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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1897
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- Erscheinungsdatum
- 16.03.1897
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- Deutsch
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verdanken. Bergstraeßer war Meister in der Kunst der Menschenbehandlung: vermöge seiner hohen Begabung hat er ausgezeichnete Dienste geleistet, von allen war er geehrt und anerkannt als Kraft ersten Ranges, jedem von uns war er ein lieber Freund geworden. Er verstand jeden zu fesseln, und bis in die letzten Tage hinein hat er die alten Beziehungen zu uns aufrecht erhalten; seine geniale Energie, seine ganze hervorragende Persönlichkeit wird uns unvergessen bleiben.« Eine natürliche Folge von Bergstraeßers öffentlicher Thätigkeit war seine iviederholte Wahl in die zweite Kammer der hessischen Landstände: zum erstenmal für den Wahl kreis Höchst, das zweite Mal für die Stadt Darmstadt. Als er im Laufe seiner Krankheit im vorigen Jahr sich ge zwungen sah, sein Amt niederzulegen, erregte sein Rücktritt allgemeines Bedauern; seine vielseitige Thätigkeit, sein großer Blick auf das Ganze, seine liebenswürdige und rücksichtsvolle Behandlung der Gegensätze wurde damals schon, im September vorigen Jahres gerühmt; es wurde auf sein Wirken für die polytechnische Hochschule in Darmstadt, für die Universität in Gießen, für die Besserung der Lage der Lehrer und der Beamten überhaupt hmgcwiesen; es wurde gesagt: »iverg- straeßer weiß, was Arbeit heißt; er ehrt die Arbeit und will sie auch belohnt sehen.« Er gehörte als Landstand dem an strengendsten Ausschuß, dem Finanzausschuß, an, und seine fruchtbringende Thätigkeit in UnterrichlSangelegenheiten bleibt unvergessen. Aber auch diese Thätigkeit für sein engeres Vaterland genügte dem Thätigkeitsdrange Arnold Bergstraeßers noch immer nicht; denn gleiche unermüdliche Wirksamkeit ent wickelte er auch als Stadtverordneter, und wieder wüßten wir nichts Besseres und Schöneres zu sagen, als was Herr Oberbürgermeister Morneweg an seinem Grabe sprach: Die Stadt sei erfüllt mit tiefer, aufrichtiger Trauer; verliere sie doch einen vorzüglichen Berater und einen ihrer besten Bürger. Bergstraeßer habe zu den besten Männern gehört; ausgeslattet mit ausgezeichneten Gaben des Geistes und des Herzens, mit umfangreichen Kenntnissen, mit praktischem Idealismus, einer glänzenden Beredsamkeit. »Er hatte für alles Zeit, für alles Verständnis. Im privaten Leben, für Staat und Stadt hat er seine Kräfte eingesetzt, auf den verschiedensten Gebieten hat er als Mit glied der Stadiverordnetenversammlung, als Landtags- abgeordncler und als Mensch Ersprießliches geleistet, reiche gesegnete Arbeit vollzogen. Unauslöschlichen Dunk, Hoch achtung und Liebe müssen wir ihm zollen; ist doch der Aufschwung Darmstadts in den letzten Jahrzehnten wesentlich seiner Mitwirkung zu verdanken; sein Wirken um die Ent wickelung des Schulwesens ist mit glänzenden Lettern in die Geschichte unserer Stadt eingetragen.« In allen Darmstädter Blättern, auch in dem Nachruf des Rektors der technischen Hochschule, wird immer wieder auf die Verdienste hingewiesen, die sich Bergstraeßer um die Gründung der technischen Hochschule erworben hat. Die früher in Darmstadt bestandene technische Schule zeitigte so geringe Erfolge, daß man daran dachte, sie ganz auf zulösen Bergstraeßer war aber der Meinung, daß eine der artige Schule sich bei den gesteigerten Anforderungen der Jetztzeit nur dann voll entwickeln könne, wenn ihr reich lichere Mittel zu teil und ihr höhere Ziele gesteckt würden. Hierfür trat er mit seiner überzeugenden Beredsamkeit bei den Landständen und bei der städtischen Verwaltung ein und drang mit seinen Plänen überall erfolgreich durch; die absterbende