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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1924
- Strukturtyp
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- 1924-08-08
- Erscheinungsdatum
- 08.08.1924
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- Deutsch
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103' 6dörserülatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. 185, 8, August 1924. Börsenblatt nicht messen kann, vorteilhaft von dem letzteren ab, wenigstens wie es noch bis vor kurzem gewesen ist. — Soll man nun nach Paris gehen und kann man hingehen? Es wird Wohl kaum einen Deutschfllhlcnden geben, der nicht mit einem Gefühl der Abneigung die Grenze überschreitet. Ich möchte gleich her vorheben, daß während der Dauer des Pariser Aufenthaltes durch die Fülle der großartigsten Eindrücke, nicht zum geringsten aber auch durch die Liebenswürdigkeit der Bewohner, dieses Ge fühl — vielleicht gegen den eigenen Wunsch — stark zurückge drängt wird. Äußerliche Anzeichen von Deutschenfeindschaft sind nicht zu merken, äußern sich auch nicht, soweit meine Erfah rung reicht, im geschäftlichen Verkehr. In einem großen Waren hause ist ein Anschlag, in welchem für alle möglichen Spra chen Dolmetscher für den Einkauf zur Verfügung gestellt werden; auch deutsche werden angeboten, wenngleich charak teristischerweise an letzter Stelle, hinter den Sprachen aller übrigen Völkerschaften. Der Kuriosität halber will ich betnerken, daß ich in einem Fenster in der Nähe des Pantheon die Notiz gefunden habe: »Man spricht elsüssisch-. Der Fremde, der nicht perfekt französisch spricht, wird, zumal da Deutsche jetzt wenig in Paris zu weilen scheinen, für einen Engländer oder Ameri kaner gehalten und, da immer noch eine außerordentliche Dank barkeit gegen diese Nationen das französische Volk zu beherr schen scheint, mit großer Liebenswürdigkeit behandelt. Ich habe im übrigen — ich war nicht allein — auf der Straße und auch mitten in der Menge, z. B. bei Volksfesten in Versailles und ähn lichem, immer deutsch gesprochen, natürlich nicht mit sehr erhobe ner Stimme, und bin der Ansicht, daß es gefährlicher ist, in gewissen Städten in Deutschland französisch, als in Paris deutsch zu sprechen. (Auf welcher Seite die größere Berechtigung zu einer Animosität ist, also zu einer Ablehnung der fremden Sprache, kann natürlich an dieser Stelle nicht erörtert werden.) Da, wie ich schon in meinem letzten Artikel ausführlich erörtert habe, es unser uns aufgezwungener Wunsch für absehbare Zeit bleiben muß, unfern Export auf.ein denkbar hohes Maß zu stei gern, halte ich es durchaus sür erlaubt, in das Land der Feinde zu gehen, wenn man imstande ist, billige Einkäufe daselbst für vorteilhafte Geschäfte, die also unsere Ausfuhr steigern, nach dem andern Auslande verwerten zu können. Und das ist — wie ich schon andeutcte — für den deutschen Antiquar immer noch mög lich. Selbst ich in meiner abseitigen und in Paris wenig gepfleg ten Spezialität konnte schließlich einen genügenden Erfolg er reichen. Daß durch den Aufenthalt von Deutschen in Paris den Franzosen Geld zuflietzt, muß meiner Ansicht nach in Kauf genommen werden. Was übrigens die Kosten des Aufenthalts anbetrifft, so kann man für Fr. 30.— täglich bet nicht hochge spannten Lebensbedürfnissen existieren. Gewisse Ausgaben, z. B. für Wein, eine große Zahl von Lebensmitteln, für Autos sind lächerlich gering, und auch die Preise für Theater sind erheblich unter denen, die in Berlin bezahlt werden müssen. Geschickte Werbetätigkeit. — Als ein Musterbei spiel, wie Reklame gemacht werden mutz, gilt mir die Druckseite, welche die Firma F. A. Brockhaus bezüglich ihres »Handbuchs des Wissens- (Konversationslexikon) vor einigen Monaten her gestellt und verbreitet hat. Auf dieser Seite werden die Preise ausgezählt, die Fleisch, Schokolade, Kaffee, Anzug, Schuhe, Straßenbahnfahrt und Fernbrief erreicht hatten bei Erscheinen des vorigen Bandes, und diejenigen, die beim Erscheinen des letzten Bandes, dem die Reklame galt, walteten, sodaß aus den ersten Blick ersichtlich sein mußte, um wieviel weniger dieser Band im Verhältnis zu dem vorigen im Preise gestiegen ist als Lebensmittel usw. Es muß übrigens — das kann nicht oft genug gesagt werden — b'ei jeder Reklame ebenso wie übrigens auch bei Bildern, die Werbemittel sein sollen, darauf geachtet werden, daß möglichst wenig Worte gebraucht werden. Es muß ein derartiger Prospekt, bevor er zum Druck geht, immer wieder daraufhin geprüft werden, nicht ob noch etwas hinzuzusetzen wäre, sondern ob nicht lieber ein Wort oder Satz, der etwas fast