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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.08.1924
- Strukturtyp
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- 1924-08-11
- Erscheinungsdatum
- 11.08.1924
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- Deutsch
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187, 11. August 1924. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d Dtschn. vuchbandel. 10429 Täglich und immcv zahlreicher werden jetzt neue Bücher auf den Markt geworfen, die der eöen geschilderten Ware entsprechen. Und zwar handelt es sich dabei um eine scheinbare Kleinigkeit, es geht jedoch, meines Glaubens, um Dinge, die nicht länger 'unbe sprochen bleiben dürfen, insofern uns die Wechselwirkung zwischen Mensch und Buch überhaupt noch erwägenswert erscheint. Eine Kleinigkeit nur hat sich vollzogen, von den wenigsten beachtet oder gewußt; m-an wird M Anfang lächeln, wenn man es erfährt: cs treten immer häufiger neue Bücher auf den Plan, denen der Nücke ntitel fehlt. Der Rückentitel? Nichts weiter? Und das sollte einer Er wägung wert sein? Betrachten wir die Sache jedoch etwas näher. Ter Verleger, der seinen Büchern keinen Rückentitel gibt, hält ihn offenbar für überslüfsig oder nebensächlich, vielleicht sogar das Ge samtbild des Buches störend. Er bedenkt aber nicht, daß dem Buche damit das Wichtigste genommen wird, was es neben seinem Anhalt, der allerdings die Hauptsache ist, besitzt: seine Namensnennung, seine Einstellbarkeit und Heimatfähigkeit für die Bibliothek. Das Buch ohne Rückentitel hört im selben Augenblick zu bestehen auf, da es aus den Händen des Lesers in die einzig ihm zukommende Aufbe wahrung kommt, in den Bücherschrank. Von diesem Augenblick an verstummt es, es erblindet, oder vielmehr, es wurde ja schon blind geboren. Statt eines Buches steht nun ein leerer Leinwand- oder Papierrücken im Kasten, ein Wesen ohne Gesicht, worüber ihm der prächtigste Vorderste! nicht hinweghilft. Man stelle sich «ine größere Anzahl solcher Bücher in einem Regal oor; der Bibliotheksbegriff ist so gut wie erloschen. Und ist da nicht z>u fragen: was geht in den Köpfen mancher Verleger vor, da sie solch verunglückte Geschöpfe in die Welt setzen? Sie sind ja sonst nicht so unklug, obwohl sich sogar uoch Idealisten unter ihnen befinden sollen. Zwei Erklärungen wüßte man, aber man wagt es kaum, sie ansz»sprechen. Der Verleger rechnet entweder überhaupt nicht mehr damit, daß jemand eiine Bibliothek besitzt. Oder er ist von vornherein von der Flüchtigkeit des Buches, das er heraus gibt, derart überzeugt, daß ihm seine Einstellbarkeit in eine Bibliothek gar nicht mehr in den Sinn kommt. An solchen scheinbar sehr nebensächlichen Umständen vermag man oft blitzartig den Verfall unserer geistigen Kultur zu erkennen. Schau- senstcrreklame, Wunsch nach plötzlicher Wirkung, beim Buche Vorder- dcckeleffekt, das ist das Maßgebende geworden'; aus den inneren Zusammenhang zwischen Mensch und geistiger Ware kommt es kaum noch an. Das Unsinnige dabei ist, daß der Geschäftsmann, der Ver leger sich selbst dabei auss schwerste schädigt. Denn einerseits will er seine Ware an den Mann bringen, andererseits läßt er den traditio nellen Begriff dieser Ware und die über lieferten inneren Werte, die damit zusammenhängen, einfach zugrunde gehen. Die Begriffe Buch und Bücherei hängen nämlich auss inuigste zusammen, meine Herren Verleger. MuH das eigens wieder einmal gesagt werden? Tie Crziehüng zum Buche, und die wollt ihr doch? lunch um des Geschäfts willen!), beginnt mit der Neigung, mit der Liebe zu ihm und diese mit der Gewöhnung, und diese mit der Freude an seinem Besitz. Die Möglichkeit, einen geistigen, einen! künstle rischen, einen Gemiütseindruck für sich fcftzuhalten, immer und jeder zeit wieder seiner habhast werden zu können, bildet den Grundgedanken des Dauerbesitzes von Büchern, die ja nebenbei auch das gangbarste äußere Zeichen von allgemeiner Bildung sind. Von den Leuten, die Bücher besitzen, ohne sie zu lesen, soll hier nicht ge sprochen werden, obwohl sie noch lange nicht die Schlechtesten sind, da sie immerhin noch die Möglichkeit einer Bekehrung zur Hand haben. Es handelt sich jedoch vor allem um die anderen, die eigentlichen Leser, Freunde des Buches, die sich mit seinem Besitz eine andere, vielleicht die letzte, weil unzerstörbare Welt erworben haben, und die cs im tiefsten wissen, daß die Zwiesprache niit Büchern etwas viel Wich tigeres bedeutet als Unterhaltung, Bildung oder Gelehrsamkeit allein. Sie vermittelt die edelste Form der Zwiesprache mit sich selbst, die ja wjcd>er die Basis aller Annenkultur ist, ohne die es ja wieder keine Außenkultnr gibt. Unsere Väter und Mütter wußten recht gut, was sie an ihren oft recht bescheidenen, aber immerhin lebendig wirksamen Hausbiblio theken besaßen. Geht dieser Begriff verloren, so ist der innere Schaden I für uns gar nicht äbzusehen. Es ist aber bereits zu fürchten, daß wir auf dem besten Wege hierzu sind, da