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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.08.1924
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- 1924-08-08
- Erscheinungsdatum
- 08.08.1924
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W 185, 8. August 1924. Redaktionell«! Teil. «Srs-Ndlatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 10338 Redaktioneller Teil. «Sir. 126.) Ereignisse und Meinungen. Von vr. W. Junk. VI. lV s. Bbl. Rr. 111.) Pariser Eindrücke. — Geschickte Werbetätig keit. — Reinigung des Börsenblatts. — Unser Jungbuchhandel. — Offertenwesen im Börsenblatt. Pariser Eindrücke. — Mit großem Interesse wird ^ Wohl jeder die Ausführungen des Herrn vr. Grautosf im Bbl. Nr. 139 gelesen haben. Ich möchte auch meinerseits kurz meine Pariser Erfahrungen, die ich kürzlich gelegentlich eines mehrwöchigen Aufenthalts dort gemacht habe und die sich buchhändlerisch in einer andern Richtung bewegen, Mitteilen.! Ich bin mir dabei bewußt, daß ein Bericht über einen derartigen, > immerhin kurzen Aufenthalt von der Gefahr der Flüchtigkeit be droht wird, der ja jener amerikanische Reiseschriftsteller zum Opfer gefallen ist, der bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Barcelona am Bahnhof zufällig zwei Bucklige sieht und deshalb! in sein Tagebuch schreibt: »In Barcelona gibt es viele Bucklige«. ^ Immerhin mag aber ein selbst nicht fehlerfreier und subjektiver Bericht eines alten Fachmanns von Interesse sein. Ich beab sichtigte, in Paris hauptsächlich antiquarische Bücher meiner Spezialität auszukaufen, und bin nun allerdings einige Monate zu spät gekommen, da bekanntlich die Franzosen viel schneller^ als wir durch Erhöhung ihrer Preise der Entwertung ihres Gel des zu begegnen verstanden. Jene deutschen Antiquare, die unmittelbar nach dem Frankensturz in Parxs gekauft haben, wer-! den sicher sehr gute Geschäfte gemacht haben, allerdings bei der! inzwischen bei uns eingetretenen Geldkalamität zum Teil noch auf ihren billig erworbenen Schätzen sitzen. (Schon die Zahl der plötzlich auf den Berliner Bücherkarren und in Auslagefenstern! austauchenden französischen Bücher läßt daraus schließen.) Mein Hauptaugenmerk war auf die Bouquinisten gerichtet, deren Hun derte von Bücherkästen sich an dem linken Ufer der Seine, ange-! fangen (exclusive) von dem für uns Deutsche so wichtigen Quai! dDrsay, bis zum Jardin des Plantes erstrecken. Ich hatte zwar vor langen Jahren bereits bezüglich der Einkaussmöglichkeiten bei diesen Händlern Enttäuschungen erlebt, glaubte aber, daß unter den jetzigen veränderten Verhältnissen manches dort zu holen wäre. Aber auch dieses Mal wurden meine Hoffnungen in keiner Weise erfüllt. Was sich in dieser unabsehbaren Reihe von Kästen verbirgt, ist ein ganz sonderbares Sammelsurium von Büchern, von-denen aber nur ein ganz geringer Teil den wissen schaftlichen Antiquar interessiert, und in denen ich — nebenbei bemerkt — so gut wie nichts für meine Spezialität gefunden habe. In der Hauptsache ist es bloß belletristische und populäre Literatur. Daneben Lehrbücher in alten Auflagen, die jeder deutsche Antiquar in die Makulatur werfen würde, die aber bei dem offenbar stark gestiegenen Lese- und Bildungsbedürfnis auch der einfachen Leute in Paris ihre Abnehmer zu sinden scheinen, ebenso wie übrigens auch die große Menge der einzelnen Zeit- schriften-Nummern, die — wie fast alles Angebotene — zu lächer lich geringen Preisen von diesen in ihren Lebensbedürfnissen so überaus genügsamen Bouquinisten verkauft werden. Zwischen durch befinden sich in vielen Kästen7 ebenfalls zu sehr niedrigem Preise, in hübschen Maroquin- oder Lederband gebundene Oktav bände aus dem 17. und 48. Jahrhundert geschichtlichen Inhalts, Memoirenwerke, Belletristisches, und ihre Fülle ist ein Beweis für die alte Kultur der Stadt, deren Zauber jeder erliegt, auch wenn er noch so widerstrebenden Geistes in Paris weilt. Ich glaube, daß für Kenner dieser Literatur, eben da die Preise so gering sind, bei den Bouquinisten noch viel zu kaufen wäre. Eines ist jedenfalls sicher: der Berliner Bücherkarren, der in der ersten Zeit seiner Existenz manche Möglichkeit für günstige