technische Schule wurde in eine höhere akademische Anstalt umgewandelt, und die Darmstädler polytechnische Hoch schule hat voll erfüllt, was von ihr erwartet wurde. Die reicheren Mittel, die Einrichtungen des neuen Hauses und die herangezogenen tüchtigen Lehrkräfte haben sie zu einer hohen Blüte gebracht, und ihr Ruf und ihr Ansehen verbreitete sich iveithin. Darmstadt hat cs nicht vergessen, welche Verdienste sich Bergstraeßer dabei erworben hat. Des Vaterlandes Größe und Herrlichkeit begeisterte ihn von früher Jugend an und hielt ihn in ihrem Zauberbanne während seines ganzen Lebens gefangen, ja noch einen Tag vor seinem Tode forderte er seine beiden Pfleger auf, ein Glas Wein mit ihm auf das Wohl des deutschen Vaterlandes zu trinken. Daß ein solcher Mann mit solchen Verdiensten um das allgemeine Wohl auch von hohen und höchsten Stellen an erkannt wurde, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. Bergstraeßer war früh verwaist; seinen Vater verlor er im sechsten und die Mutter im sechzehnten Lebensjahre. Der schwerste und härteste Tag seines Lebens wird aber der ge wesen sein, der ihm 188« das einzige Kind, einen sechzehn jährigen hochbegabten Sohn raubte. Im Jahre 1893 folgte dem Sohne die Mutter, eine fein gebildete, verständige und wohlthätige Frau, die an den Bestrebungen ihres Mannes regen Anteil genommen hatte. Mit ihr verlor Bergstraeßer em Heim voller Anregung für Gemüt und Geist, dessen er bei seiner umfassenden Thätigkeit im eigenen Berufe und im öffentlichen Leben bedurfte. Die ihm Nahestehenden begrüßten es deshalb mit Freuden, als Bergstraeßer nach einigen Jahren sich entschloß, das ver lorene Glück in einer zweiten Ehe wieder zu suchen. Er fand es auch, und das Maß seines Glückes, das leider nur von kurzer Dauer sein sollte, erreichte seinen Höhepunkt in der Geburt eines Sohnes. Zugleich aber wurde Bergstraeßer von der tückischen Krankheit befallen, die ihn langsam und quälend dem Tode zuführte. Er hat sich in voller Manneskraft losreißen müssen von seinem jungen Glück, das er sich nach längerer Verein samung kaum geschaffen hatte, von seinem zarten Söhnchen und seiner jungen blühenden Frau, die ihm das so außer ordentlich qualvolle allmähliche Hinsterben mit aufopferungs vollster Liebe und Hingebung erleichterte; er hat sich losreißen müssen von einem so schön entwickelten Geschäft und von allem, was ihm das Leben sonst in so reicher Fülle bot. Bergstraeßer war von großem und weitem Sinne. Er war nicht auf der Scholle geblieben und verknöcherte nicht im Militärleben des kleinen Staates. Begabt mit Hellem Geiste, schwungvoll für das Große und Bedeutende angelegt, aus kleinen Verhältnissen heroorgegangen, in vielfachen Kämpfen im Leben gestählt und manche Widerstände mit zäher Kraft überwindend, entwickelte er ein ungewöhnliches Maß von geistiger Arbeitskraft auf den verschiedensten Ge bieten. Er verstand es, die Verhältnisse sich dienstbar zu machen, die Menschen in ihrem Werte zu erkennen und mit ihnen zu arbeiten. Ein reiches Lebenswerk liegt hinter diesem, mit hervor ragenden Eigenschaften des Charakters, Geistes und Herzens ausgestatteten Manne. Voll strengen Pflichtgefühls, sich selbst gegenüber hart, mild und versöhnend gegen andere, me verletzend, noch verhetzend, immer das Wesentliche im Auge behaltend und dann die volle Kraft einsetzend, ruhelos thätig in seinem Berufe, wie in den Werken des öffentlichen Lebens, in politischer, sozialer und wirtschaftlicher Beziehung — so steht er vor uns. Wie wir gelegentlich der Feier seines fünfundzwanzig jährigen Geschäftsjubiläums unsere Glückwünsche schlossen, so wollen wir auch diesen Nachruf schließen mit den Worten: Lob und Preis dem Manne, dem die Arbeit Freude bot und bei dem die Ehre eine Heimat fand.
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