selbst in den Köpfen der eigent lichen materiellen Schöpfer des Buches, der Verleger, der Bibliotheks- gedcuike zu erlöschen beginnt. Dies bestätigt, wie schon gesagt, nicht nur der traurige Umstand, daß immer zahlreichere, auch inhaltlich wert vollere Bücher ohne Rückentitel erscheinen; der Titel an dieser Stelle,' auch wenn er vorhanden ist, und der Rücken des Buches überhaupt wird von den meisten Verlegern bereits als etwas durchaus Neben sächliches, eben gerade nur zu Erledigendes behandelt, wobei er ja doch eigentlich die Hauptsache ist, was aber niemand mehr zu wissen scheint. Tie ganze Wucht an Farbe und Geschrei der Augenblicks- Wirkung gehört dem Vorderdeckel des Buches. Für den Micken hat man bestenfalls einen schmucklosen Leinen-, wenn nicht Papierstreisen übrig, auf dem mit dürftigen, unornamentalen Lettern der Name des Buches angebracht ist,.wobei besonders knallend weiße Leinwand mit schwarzem Aufdruck bevorzugt wird. Anfragen, die ich an verschiedene Verleger richtete, ergaben die befremdende und doch recht bezeichnende Antwort: die Herstellungs kosten eines Buches seien derzeit so hoch, daß an eine besondere Schön heitspflege des Rückens nicht gedacht werden könne. Stellt man« nun ein derart mißgestaltetes oder gänzlich erblindetes Wesen im eine Bücherei ein, so bewirkt es noch Schlimmeres als den eigenen Untergang, es zerstört auch die bisherige Harmonie, die ruhige, oft geradezu künstlerisch wirkende Ausgeglichenheit des Ant litzes der ganzen Bibliothek, und es bleibt daher wohl am besten un- eingestellt. Legt sein Besitzer besonderen Wert auf seinen Anhalt, so bleibt ihm nichts übrig, als ihm vom Buchbinder, unter jetzt gewiß nicht geringen Kosten, ein neues, besseres Gewand Herstellen zu lassen. Er hat aber das frühere zu bezahlen gehabt. Man möge nach allem Gesagten nicht etwa mit der witzigen Be- merkung kommen, der Anhalt eines Buches sei das einzig Maßgebende. Bücher sind lebendige Wesen und benötigen, stilvolle Gewänder und einen Namen, nicht weniger als der Mensch. Aus diesen Zusammen hang, aus die ästhetische Einheitlichkeit von außen und innen ver zichten heißt neuerdings ein Stück durch Jahrhunderte überlieferter, erziehlicher und geschmackbildender Kultur preisgeben. Unsere Väter wußten es noch! Tie Stirnseite einer Bibliothek (zugleich das einzige an ihr Sichtbare) ist nicht zum letzten eine ästhetisch zu wertende Angelegenheit. Es liegt im Interesse aller Verleger, sich durch die Wahrung des Bibliotheksgedankens in letzter Stunde noch verbunden zu fühlen. Ein Buch lediglich als Augenblicks- ware zu behandeln, bedeutet schwerste Unkultur. Zerstören wir uns dort die Freude am Schönen, am Gefälligen und Sinngemäßen, so er schweren wir uns auch die Wege zum Tempel des Inhalts, denn es besteht ein tiefer, edler Zusammenhang, meine Herren Verleger, zwischen dem Schönen und dem Wahren. * » * Vorstehenden, uns von dem geschätzten Autor zur Verfügung ge stellten Mahnruf haben wir einer Reihe schönwissenschaftlichcr Ver- leger vorgelegt, worauf uns folgende Äußerungen zugingen: Herr Franz Karl Ginzkey hat mit seiner Mahnung nach unserer Auffassung durchaus recht. Wir können dem nur beipflichten. Ein Nundgang in einer hiesigen großen Sortimentsbuchhandlung zeigte uns zu unserm Erstaunen, wieviele blindgeborene Bücher dort vor handen sind. Der Rückentitel ist für das Buch ebenso unerläßlich wie Name von Buch und Verfasser auf dem Vorderdeckel, ja, noch er heblich wichtiger, weil der Vorderdecke! nach Einordnung in das Buch- gcstell verschwindet. Eine Schwierigkeit besteht natürlich bei ganz dünnen Büchern. Ein aufgeklebtes Längsschildchen aus Papier ist nicht dauerhaft, fällt leicht ab. Bei einigermaßen dicken Büchern sollte überhaupt der Längstitel nicht in Gebrauch kommen, auch wenn er richtig von unten nach oben läuft. Er ist meistens schwieriger lesbar als der Quertitel oben auf dem Rücken. Aber ein anderes ist noch zu wünschen: Unten auf dem Buch rücken sollte der Verleger, wenn irgend möglich, auch sein Ver lagszeichen (Signet) anbringen. Der suchende Sortimenter wird ihm Dank dafür wissen. Seit einer Reihe von Jahren setzen wir unser Verlagszeichen bei jedem genügend dicken Buch auch unten auf den Rücken. (Vgl. unsere Ausführungen über »Das Verlagszeichen als Werbemittel« im Börsenblatt Nr. 61 vom 12. März 1924.) Das hat zur Folge, daß der Sortimenter. Inhaber, Gehilfe oder jüngste Lehrling auf den Ladengestellen gesuchte Bachem-Bücher sofort er kennen und herausfinden kann. Aus demselben Grunde bringen wir das Verlagszeichen auch auf dem unteren Rande jedes unserer Schutz- ^unschläge an. Hoffentlich bürgert sich auch das bald allgemein im ! deutschen Verlag ein! Köln. I. P. B a ch eAii, Verlagsbuchhandlung. Herr Ginzkey hat vollkommen recht. Das Buch darf nicht nur liegend oder in der Hand betrachtet werden, sondern auch aufrecht stehend im.Bücherschrank. Der Schwerpunkt des Einbands liegt technisch 1356
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