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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.01.1912
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1912-01-27
- Erscheinungsdatum
- 27.01.1912
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- Deutsch
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^ 22, 27. Januar ISI2. Nichtamtlicher Teil. VSrI-M-tt t d. Dtlchn. Buchhandel. 1157 minderwertiger ein Druckerzeugnis ist, um so mehr und um so häufiger wird es angepriesen! Gibt es gar kein Schutzmittel gegen diese Makulaturpest? Falls die jetzt eingetretene Er höhung der Druckpreise sich als Schutzmittel erweisen sollte, so würde ich aus diesem Gesichtswinkel die Preiserhöhung dankbar begrüßen. Überhaupt begreife ich den Standpunkt der Buchdruckereien: wo soviel überflüssiges Zeug gedruckt wird, so, meine ich, werden sie kalkulieren, bleibt immer noch lohnende Arbeit genug für uns, selbst wenn die Verlags produktion ein wenig eingeschränkt wird. Sollte nicht Hemmung auf diesem Gebiete Fortschritt sein? Wir haben jetzt im Börsenblatt einige Erfahrungen aus der Weihnachtszeit, heitere und ernste, gelesen. Ich möchte dazu auch einen Beitrag geben. Am 22. Dezember erhielt ich unverlangt als Neuigkeit zwei Pakete mit Romanen, eins mit drei, das andere mit vier neuen Romanen, und zwar je ein geheftetes und gebundenes Exemplar, sauber gedruckte Bücher, aber von mir ganz unbekannten Verfassern. Was mögen sich die betreffenden Verleger wohl bei dieser Versendung gedacht haben? Offenbar fehlt ihnen jede Kenntnis von der Natur des Weihnachtsmarktes; sie mögen wohl geglaubt haben, es herrsche Mangel gerade an Romanen, das Publikum warte brennend auf noch sieben neue, und der Sortimenter trage deshalb gern die Kosten für die un verlangte Zusendung. Ich befürchte, die guten Leute haben Makulatur gedruckt. Dabei fällt mir eine Geschichte vom alten Noa Gott fried Elwert in Marburg ein, bei dem ich vor bald 10 Jahren als Gehilfe tätig war. Wir betrieben dort einen schwung haften Handel mit Makulatur, die damals noch einen Preis hatte; ich glaube, das Buch (24 Bogen glatt ausgestrichen) wurde mit einem Groschen bezahlt. Kam eines Tages ein Dienstmädchen in den Laden und verlangte ein Buch Makulatur. Weil keine im Laden war, sondern erst wieder von einer ent fernten Niederlage geholt werden mußte, erwiderte Elwert: »Liebes Kindl heute haben wir keine Makulatur.« »Ach, Herr Elwert, wann drucke Se denn Widder Makulatur?« »Ja, liebes Kind, da müssen Sie 'mal zu dem Herrn Professor Heppe auf den Renthof gehen und fragen, wann er wieder ein Manuskript fertig hat; dann drucken wir auch wieder Makulatur!« — War ein recht offenherziger Mann, der alte Noa Gottfried Elwert, er konnte sogar grob werden. Viele ähnliche Geschichten könnte ich, der ich fast 2>/z Jahre in der guten, alten Firma tätig gewesen bin, von ihm erzählen. Heute jedoch möchte ich noch etwas vom letzten Weihnachts- geschäst berichten. Nach eigenen Erfahrungen und nach allem, was ich darüber gehört habe, muß ich sagen, daß es wenigstens befriedigend war. Die schwarzen Prophezeiungen, die finstern Befürchtungen, die von der Presse gewisser politischer Parteien systematisch verbreitet wurden, haben sich nicht bewahrheitet. Das deutsche Volk ist nicht erdrückt von einer unerschwingbaren Steuerlast, seine Kaufkraft ist nicht geschwächt, wenigstens nicht in der Großstadt Hamburg, die entschieden weniger als jede andere Großstadt mit den Agrariern zu tun hat und von deren Lage gar nicht abhängt. Zwar Jugendschriften und Bilderbücher machten nicht den Hauptteil des Geschäfts aus. Einerseits mag die Konkurrenz der Warenhäuser und des sogenannten Grossobuches den Absatz aus diesem Gebiete wesentlich be einträchtigen. Die Ausbildung des Geschmacks durch »künst lerische» Erziehung der Jugend und des Volkes hat bisher, so glaube ich, , noch keine nennenswerten Früchte getragen, trotzdem Hamburg seit fast 20 Jahren Vorort dieser Be wegung ist. Andererseits wuchert manche verborgene Konkurrenz, die den Buchhandel schwer schädigt. Ich mußte unlängst als Sachverständiger in einer Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. Betrugssache vor Gericht erscheinen. Ei» ehemaliger Tischler geselle wollte angeblich einen Verein begründen, der kranken Kindern armer Eltern den Aufenthalt in einem benachbarten Solbads ermöglichen sollte. Die Mittel dazu sollten durch den sogenannten »Bücherhandel an der Tür« beschafft werden. Eine hochgestellte hiesige Dame hatte sich betören lassen und dem Unternehmen als solchem, nicht dem Bücherhandel im besondern, ihre Unterstützung zugesagt. Nun mißbrauchte der Tffchlergeselle den Namen der Dame für seinen Bücher handel und schickte weibliche Reisende los. Aus erfolgte Anzeige griff die Polizei ein, konnte aber nur eine einzige Subskriptionsliste und nur wenige Bücher beschlagnahmen, aus denen die Verlagsfirma herauszuschneiden dem Tischler gesellen schnell noch gelungen war. Meine Aufgabe bestand darin, zunächst die Verlagsbuchhandlung und dann die Verkaufs- und Nettopreise der Bücher sestzustellen. Da er gab sich denn, daß diese eine Reisende in etwa 3 Wochen für annähernd 300 Jugendschriften und Bilderbücher verkauft hatte, sauber gedruckte und gut ausgestattete Bücher, die sämtlich in unseren Katalogen aufgeführt werden. Mehr war nicht nachzuweisen, aber der Vorsitzende Richter sprach sich dahin aus, daß der Pseudo-Buchhändler wahrscheinlich mehrere Reisende unterwegs gehabt haben würde. Die aus solche Weise verkauften Bücher sind dem regulären Buch handel entgangen. Was mag unter dem Mantel der Wohl tätigkeit gerade mit Büchern nicht alles gesündigt werden! Wenn also nach meinen Erfahrungen Jugendschriften und Bilderbücher nicht den Hauptteil des Weihnachtsgeschäfts ausmachten, so möchte ich diesen den Romanen und der er zählenden Literatur zuweisen. Aber es ist auffällig, mit wie wenig Romanen man auskommt, wenig im Verhältnis zu der Zahl von vielen Hunderten, die sich alljährlich den Rang streitig machen. Gewiß, es werden bestimmte Romane, auch neu erschienene, direkt gefordert. Aber in den meisten Fällen liegt es doch so, daß der Käufer fragt: -Was können Sie mir empfehlen? Was haben Sie selbst gelesen?« Und diese Romane, die man selbst gelesen hat und empfehlen kann, machen das Quantum des Absatzes. War es diesmal des schon rühmlichst bekannten Rudolf Herzogs Buch »Die Burgkinder«, das den Löwenanteil davon trug, so habe ich doch daneben einige neue Romane von noch ganz unbekannten Autoren in vielen Dutzenden von Exem plaren verkauft, weil ich sie gelesen halte und empfehlen konnte. Aber die vielen anderen Romane, die man bezogen hatte, teilweise natürlich in Probeexemplaren bar, und die man nicht hatte lesen können: die sind meistens liegen geblieben! Also auf das Selbstlesen komnzt es an. Nun sind manche Verleger liebenswürdig und freigebig mit Dedikations- Exemplaren. Indessen werden das auch so viele, daß ich wenigstens sie nicht alle lesen kann, erst recht nicht, wenn diese Exemplare noch im Spätherbst eintreffen. Außerdem ist der Genuß oft recht zweifelhaft. Die Zeit eines Sorti menters ist auch bemessen, und trotzdem ich im Straßen bahnwagen immer zu lesen pflege, muß doch vieles ungelesen bleiben. Ach, wenn doch noch sehr viel mehr ungedruckt bliebe! Sollte nicht mindestens die Hälfte aller neu gedruckten Belletristik überflüssig sein und die Aufnahmefähigkeit des deutschen Volkes übersteigen? Möchten doch die Verleger skeptischer werden! Möchten sie namentlich auch ablehnender sich verhalten gegenüber den Anträgen bemittelter Autoren und Autorinnen, für deren Rechnung Bücher zu verlegen! Ob in andern Städten dieselbe Erscheinung zu be merken ist wie in Hamburg, weiß ich nicht; aber bei uns nimmt die Zahl der Hamburgensien — ich meine jetzt nur belletristische Literatur — von Jahr zu Jahr zu. Es sind namentlich zwei Firmen, die dieses Gebiet, sicher auch mit I5S
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