt sehr gut gehende Geschichte der zeitgenössischen französischen Literatur hin, wobei er sagte: »Seit zehn Jahren habe ich berühmte Schriftsteller darum ersucht, eine solche Lite raturgeschichte zu verfassen; nicht einer hat es gewagt«. Im übrigen bringen es manche Romane in Frankreich in wenigen Wochen auf Auflagen von weit über 100 000, in wenigen Monaten auf über 200 000. (So etwa »6» kriera«, von Alphonse de Chateaubriant.) Es sind dies vor allem jene Werke, die bon einer der zahlreichen »Akademien» preisgekrönt wurden. Manch mal scheint aber allein die geschickte Reklame eines Ver legers den Erfolg erzielt zu haben, wobei der Akzent dieser Re klame immer nur nach einer Richtung hin gelegt wird. So hatte das Werk eines sehr jungen französischen Schriftstellers einen »Bombenerfolg« allein durch den Hinweis, daß der Verfasser erst zwanzig Jahre alt sei und seinen Roman mit siebzehn Jahren geschrieben habe. Es handelte sich übrigens um einen sehr beachtenswerten Roman, sodaß der erst vor wenigen Wochen her- ausgekommene zweite (und letzte Roman des schon mit 20 Jah ren verstorbenen Autors) innerhalb zwei Wochen in 35 000 Exem plaren verkauft war. Dieser Erfolg führte zu einer sehr lebhaften Diskussion über die Frage, wie weit der Verleger in der Reklame gehen dürfe. Das Bemerkenswerteste scheint der sehr bekannte Verleger Ver narb Grafset gesagt zu haben: »Die Rolle des Verlegers ist nicht die des Kritikers. Der Kritiker hat ein Werk zu beurteilen, ohne sich darum zu kümmern, ob sein Urteil der Verbreitung des Werkes günstig ist oder nicht. Der Verleger hat die Aufgabe, das Werk bekannt zu machen. Zu diesem Zweck mutz er für jedes neue Werk dessen .Schwerpunkt der Neugier' gewissermaßen herausfinden und nur dadurch zum Kauf anreizen, ohne also urteilen oder aufzwingen zu wollen. So wurde der bekannte Roman durch die einfache Bemerkung glänzend lanciert: .Der Verfasser ist siebzehn Jahre alt', was selbst den besten analysierenden Kritiker nicht in diesem Maße gelungen wäre. Wenn also der Verleger für ein neues Werk zwecks Reklame eine tiefschürfende Analyse veröffentlicht — was gar nicht seine Aufgabe ist —, so wird er nicht jenen Erfolg haben, den ihm einige anscheinend oft kindische Faktoren verschaffen können. Die Hauptsache ist, daß er in seinem Innersten 1169«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder