lOSStvirs-ntl-U l- d- Dtschn. Bi-chhlMdel. Fertige «Scher. 190, 14. August 1924. Karl Strecker in „Velhagen 6c Klajmgs Monatsheften" August 1924 Eine Anzahl Schleichiana-Bücher von Carl Ludwig Schleich-Hat sich nach seinem Tode bei mir eingefnnden, eines folgte schnell dem anderen, und da jetzt auch aus dem Nachlaß alles ansgeräumt scheint, ist es hohe Zeit, ans diesen bedeutenden „Uni versalmenschen" — er war Arzt, Naturforscher, Philosoph, Erfinder, Techniker, Gporksmann, Musiker, Theosoph, Dichter, Maler und ein sehr unterhaltender Plauderer — hinznweisen. Ich lernte ihn in der letztgenannten Eigenschaft schon 1892, im Strindbergkreise des „Schwarzen Ferkels" kennen, wo er durch sein bunt schillerndes Wissen ans allen Gebieten und seine verblüffenden Antithesen anfsiel. Er war aber kein Witzbold, sondern ein wissenschaftlich gewnrzelter Forscher, der mit erstaunlicher Unbefangenheit jeder Frage von einer neuen Seite beizukommen suchte. Er war außerdem ein sonniger Menjch, ein frisches, heiteres Kerlchen, ein guter Kame rad, der u. a. August Strindberg bis zuletzt die Treue gewahrt und nicht, wie mancher andere, ihn dreimal verleumdet hat, noch bevor ein Hahn danach gekräht hätte. Schleich verdankt die medizinqche Wissenschaft eine stattliche Reihe wertvoller Entdeckungen (was in jedem Konversationslexikon nachzulesen) und noch viel mehr Anregungen. Von den vorliegenden Büchern ist mir das liebste „BesonnkeVergangenheit", eine Selbstbiographie Schleichs, die zu den herzerquickendsten der deutschen Sprache gehört. Sie umfaßt sechzig Jahre seines bnntbewegten Lebens, das er mit Forscher- und Künstlerangen anlachte. Das ganze Buch ist „besonnt" von der frischen Heiterkeit einer Künstlerseele und in diesem Licht tauchen viele bekannte Zeitgenossen, auch aus dem Gebiet der Literatur und Kunst, auf. Die anderen Bücher bringen neue Anschauungen und Entdeckungen ans den Gebieten „Bewußtsein und Unsterblichkeit", „Gedankenmacht und Hysterie"; in der Aussatzsannnlung „Ewige Alltäglichkeiten" findet der Leser eine Fülle von Belehrungen und An regungen. Der Band „Aus dem Nachlaß" bringt ein buntes Vielerlei, in dem mir die „Briese an den Vater" als das eigentliche Kleinod erscheinen, um dessent- willen es sich allein lohnt, das Buch zulesen. In seinem Tagebuch sagt Schleich einmal: „Es ist ein Tasten in der Welk, als wären wir alle abgestürzt »nd suchten in der Finsternis nach irgendeinem Stützpunkt zum Aufschwung." Das gilt vor allem von ihm selber. Schleich war ein unermüdlich Tastender und Suchender, darin ein echtes Kind seiner Zeit, und soweit ein einzelner Mensch dazu fähig ist, hat er jenen „Aufschwung" gefunden. ZM/e FecrcAen (Tie öie nck'cMe 6ei/e Ernst Rowohlt Verlag / Berlin W 35