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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.08.1924
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- 1924-08-11
- Erscheinungsdatum
- 11.08.1924
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10428Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. * Redaktioneller Teil. X- >87, II. August 1924. nalen Reiseverkehr zurechtgemacht sind, existiert Deutschland überhaupt nicht. Italien ist dabei, sich industriell sehr stark zu entwickeln, nebenher geht ein ins Groteske gesteigerter MM- tarismus, und in bezug auf die äußere Erscheinung des moder nen Italien in seinen Kunstdenkmalen ist man geneigt, dem wilhelminischen Zeitalter gegenüber nachsichtig gestimmt zu werden. Gegenüber dem, was sich das moderne Italien leistet, ist die Siegesallee in Berlin wirklich noch hohe Kunst. Der Schritt von Neapel nach Leipzig ist ein schwerer. Und die Rückerinncruug an Kantate 1924 ist eine Enttäuschung, die nur deshalb nicht allzu groß gewesen ist, weil man nach Kantate 1923 keine besonderen Erwartungen haben konnte. Der buch händlerische Parlamentarismus scheint ebenso verwahrlost zu sein wie der politische. Im Interesse des Buchhandels hätte ich aber gewünscht, daß uns die unwürdigen Ncbcnumstände bei der Wahl des Ersten Vorstehers des Börsenvercins erspart geblieben wären. Von einem Verein, in welchem es selbstverständlich ist, daß die Dctaillisten schon infolge der numerischen Überlegenheit die Produzenten nach Belieben überstimmen, wo man sich von Stimmungen leiten läßt, anstatt den Weg der Erkenntnis zu gehen, erwarte ich in Zukunft nicht mehr viel, wie ich überharcht die buchhändlerische Organisation in ihrer jetzigen Form für erledigt halte. Sie möge im nächsten Jahre ihr hundertjäh riges Jubiläum mit der dafür gebotenen Würde feiern und dann entweder einschlafen oder abdanken, wenn sie sich nicht schleunigst verjüngen kann. Weniger Alkohol, weniger Qualm, weniger Sentiments, noch besser keine Narkotika und keine Stimmungen, aber dafür mehr Würde und Sachlichkeit! Dafür wäre aber vielleicht nicht nur ein Systemwechsel, sondern auch ein Ortswechsel notwendig! denn das Milieu färbt halt ab. Der 2 5. Geburtstag der Gesellschaft der Bi bi i o p h i l e n i n W e i m a r, der am 25. Mai in Darmstadt gefeiert wurde, kann als der Abschluß einer wichtigen Etappe in der Entwicklung des Buchgewerbes und der Bücherliebhabcrei bezeichnet werden. Die Weimarer Bibliophilen-Gesellschast ist in bezug auf das, was sie selbst produziert hat, keineswegs als vorbildlich zu bezeichnen. Sie hat aber das Verdienst, zum ersten mal in Deutschland die Bücherliebhaber zufammengerusen und den Sinn für Bücherlicbhaberci in weiteren Kreisen geweckt zu haben. Wir wissen alle, daß das Buchgewerbe in Deutschland bis zum Jahre 1914 in einem selten hohen Matze entwickelt ge wesen ist, daß es aber während des Krieges und der Revo lution verwahrlost ist, und daß wir den Stand von 1914 nicht wieder erreicht haben. Wir wissen auch, daß die Bücherlicb- haberei und die Produktion von Liebhaber-Büchern auf Abwege geraten und daß bis heute noch kein« neuen Ziel« vorhanden sind. Wenn ein Buch lediglich seiner äußeren Ausstattung wegen und nicht zugleich auch wegen seines Inhaltes geschätzt wird, so ist das immer schon ein Zeichen des Verfalls. Verfallerschci- nungcn aber sowohl an Menschen als auch an Dingen haben eine Zeitlang Hochkonjunktur gehabt, und diese Hochkonjunktur hat auf dem Gebiete des Luxusbuches ekelerregende Erscheinun gen zutage gefördert. Zur Ehre des deutschen Verlagsbuchhan- dcls muß gesagt werden, daß diese Produktion meist von Leuten ausgeht, die keine gelernten Buchhändler oder Verleger sind, sondern Elemente, die sich in unseren Beruf hineingedrängt haben, lediglich um eine Konjunktur auszunutzen. Sie werden hoffentlich ebenso schnell wieder daraus ver schwinden, wie sie Eingang gefunden haben, und nun entsteht für die Bibliophilie sowohl als auch für die ihr dienenden Gesellschaften, Verleger und Buchgewcrbler die Frage, was weiterhin geschehen soll. Dieses Haschen nach den unmöglichsten alten Büchern, um ihnen in Luxusausgaben eine vielfach unverdiente Auferstehung zu bereiten, wirkt mehr als lächerlich, und ebenso lächerlich ist es, abgesehen von der Un wirtschaftlichkeit, die Klassiker zum abcrtausendsten Male in Luxusdrucken zu bringen, während