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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1924
- Strukturtyp
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- 1924-08-08
- Erscheinungsdatum
- 08.08.1924
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- Deutsch
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185, 8. August 1SL4. Redaktioneller Teil. Und das bringt mich zu einer andern Betrachtung: Unser Jungbuchhandel. Ich kann nicht beurteilen, ab die Macht der Bewegung und vor allem die Zahl der Anhänger, die hinter seiner Trommel marschieren, dem Werbeschrei entspricht, der von ihm ausgeht. Man möchte es bezweifeln, daß es sich um eine große Menge handelt, wenn man von den Zahlen der Teilnehmer an den Veranstaltungen liest. Wie dem aber auch sei — legen wir Alten doch endlich einmal die übermäßige Hochachtung vor dieser Bewegung ab. Gewiß, das totgehetzte Zitat vom Most und vom Wein ist richtig, aber die meisten Menschen schätzen doch nun einmal den Wein höher, auch die jungen. Sind denn nun wirk lich soviel Zöpfe abzuschneiden? Muß also wirklich der Buch handel, um den Zeiten zu entsprechen, mit einem Pagenkopf herumlaufen, ist wirklich in unserm Berus so vieles reform bedürftig oder —was etwas ganz anderes ist und was so mancher Enthusiast allzu leicht vergißt — reformfähig? Noch dazu in einer schrecklichen Zeit, in der man nicht Ananas, sondern Kar toffeln pflanzen muß? Und wie lange sollen bei der Konkurrenz die Mittel verfangen, wenn jeder Sortimenter schließlich Vor träge veranstalten und jeder sein Schaufenster verlockend arrangieren wird und nur »Kulturbücher-- vertreibt! Welche Geschäfte wird dann wieder jener Buchhändler machen, der auf die Instinkte der Masse, selbst wenn cs auch nicht gerade die gröbsten sind, spekulieren wird, die der Durchschnittsmensch in keiner Kulturbnchhandlung wird befriedigen können? Jede Jugend will ja das vom gering geschätzten Alter Begründete von Grund ans refor mieren. Handelt es sich um soziale und politische Ziele, so kann eine freudige Jugend Wohl manches durchsetzen. Aber der Buch handel muß nun einmal in einer engen Haut stecken. Er stellt kein System dar, in welchem Grundlegendes verändert werden kann, und mit noch so ehrlicher Begeisterung, die zugestanden werden mutz, läßt sich da nicht viel Großes anders machen, zumal da wir, wie gesagt, in einer Zeit leben, in der die Lebenshaltung des Buchhändlers aus vielleicht wenig mehr als die Hälfte der Zeiten vor dem berühmten August herabgedrückt ist. Und nur ganz wenige Ausnahme-Naturen sind imstande, Idealisten zu sein, wenn sie entbehren müssen. Wir sind keine Diogenes (oder wenigstens, um den modernen Kalauer zu machen, keine Radiogenes), die bloß eine Tonne und Sonne brauchen. Wir müssen mehr denn je ans Geld-Verdienen denken. Und schließlich, Hand aufs Herz: Wie klein ist der Bruchteil derjenigen unter uns, die solchen Idealismus haben, -daß sie auch Buch händler geworden wären oder sind, weil sie nichts als Buch händler werden wollten! Wie klein wird besonders dieser Bruch teil gerade im geistig interessierten, in dem von der Jugend so protegierten Kulturbuchhandel sein! Und wenn speziell die Ladenbuchhändler wirtschaftlich eine Befriedigung in ihrem Be trieb nicht finden können — und wie es augenblicklich damit steht, davon liefert ja der jüngst im Bbl. Nr. 161 veröffentlichte, be wegliche Appell an Verlag und Sortiment einen eindringlichen Beleg —, so kann man nicht verlangen, daß heute die schönen idealen Ziele des Jungbuchhandcls allzuviel Anhänger finden. Genieren wir Alten uns also nicht, alt zu sein und unsere Anschauungen ohne Rücksicht auf die gegenteiligen der Jugend zu verfechten, auch wenn deren Phrasen noch so schön tönen! Wahren wir konservativ das Alte! übertragen wir nicht oie in uns wohnende Abneigung, alt zu erscheinen, aus dem Physiologischen allzusehr auf andere Gebiete und nehmen wir nicht schwächliche Rücksichten, nur weil wir uns fürchten, zugeben zu müssen, deshalb alt zu sein, weil wir anders als die neue Jugend denken. Was für ein Proteus müßte der Buchhandel sein, wenn jede Jugend jeder Generation ihn verwandeln könnte. Büffel- und Affenherden werden vom stärksten, also einem jun gen Individuum geleitet. Aber diese Zeiten des Bullen und des kräftigsten Pavians sind seit einigen Jahrzehntausenden für die Menschheit vorüber. Unsere ganze Kultur ist eine aus der Männlichkeit des reifen Mannes oder gar des Greises geborene. Nur diese haben etwas dnrch nichts Ersetzbares, nämlich die Er- fnhrung. Und die ist schließlich auch im Buchhandel, der doch im Grunde bei