Einkäufe geboten hat, kann sich heute, wo er fast ausschließlich neue Bücher enthält, nicht entfernt an Bedeutung für den Bücherfreund mit dem Kasten des Pariser Bouquinisten messen. Die Unbekümmertheit, mit welcher die sich ganz im Hintergrund haltenden und in keiner Weise animierenden Händler die Besucher in ihren Schätzen unendlich lange blättern und wühlen lassen, ist für uns Deutsche, die durch die gesunkene Volksmoral so außer ordentlich mißtrauisch werden mußten, auffallend und beschä mend. Sogar Münzenhandlungen, die sich zwischendurch befin den, lassen ruhig jeden Vorüberkommenden in ihren Schätzen wühltn. Wie sehr — vom nichlkaufmännischen Standpunkt ge sehen — dieses Bild der bunten buchhändlerischen Auslagekästen an der sonnenbeschienenen Seine anziehend ist, brauche ich nicht zu sagen. Häufig genug haben ja die Bouquinisten schon dem Maler als Vorlage gedient. Und diese Berufsgruppe hat noch ein anderes großes Verdienst: AnatoleFrance, der größte französische Schriftsteller unserer Zeit und einer der größten jetzt lebenden überhaupt — überdies ein Feind des Chauvinis mus —, ist ja bekanntlich der Sohn eines Bouquinisten namens Thibaut, war übrigens auch, ebenso wie Zola, in seiner Jugend Buchhandlungsgehilfe. Gegenüber von diesen Buchkästen sind, also ebenfalls auf den die Seine begrenzenden Quais, viele Läden von Antiquaren, deren gewählteres Lager aber immerhin klein ist und fast ausschließlich ebenfalls nicht streng wissenschaft- licheLiteratur enthält. Letztere ist in derHauptsache in den Antiqua riaten, die sich fast sämtlich auch auf dem linken Ufer der Seine in der Nähe der Bildungsanstalten (z. B. der Sorbonne, der Lcois rwL 8eaax-Lots) befinden und die in der Hauptsache der Nachbar schaft entsprechende Literatur führen. Auch diese haben zum großen Teil vor ihren Türen Kästen mit Büchern, in denen man ungestört suchen kann. Ein derartiges freiheitliches System, das jedem Besucher die Möglichkeit gibt, ohne Nötigung irgend etwas ihm interessant Scheinendes zu finden, wäre auch in Deutschland (unter den leider bei uns nötigen Kautelen) ein Vorteil und würde vielleicht dem bisher recht vergeblich angestrebten Ziele dienen, auch andere Bevölkerungsgruppen, die bisher fern stehen, in den Laden des Buchhändlers zu locken. IGelegentlich einer län geren Unterredung, die ich jüngst mit dem Reichspräsidenten haben durfte und in deren Verlaufe auch der Buchhandel von ihm berührt wurde, war es gerade dieser Pariser Modus der Unge- niertheit im Buchladen, der Herrn Ebert besonders interessierte. Nebenbei bemerkt zeigte er sich auch sonst mit den Verhältnissen in unserem Stande recht vertraut.) Ganz überraschend ist für jeden Fremden die enorme Zahl von Antiquariaten in Paris, ebenso wie übrigens auch die von Antiquitäten-Geschäften. Na türlich sind diese in der Mehrzahl kleineren Umfanges, aber auch in dem kleinsten Laden sieht man viele hübsch gebundene Bände aus früheren Jahrhunderten. Deutsche Bücher sind nirgendwo zu sehen. Ich erinnere mich nur, in der Nähe der Sorbonne ein mehrbändiges deutsches technisches Werk gesehen zu haben, ab gesehen natürlich von den wertlosen deutschen Büchern, die hin und wieder in den Kästen der Bouquinisten zu finden sind. Hin gegen ist englische Literatur, auch in rein französischen Buchhand lungen, häufig genug im Auslagefenster. Der Preis des neuen französischen Romans und entsprechend der ähnlicher Werke scheint mir von den traditionellen Francs 3,50 auf Francs 7,50 gestiegen zu sein. Da nun der französische Goldfranc von 1914 heute etwa 4 Papierfranken entspricht und auch diesen Kauswert hat, so könnte man daraus ermessen, um wieviel billiger das französische belletristische Werk geworden ist, und wie gefährlich also seine Konkurrenz für das deutsche Buch gleichen Inhalts. Auffällig ist für jeden, der mit Paris einen gewissen Begriff ver bindet (dessen Richtigkeit im übrigen eine Zahl anderer Begleit erscheinungen des täglichen Lebens beweist), das Fehlen der lasziven Literatur, übrigens sticht diesbezüglich auch das fran zösische offizielle Buchhändlerblatt, das sich ja sonst mit dem 1312«
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