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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.12.1900
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- 11.12.1900
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- Deutsch
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vom Jahre 1805, an, kann man Mm -einem wirklichen Buchhandel in Heidelberg sprechen. Jakob Christian Benjamin Mohr wurde am 9. Oktober 1778 zu Frankfurt a/M. geboren und trat fünfzehnjährig als Lehrling in die Va-rtmtrap und Wenncr'sche Buchhandlung dort ein, ging als Gehilfe zu erst nach Güttingen tu die hochberühmte Dieterichsche Buchhandlung und spät r nach Hamburg zu Hoffmaun L Campe. Göttingen und Hamburg waren damals zwei Hauptplätzc des Buchhandels, wie überhaupt Brenn punkte des geistigen Lebens. Die Eindrücke, die er empfing, boten dem strebsamen jungen Mann die grösttcn Anregungen, erweiterten seinen Ge sichtskreis und wirkten nachhaltig für sein ganzes Leben. In Hamburg schloß er auch Freundschaft mit seinem späteren Kompagnon Zimmer, der bei Perthes arbeitete. 1804 kehrte Mohr indes bereits nach Frankfurt zurück; der seinen Eltern befreundete Buchhändler August Hermann, welcher 1801 in Frankfurt die neben Mohrs Elternhaus gelegene Buch Handlung gegründet hatte, starb nach kurzen: Krankenlager und empfahl aus dem Sterbelager seine Frau und Tochter der Fürsorge des alten Mohr. WaS war natürlicher, als daß dieser das Geschäft durch seinen Sohn fortführcn ließ? Durch die Heirat mit der jungen Witwe Hermanns wurde er Frankfurter Bürger und erwarb nun das Geschäft zu eigen, das er bald sehr erweiterte. Vor allem dehnte er seine Thätigkeit auf die Pfalz und auf Heidelberg aus, wohin sein Vorgänger schon Verbindungen an geknüpft hatte. Gerade in jenen Jahren brach für Heidelberg eine neue Blüte heran, tüchtige Lehrkräfte waren dorthin berufen, ein frisches Leben er blühte, Männer, wie Creuzer, Daub, Thibaut, Mai u. a. waren das belebende Element. Mit diesen hervorragenden Geistern trat Mohr bald in Beziehung. Von Daub und Creuzer herausgegebeu, erschienen bei Mohr -Die Studien-, eine periodische Zeitschrift, die, wie das Programm lautete, -für solche Leser bestimmt war, die, nicht unbekannt mit dem . Ernst des Denkend, das ernstlich Gebotene ohne Vorurteil aufuehmeu und den Sinn für eine Poesie, die das Ewige in der Idee zu symbolisieren vermag, nicht für unvereinbar halten mit den würdigsten Bestrebungen in der Wissenschaft.« Einen wie großen Einfluß diese Blätter auf die größten Geister der Zeit auSgeübt haben, bestätigen Goethes Worte: -An dem höheren Sittlich-Religiösen teilzunehmcn, riefen mich die Studien von Daub und Creuzer auf.» Die Versorgung der litterarischen Bedürfnisse der wissenschaftlichen Kreise Heidelbergs von Frankfurt aus, genügte bald in der bisherigen Form nicht mehr, und die mit Mohr in Beziehung stehenden Professoren drangen in ihn, eine wirkliche Buchhandlung in Heidelberg zu errichten. Die Regierung hatte dem Projekt zngestimmt und das Privilegium einer akademische» Buchhandlung in Aussicht gestellt. -Mohr konnte sich jedoch noch nicht entschließen, sein Frankfurter Geschäft uud damit sein Frankfurter Bürgerrecht auszugeben; er verband sich daher mit dem ihm von Hamburg aus bekannten Zimmer und gründete mit ihm IVOS unter der Firma Mohr L Zimmer eine Buchhandlung in Heidelberg, der Zimmer zuerst allein Vorstand, während Mohr das Frankfurter Ge schüft weiterführte. Bald nahm jedoch das Heidelberger Geschäft, vornehmlich auch die Verlagsabteilung, einen derartigen Umfang an, daß Mohrs stän dige Anwesenheit durchaus notwendig war. Er siedelte daher schon bald mit seiner Familie ganz nach Heidelberg über und widmete seine ganze Kraft dem jungen Unternehmen. Professor Dittenberger, der Schwieger sohn Daubs, gab 1844 ein Schristchen über die Universität Heidelberg heraus, das eine vorzügliche