die deutsche Wissenschaft keine Mittel hat, um wichtige Forschungsergebnisse zu veröffent lichen. Anstatt sich mit Spielereien abzugcben, sollte sich des halb die Bibliophilie in den Dienst nützlicher Aufgaben stellen, sollte insbesondere der jungen Generation zu helfen suchen. An statt ihren Mitgliedern ganz überflüssige Ausgrabungen vorzu legen, sollten es sich die Bibliophilen-Gesellschasten zur Aufgabe machen, die Erstlingsarbeit eines jungen Gelehrten, Dichters oder Künstlers erstmalig in wenigen Exemplaren einem engeren Kreise vorzulegen, selbst wenn das Gebiet des Gelehrten die Mehrzahl der Mitglieder zunächst nicht interessiert. Ich glaube ein Beispiel damit gegeben zu haben, indem ich die große Aka demie-Ausgabe von Leibniz' Schriften und Briefen, die auf vier zig Quartbände berechnet ist, zunächst in einer bibliophilen Ausgabe veranstaltete. Und meine Erwartung, daß dies die einzige Form ist, in der das Unternehmen unter den heutigen Verhältnissen überhaupt durchzuführen ist, hat der Erfolg be stätigt. Wenn nun auf solchen Versammlungen der oben angedeutete wesentlichste Zweck, daß sich Menschen kennenlerncn und näher treten, nicht immer voll erreicht wird, so liegt das, wie gesagt, an einem gesellschaftlichen Mangel, der insbesondere dem Deutschen eigen ist. Man sollte es sich doch endlich einmal abgewöhnen, mit einem Menschen erst dann zu sprechen, nachdem er von einem Dritten vorgestellt worden ist, sondern sich in einer geschlossenen Gesellschaft als vorgestellt betrachten. Solange dies nämlich nicht der Fall ist und nicht von allen Teilen anerkannt wird, sind es vielfach die wertvolleren Menschen, die nicht gebührend zur Geltung gelangen, während die Routiniers, die Aufdring linge und Schmarotzer den Rahm abschöpfen. Und da ich gerade bei Äußerlichkeiten bin, möge auch die Kleiderfrage erwähnt werden. Es erweist sich im Ausland noch viel wichtiger als in Deutschland selbst, bei jeder Gelegenheit richtig gekleidet zu sein, was aber offenbar die wenigsten Menschen zu verstehen scheinen. Vor allen Dingen sollten sich die Deutschen doch end lich einmal abgewöhnen, bei feierlichen Gelegenheiten am Tage im Frack herumzulaufen. Wenn das die Vertreter unserer Be hörden als eine der vielen Überflüssigkeiten von dem monar chischen System übernommen haben, so mögen sie sich damit weiterhin blamieren, allen anderen aber muß es zur zweiten Natur werden, daß das eine Geschmacklosigkeit ist. Solche Dinge mögen bei uns im Lande vielleicht weniger beachtet werden, im Auslande aber wirken sie grotesk und machen den Einzelnen un möglich, insbesondere dann, wenn er zu diesem Frack noch den Roten Adler-Orden 4. Klasse trägt, wie das in Neapel tatsäch lich vorgekommen ist. Am vollkommensten wird der Zweck eines Kongresses er reicht, wenn es sich um Versammlungen eines engeren Kreises handelt. In dieser Beziehung könnten z. B. die sehr zu Unrecht viel verspotteten Lauensteiner Tagungen geradezu vorbildlich sein, wenn man dabei z. T. aus ganz unangebrachten Rücksichten gewisse Äußerlichkeiten nicht absichtlich verschmähen wollte. Ich denke mit Entsetzen an Nürnberg! Was Jugendverbändcn an gemessen ist, kann nicht ohne weiteres auf Versammlungen von vcrantwortungsbelastetcn Männern übertragen werden. Ein Teil des Erfolges der Tagungen der Schule der Weisheit in Darmstadt beruht ohne Zweifel daraus, daß wir in bezug auf den äußeren Rahmen gewisse Ansprüche stellen und zu befriedigen bestrebt sind, aber ohne einen heute sehr unangebrachten Luxus zu treiben. Darmstadt, Pfingsten 1924. Das blindgeborne Buch. bin Mahnruf an die deutschen Verleger. Von Franz Karl Ginzkey. Beginnen wi.r mit einem Gleichnis. Ein Geschäftsmann will seine Ware an den Mann bringen (wer wird ihm das verübeln?) und stattet sie, unter vielerlei Kosten und Mühen, möglichst anziehend und gefällig aus, damit sie- im Schaufenster und im Laden ihren Platz behaupte. Trägt die Kundschaft die Ware nach Hause, so ist er zu frieden und weis; den Zweck erreicht. Tann aber — ob der Käufer auch weiterhin mit der Ware in Verbindung bleibt, das kümmert ihn nicht mehr; es ist ihm auch völlig gleichgültig, od sie sich ius Gedächtnis des Käufers zurückrust oder nicht. Sollte man einen derartigen Geschäftsmann für möglich halten? Und doch, er begegnet nms jetzt täglich und nennt sich deutscher Ver leger.
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