Selbstverständliches sagt, weggelassen werden könnte. Kein Empfänger einer solchen Mitteilung, der nicht ein ganz beson deres Interesse hat, liest lange Mitteilungen oder vertieft sich in die Entzifferung eines mit zu viel Text versehenen Bildes. Die Reinigung des Börsenblatts, deren Not wendigkeit schon oben angedeutet war, scheint auf Grund des in der Hauptversammlung d. I. gefaßten Beschlusses durchgeführt zu werden. Hoffentlich bleibt sie beständig. Seit Jahrzehnten ist sie immer und immer wieder in den Kantate-Versammlungen und in den Spalten des Börsenblatts angeregt worden. Ich bin nicht genügend unterrichtet, um zu wissen, ob die bisherigen »Be stimmungen über die Verwaltung des Börsenblattes- eine ge nügende Handhabe bieten, um wirksam einzuschreiten; und ob, falls dies nicht der Fall ist, diese geändert werden können, ohne irgendwelchen unverletzlichen Rechten von Mitgliedern zu scha den. Jedenfalls ohne ein resolutes Zugreisen geht es nicht, und eine gewisse Zaghaftigkeit, die wenigstens in früheren Jahren bei den entscheidenden Instanzen zu bemerken war, mutz über wunden werden. Wenn also eine Änderung der »Bestimmungen über die Verwaltung des Börsenblattes- nötig sein sollte, was ich ja aber nicht glauben möchte, so ist die Ausgabe zu wichtig, um diese Änderung etwa zu unterlassen. Es handelt sich nicht um das Gesicht des Börsenblattes, das in der letzten Kantate versammlung ein begeisterter Redner lobte, es handelt sich um andere Körperteile, die in dem Blatte abgebildet werden. Wir wissen, wie schwierig es gerade in solchen Sittlichkeiisfragen ist — ich erinnere nur an die unendlichen Kontroversen um die Fas sung des berühmten »Heinze--Paragraphen des Strafgesetzbuches —, einen festen Standpunkt zu finden, von dem aus man ab lehnen oder erlauben kann. Aber ganz braucht ein solcher meines Erachtens nicht zu fehlen. Der Ausschuß könnte z. B. bestimmen; Sämtliche Abbildungen, die ganz oder halb entkleidete weibliche Körper darstellen, sind von der Veröffent lichung durch das Börsenblatt auszuschließen. Erlaubt sollen nur solche Bilder klassischer oder derjenigen modernen Kunst sein, die allgemein höchste Anerkennung und Verbreitung ge nießen, aber auch nur dann, wenn ein organischer Zusammen hang zwischen ihnen und dem Text besteht, also z. B. bei einer Anzeige eines Tafelwerkes über die Florentinischen Uffizien. Es wird aber kein Romanverleger als Reklame die klassische »Lcda mit dem Schwan- benutzen dürfen. Des weiteren könnte — schon schwieriger — ein Verzeichnis der Ausdrücke aufgestellt werden, die vermieden werden müssen. (?! Red.) Und dann bleibe man fest und lasse sich nicht durch das.Geschrei der — im übrigen an Zahl kleinen und mit geringen Ausnahmen an Bedeutung nicht hohen — Firmen schrecken, die ihre heiligsten Güter verletzt wäh nen. überhaupt würde es sür unsere geistige Entwicklung und auch für die des Buchhandels nicht übel sein, wenn — das Vor bild der Geusen nachahmend — ein Zusammenschluß vernünftig denkender Männer und Frauen erzielt werden könnte, der sich die »Philister- nennt. Bewußt so nennt, ohne, wie es üblich ist, sich immer noch zu entschuldigen, daß man ja vollkommen frei denke usw., daß aber usw. Auch ich schreibe dies aus vollem Herzen und habe doch eben mit Vergnügen den Roman von Margueritte, »Gareonne«, gelesen, der augenblicklich vielleicht der größte buchhändlerische Erfolg in Frankreich ist und dessent wegen der Autor von einer hochgeachteten Körperschaft ausge schlossen wurde (in einem Artikel in der »Vossischen Zeitung-, von vr. Grautosf, der auch sonst manches Interessante über den französischen Buchhandel bringt, wird die Verbreitungszahl dieses Romans auf eine Viertelmillion geschätzt). Aber ich halte es nicht für notwendig, daß er ins Deutsche übersetzt worden ist, in welcher Sprache bekanntlich nun einmal die Schlüpfrigkeit all zu leicht grob wird. Aber jenes Denken, das eine Menge allzu Junger, allzu Interessierter und allzu wenig Kritischer verächt lich philisterhaft nennt, kann auch der Erkenntnis entspringen, Laß die unveränderlichen Naturgesetze, unter welchen die Mensch heit und vor allem die Gesellschaft in Kulturstaaten leben muß, durchaus nicht geniale und himmelstürmende sind, sondern höchst philisterhafte. Man kann nun einmal der Natur oder der Umwelt, oder unter welchem Namen man sonst die Faktoren zusammen saßt, von denen wir unentrinnbar abhängen, den Vorwurf nicht ersparen, daß sie ohne jeden Schwung, ohne jeden Sinn für das Höhere, nur nach Nützlichkeit strebend, also mit einem Wort höchst philisterhaft sind.
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