Charakteristik der Persönlichkeiten von Mohr Zimmer und ihres Geschäftes enthält. Die Firma Mohr L Zimmer, aufs innigste mit der aufblühenden Hochschule verbunden, hat nicht wenig zum großartigen Aufschwung der Hochschule beigetragen: ihr Name ist an alle bedeutenden Unternehmungen geknüpft, die von der Universität und ihren Gliedern ausgegnngen sind. Während Mohr mehr die wissenschaftliche Seite des Verlags begünstigte, vor allem die so bedeutenden Zeitschriften entstehen ließ, wandte sich Zimmer mehr der litterarisch-poetischen Richtung zu, und so entstand aus der Vcr bindung und durch die Interessen dieser beiden Männer jener vielseitige und hervorragende Verlag, der noch seht unter der Firma I. C. B. Mohr mit an der Spitze der Verlagsbuchhandlungen der Welt steht. Zimmer schloß sich insbesondere den Romantikern an, und die Veröffentlichungen ' der jungen Talente dieser Gruppe erschienen im Mohr'schen Verlage. Es s«ist bezeichnend für die Parteilosigkeit und das Ansehen von Mohr, daß in den salzenden Jahren, als die Heidelberger Gelehrtcnwelt von der Parteien Hader erfüllt war, das Geschäft nicht davon betroffen wurde und die Namen der Streiter und Nufer beider Parteien in dem Verlags- Verzeichnis einträchtig nebeneinander stehen, Leuchten der Wissenschaft und der Litteratur. In späterer Zeit wandte sich Mohr vor allem der jurist ischen Verlagsrichtung zu, was kein Wunder, da Heidelberg damals in der juristischen Fakultät tonangebend war und es fast während des ganzen Jahrhunderts blieb. 1815 trennten sich Mohr und Zimmer; der letztere wandte sich ganz dem Studium zu, wurde Theologe und starb als Konsistorialrat in Frank furt a/M. Am 1. Juli 1815 trat für ihn C. F. Winter als Teilhaber in die Firma ein; nach sieben Jahren erfolgte jedoch die Lösung des Ver hältnisses, und seit 1822 begegnen wir daher den Firmen I. C. B. Mohr und C. F. Winter. Die Bedeutung Heidelbergs war damals schon so ge stiegen, daß wir neben diesen beiden Sortimcntsfirmen noch die Firma Karl Groos, hervorgcgangen aus der ehemaligen Filiale der Mannheimer siebrnundjechzlgster Jahrgang. Firma Schwan L Goetz, finden. Der neue Besitzer der alten Pfühlerschen Buchhandlung, Gottlieb Braun, hatte dagegen sein Geschäft nach Karls ruhe verlegt. Neben diesen Handlungen bestand u. a. noch die Druckerei und Verlagsbuchhandlung von Joseph Engelmann, die sich besonders mit der Herstellung illustrierter Werke befaßte. Trotz der großen pekuniären Opfer und der vielen Sorgen, die ihm die Trennung von seinen Teilhabern auferlegte, trotz des schweren Schick salschlags, der ihm durch den Tod seiner Lebensgefährtin bereitet wurde, führte Mohr sein Geschäft mit ungcschwächten Kräften fort, unermüdlich thätig bis ans Ende. Berufenere Federn haben in wissenschaftliche» und Fachzeitschriften sein Leben geschildert; eine weitere Schilderung seines Lebens und eine ausführliche Würdigung seiner Verdienste würde den Nahmen dieser Arbeit überschreiten. Ebensowenig soll die weitere Entwicklung deS Heidelberger Buchhandels hier geschildert werden. 1851 feierte I. C. B. Mohr das fünfzigjährige Jubiläum seiner Selbständigkeit und wurde geehrt von manchen Seiten. Die größte Aus zeichnung aber wurde ihm dadurch zuteil, daß ihm die philosophische Fa kultät der Universität Heidelberg unterm 5. August 1851 die Würde eines Oootor llonoris vausa. verlieh. Von seiner Wirksamkeit für den Buchhandel muß ich hier absehen. Von 1838—40 war er Börsenvereinsvorstand und trat mit kernigen Worten wiederholt für den gute» Ton im Buchhandel, für die Gleichheit der Bücherpreise ein; goldene Worte sind es, die gerade jetzt wieder aufgefrischt werden sollten. Auch in der Examenfrage ergriff er das Wort. Die Worte, die er bei manchen Gelegenheiten, auch in Briefen und Flug blättern, ertönen ließ, kennzeichnen seinen edlen, hohen Geist und sind ein Zeichen der Berufsauffassung, in deren