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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.07.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-07-11
- Erscheinungsdatum
- 11.07.1911
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- Deutsch
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158, 11. Juli 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. 8137 zwei besonders krasse erwähnen: Die englische Übersetzung von: »Bloch, Das Sexualleben unserer Zeit« ist zwar dem Original vor-, statt nachgesetzt, dafür aber als ihr Umfang 21 Seiten angegeben. Es ist natürlich wie das Original ein starker Band von mehreren hundert Seiten, der 21 Schilling kostet.*) Alles in allem glauben wir, daß das Verzeichnis weder der Bedeutung der internationalen Hygiene-Ausstellung, noch der Zeit schrift, der es entnommen ist und die doch auf ihrem Gebiete eine führende Rolle spielen will, noch endlich der hochangesehenen Verlagshandlung vollkommen entspricht. 2. Kleine Mitteilungen. Schweden und die Bereinigte» Staaten von Amerika. Gegenseitiger Schutz des literarischen und künstlerischen Eigentums. — Nach einer Bekanntmachung des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vom 26.Mai 1911 sollen schwedische Untertanen in den Genuß der in der Kongreßakte vom 4. März 1909 festgestellten Vergünstigungen hinsichtlich des Schutzes des literarischen und künstlerischen Eigentums, mit Ausnahme des Schutzes für mechanische Reproduktionen musikalischer Arbeiten, treten. Zufolge einer schwedischen Bekanntmachung von demselben Tage sollen die Bestimmungen der Gesetze vom 10. August 1877 über den Schutz des literarischen Eigentums sowie vom 28. Mai 1897 über das Recht der Nachbildung von Kunstwerken und der Wiedergabe photographischer Bilder auch für Schriften. Kunst werke und photographische Bilder ausländischer Untertanen gelten, die zuerst in den Vereinigten Staaten herausgegeben sind, sowie für nicht herausgegebene derartige Arbeiten amerikanischer Unter tanen; der Schutz des schwedischen Gesetzes wird jedoch nur dann gewährt, wenn die Arbeit nach dem Gesetze der Vereinigten Staaten Schutz genießt. Die beiden Bekanntmachungen sind am 1. Juni d. I. in Kraft getreten. (Aus den im Reichsamt des Innern zusammen gestellten »Nachrichten für Handel und Industrie«.) Ursprungszeugnisse im Verkehr nach Portugal. — Bis her war die Beifügung von Ursprungszeugnissen für die nach Portugal bestimmten Waren nicht erforderlich. Nachdem jedoch inzwischen Portugal mit verschiedenen Staaten Tarifverträge ab geschlossen hat, verlangen die portugiesischen Zollämter bei solchen Waren, für die nach den Verträgen eine Zollermäßigung be ansprucht wird, die Vorlage von Ursprungsattesten. Diese können von den Handelskammern ausgestellt werden, bedürfen aber der Beglaubigung durch das portugiesische Konsulat. Verhängen der Schaufenster während des Sonntags- Gottesdienstes. — Der Zentralausschuß Berliner kaufmännischer, gewerblicher und industrieller Vereine hat an den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg eine Eingabe gerichtet, in der um Aufhebung des Zwanges zur Verhängung der Schaufenster an den Sonntagen während der Kirchstunden von 10 bis 12 Uhr gebeten wird. Prozeß vr. Semerau in München. — In dem Prozesse gegen den Schriftsteller Vr. Alfred Semerau, über den wir bereits in den Münchener Briefen in Nr. 132 berichteten, wurde am 7. Juli das Urteil gefällt. Der Angeklagte wurde wegen Ver gehens gegen die Sittlichkeit, verübt durch die Presse, zu acht Monaten Gefängnis verurteilt, von denen ein Monat durch die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt angerechnet wurde; außer dem wurde auf Einziehung und Vernichtung der beschlagnahmten Werke erkannt. Ein Gesuch vr. Semeraus auf Haftenlassung wurde abgelehnt. Der Anklage lag folgender Tatbestand zu grunde: Im Jahre 1907 taten sich vr. Semerau und *) Auf dem Umschlag ist die Sammlung von Schriften, die die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrank, heiten unter dem Titel »Flugschriften« herausgibt, genau und richtig der Reihenfolge der Hefte nach aufgeführt. Im Ver- zeichnis sind zwar die einzelnen Hefte mit Ausnahme der beiden letzten unter den Autornamen ausgenommen, aber den Titel der ganzen Sammlung sucht man vergeblich unter »Flugschriften«. Börsenblatt fiir dm Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgana. Marquis de Bayros