allem, was jeder Bessere unter uns fühlt, ein auf Erwerb gerichtetes Geschäft ist, entscheidender als schäumende, von Erlebnissen unbeschwerte Begeisterung. Und dann noch etwas von dieser Erörterung nicht allzu Ent ferntes: Wohl jeder, der — wie der Schreiber dieses — regel mäßig in den letzten Jahren die Kantateversammlung besucht hat, muß mit Bedauern, ja mit einer gewissen Beschämung konsta tieren, daß es in diesen Versammlungen, die doch von Männern besucht werden, deren Intelligenz im Durchschnitt weit höher ist als die in Volksversammlungen herrschende, in einer gewissen Beziehung ebenso kritiklos zngeht. Ich meine den Erfolg, den Redner einheimsen, nur weil sie gut zu sprechen verstehen. Ehr lichkeit in einer Sache und Schönheit in der Form Vereinen sich selten genug — Ausnahmen gibt es natürlich, und auch im Buch handel. Wir Alten haben noch Bismarck sprechen und heftig mit dem Ausdruck ringen hören. Es sollte uns also im Gegenteil starkes Mißtrauen gegen den guten Redner erfüllen, und es sollte ihm nicht, bloß weil er sich schön und fließend ausdrückt, unter den Bildnissen berühmter Kollegen, von denen manche, wie man weiß, herzlich schlecht gesprochen und doch Großes ge leistet haben, zugejubelt werden. Das ästhetische Vergnügen an einer hinreißenden Rede braucht man sich nicht rauben zu lassen, aber nicht erst am nächsten Tage sollte die Ernüchterung kommen, sondern die Kritik sollte schon vor dem Händeklatschen eingreifen. Gewiß wird auch durch die beste Rede eines Verlegers ein Sor timenter nicht zu einer andern Stellungnahme dem Kurialsystem gegenüber bewogen werden. Aber allzu leicht wird man sich durch geschicktes Verkleinern und Vergrößeren eines Sprachgewaliigen verleiten lassen, Gegengründe, die vielleicht beachtlich sind und die zum mindesten zu einer Konzession an den Gegner Ver anlassung geben könnten, als nicht berücksichtigenswert anzu sehen. Und der Sache wäre dann schlecht gedient. Jedenfalls- bedenke man: Die Redemittel heiligen nicht den Zweck. Das Osfertenwesen im Börsenblatt liegt beträchtlich im argen. Schon die periodisch wiederkehren den Klagen, daß Gesuche antiquarischer Werke, die im Börsenblatt eingerückt worden sind, von den Lesern wenig beachtet werden, beweisen dies, ebenso die täg liche Erfahrung des Inserenten. Es geht dies soweit, daß man wenig damit rechnen kann (wenn es sich eben nicht um eine gewisse Art von Literatur wie Meyers Konversations-Lexikon oder Brehms Tierleben handelt), Angebote zu erhalten. Gesuche würden sich meines Erachtens also kaum lohnen, wenn sie nicht einen Vorteil hätten, nämlich den, daß durch deren beständige Wiederholung die Spezialität der suchenden Firma schließlich allgemeiner bekannt wird und ihr dann auch Angebote gemacht werden, wenn ein Antiquar oder ein Sortimenter Bücher dieser Richtung erwirbt, die er nicht selbst zu behalten wünscht. Es scheint also, daß die Anzeigen nur von ganz wenigen Buch händlern gelesen werden. Ich halte dies für ein Unrecht. Daß sich das Offerieren im allgemeinen lohnen muß, beweist z. B. das außerordentliche Emporblühen und der enorme Umfang des wöchentlich erscheinenden englischen Gesuchblattes, der »Clique», wenngleich ja zugegeben werden muß, daß der Vorrat verkäuf licher antiquarischer Bücher in England erheblich größer ist als bei uns. Die letzte vorliegende Nummer — noch dazu bloß ein Sommer-Heft — hat Gesuche von etwa 3lX>(> Werken! Es ist bedauerlich und meines Erachtens ein Beweis der mangelnden Initiative unserer antiquarischen Organisationen, daß sie nicht schon längst ein ähnliches Blatt gegründet haben, das sicher lebensfähig wäre, zumal da es ja auch sonst den Interessen des Antiquariats dienen könnte. Dieses Blatt brauchte in keiner Weise eine Konkurrenz zum Börsenblatt zu sein und ihm in keiner Weise zu schaden, insbesondere da es doch bloß an Anti quare ginge. Ich glaube nicht, daß ich — existierte ein solches Blatt') — auch nur eine Zeile eines Gesuchs in dem täglich er- scheinenden Börsenblatt unterlassen würde, zumal ja eben be- dauerlicherweise aus den eingehenden Offerten hervorgeht, daß die Gesuche von reinen Antiquaren recht wenig beachtet werden, sondern eher noch von Sortimentern, die gelegentlich antiqua rische Bücher erhalten, und weiter noch von kleineren Antiquaren. Die für die Durchsicht der Gesuche und Offerten im Börsenblatt ') Wöchentliche Gcsuchblätter sind in be» letzten Jahrzehnten auch bei uns schon öfter gegründet worden, sind aber immer nach kurzem Bestehen wieder eingegangcn, weil sie nicht aus ihre Kosten kamen. Red. ISIS
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