Sinn sein Geschäft geführt wurde. Als Jakob Christian Benjamin Mohr am 29. Januar 1854 nach einem arbeitsreichen Leben die Augen schloß, siel das Geschäft an seine beiden Söhne Ernst und Carl; ein dritter, Georg (geboren 14. November >818), hatte schon früher eine Druckerei errichtet, aus der die meisten Verlagswerke des Vaters hervorgegangen waren, er lebt noch in voller Rüstigkeit in Heidelberg. Der ältere Ernst, geboren 19. Mai 1811, war schon lange im väterlichen Geschäft thätig gewesen und hatte schon 1842 das Sortiment für eigene Rechnung übernommen. Nach dem Tode des Vaters führte er zunächst als Vertreter der Erben den Verlag weiter, der dann 1857 an ihn und seinen Bruder Carl (geboren 3. Juni 1817, ge storben 22. November 1897) überging und lange Jahre unter der Firma Akademische Verlagsbuchhandlung von I. C. B. Mohr von beiden Brüdern gemeinsam geleitet wurde. Neben diesem gemeinschaftlich geführten be gründete Ernst Mohr noch einen eigenen Verlag unter seinem Namen; das Sortiment verkaufte er 1875. Er starb, ein hochehrenwerter Charakter, ein ehrwürdiger Zeuge der alten Zeit, hochbetagt 1890 zu Heidelberg. Die Akademische Verlagsbuchhandlung von I. C. B. Mohr wurde 1877 an die Lauppsche Buchhandlung (I. G. Koetzle und Paul Siebcckl verkauft und ging am 1. November 1880 in den Alleinbesitz von Paul Siebeck über, der den Verlag nach Freiburg i/Br. verlegte. Als würdiger Nachfolger des Gründers der Firma hat er im Laufe der letzten Dezennien dem Verlage eine ausschlaggebende Stellung unter den wissenschaftlichen Verlagsbuchhandlungen erobert: auch hier herrscht das Grundprinzip des Gründers fort, nicht nur der Verleger der Werke seiner Autoren zu sein, sondern auch der Freund und Berater dieser letzteren. Auch in Ernst Mohr's Sortiment waltet der Geist und Sinn des Gründers fort, der einst sagte: -Wahrlich, es ist Zeit, daß wir unser Ge schäft als würdigen Berus wieder höher stellen und an dem Würdigen und Tüchtigen sesthalteu, wie unsere Vorderen, statt es bloß als Handel und Erwerb zu betrachten und ausbeuten zu wollen nach Lust und Gier.- Seit 1875 ist das Geschäft im Besitz von G. Koestcr, und auch hier sehen wir den Besitzer aus bestem VerkehrSsuß mit den Professoren stehen; die Kunden sind mit dem Geschäft verwachsen, innige Freundschaft und Hoch achtung verbindet den Geschäftsinhaber mit dem größten Teil seiner Kun den und umgekehrt. Wenn man von I. C. B. Mohr einst sagen konnte: -Alle achteten und ehrten in ihm den Mann, der seinen Beruf von einem höheren Standpunkt ausgefaßt hatte, der mit der reichen Erfahrung eines vielbewegten Lebens eine milde Gesinnung und Wohlwollen verband-, so kann man dieses auch mit Fug und Recht von seinem Geschäftsnachfolgcr sagen. In den weiteren Kreisen des Buchhandels ist die Persönlichkeit deS Herrn Koester wohl weniger bekannt, in Heidelberg ist er eine der ge schätztesten und beliebtesten Persönlichkeiten, die ihre Kraft in opferwilligster Bereitwilligkeit stets in den Dienst der guten Sache stellten und das höchste Ansehen, vor allem auch in den akademischen Kreisen genießt. Was er seinen Angestellten war und ist, bedürfte vieler Worte; ich glaube aber im Sinne aller, die in den 26 Jahren unter ihm arbeiteten, zu sprechen, wenn ich ihm danke für das, was er uns war und für die Anregung, die er uns gegeben hat. Als Buchhändler ein Träger der deutschen Wissen schaft, Litteratur und Kultur zu sein, im Buch nicht nur die Ware, sondern ein geistiges Gut zu scheu und den Buchhandel nicht in gleiche Lage mit jeder Mode- und Trödelbude zu bringen, sondern in ihm ein ehrsames Gewerbe zur Förderung geistiger Produktion und der Litteratur zu sehen, — diese Grundsätze des allen I. C. B. Mohr sind auch heute noch maßgebend für die alte Firma und finden ihren Vertreter auch in dem jetzigen Inhaber des Sortiments. 1325
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