zusammen, um ein Mappenwerk heraus zugeben, das den Titel: »Erzählungen am Toilettentisch« trug. Die Mappe enthielt 16 Bilder, die geeignet sein sollen, das Sitt lichkeitsgefühl in grober Weise zu verletzen. Der Polizei gelang es, ein Exemplar zu beschlagnahmen, worauf bei vr. Semerau, der als Verleger fungierte, etwa 20 Werke der französischen und italienischen Renaissanceliteratur, deren Übersetzungen gleichfalls in seinem Verlage erschienen waren, beschlagnahmt wurden. Das Verfahren wurde jedoch in den meisten Fällen wieder eingestellt. Aufrechterhalten wurde nur die Anklage wegen Verbreitung un züchtiger Schriften bei dem Buche »Liebesfrühling«, einer Über setzung aus dem Französischen zur Zeit des Rokoko, und den er wähnten »Erzählungen am Toilettentisch«. Die Vernehmung der Sachverständigen nahm am 6. Juli ihren Anfang mit der Abgabe des Gutachtens des Grafen Richard du Moulin- Eckardt: Ich erkenne absolut an, daß der Angeklagte vr. Semeran ein Kulturhistoriker ist, der ausgezeichnete Werke über die Kultur der Renaissance geschrieben hat. Es ist un verständlich, daß ein Schriftsteller von so gutem Geschmack wie vr. Semerau sich mit de Bayros verbinden konnte. Andrea de Nerciat ist allerdings ein obszöner Schriftsteller. Wenn der Angeklagte als Kulturhistoriker dessen Bücher in franzö sischer Sprache herausgegeben hätte, so hätte niemand etwas dagegen einzuwenden gehabt. Wenn ein Historiker etwas zu sagen hat, kann niemand ihn daran hindern. Aber der Angeklagte ist davon abgewichen. Er hat jede kritische Bemerkung unter lassen. Seine Ausgaben sind geheim veranstaltet worden. Aus der ganzen Art, wie diese Bücher herausgegeben wurden, läßt sich erkennen, daß sie nicht für das wissenschaftliche Publikum an sich geschrieben waren. Ich bin der Meinung, daß der deutsche Buchhandel durch solche Publikationen aufs schwerste geschädigt wird. Auf eine Frage des Verteidigers vr. Alsbergs-Berlin er widerte der Sachverständige, daß auch für Nurwissenschaftler die Bücher keinen Wert hätten, ebensowenig für Bibliophilen wegen der zu hohen Auflage. Sachverständiger Schriftsteller vr. Popp-München erblickt in den Büchern zweifellos kulturhistorisch wertvolle Schriften. Die Werke von de Nerciat muß der Kulturhistoriker kennen, denn sie sind höchst wichtige Quellenwerke. Aber natürlich sei es nicht zu billigen, daß solche Bücher in die breiten Massen gelangen. Sachverständiger Schriftsteller vr. Max Kemmerich glaubt auch, daß die Bücher kulturhistorisch einen großen Wert haben. Es ist bloß die Frage, ob der Kulturhistoriker eine Übersetzung überhaupt braucht. Es besteht natürlich keinerlei Interesse daran, daß diese Bücher ins Volk gelangen. Der von der Verteidigung geladene Sachverständige Privat dozent vr. Hans Kloerke erklärt, daß kein Bedürfnis zur Her ausgabe dieser Übersetzungen anerkannt werden könne. Es handele sich um Pornographika der stärksten Art, die geeignet sind, das moralische Gleichgewicht der Leser zu stören. Der nächste Sachverständige, der Chefredakteur der »Münch. N. Nachr.« und Vorsitzende des Landesverbandes der bayerischen Presse vr. Martin Mohr, spricht sich dahin aus, daß Schriftsteller und Künstler wie vr. Semerau und de Bayros, die sich fortwährend mit solchen Dingen beschäftigen, die Grenzen der Sittlichkeit überhaupt verlieren müssen. Die Illustrationen von de Bayros sind zweifellos nicht vom kulturhistorischen Standpunkt zu betrachten. Das Künstlerische ist lediglich Beiwerk, um die Schmutzereien dem Abnehmer- kreise schmackhaft zu machen. Diese Werke dürfen auch nicht nur kulturhistorisch gewürdigt werden, sondern auch in ihrer Wirkung auf die Gegenwart. Gerade daß vr. Semerau verheiratet ist und Kinder hat, muß schwer ins Gewicht fallen, denn bei dem Vertrieb derartiger Sachen mußte er mit der Möglichkeit rechnen, daß die Bücher auch in die Hände der Heranwachsenden Jugend gelangen und zu einer Überhitzung der Phantasie führen. Der Chefredakteur des »Bayrischen Kuriers« und Vorsitzende des Landesverbandes der katholischen Presse Osterhuber gab seiner Ansicht dahin Ausdruck, daß zur Beurteilung dieser Bücher überhaupt kein Sachverständiger notwendig sei. Ein Blick genüge, um zu erkennen, um was es sich handele. Man hänge derartigen Publikationen gern ein künstlerisches oder wissenschaftliches Mäntelchen um. Aber Kunst und Wissenschaft hätten es nicht 1067
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