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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.11.1874
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 09.11.1874
- Sprache
- Deutsch
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41M t Nichtamtlicher Theil. M 259, 9. November. daß mehr als die Hälfte Oesterreichs von nichtdeutschen Stämmen' bewohnt ist, deren mittlere und untere Schichten noch auf einer! sehr niederen Stufe der Cultur stehen. Für die Gebildeten dieser Stämme hat sich aber in den letzten zehn Jahren eine 'natio nale« Literatur entwickelt, welche der Kräftigung und dem Ab sätze deutschen Berlages sehr hinderlich ist. Ungeachtet der freien Bewegung, welche die erleuchtete Regierung unseres Monarchen dem Büchervcrlage gestattet, hat die Production deutscher Bücher in den letzten Jahren im In lands viel Terrain durch die erwähnten nationalen Bestrebungen verloren. Im Auslände aber steht ihr, wie bereits gesagt, eine übermächtige Concurrenz gegenüber, und dies ist auch der Grund, warum der oesterreichische Verlag im Durchschnitte einen vor wiegend localen Charakter hat und wenig exportirt wird. Der oesterreichisch-deutsche Verlag kämpft also mit großen Schwierigkeiten, und es ist nur noch die Frage, ob sich dieser Zlvcig der Industrie, welcher, wie kaum ein anderer, dem Lande, wo er blüht, Ruhm und Ehre bringt, nicht wesentlich heben ließe. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung würde es dem Ver- lagsbnchhandel fördernd sein, wenn sich mehr Kräfte dem Ber lage ausschließlich widmen möchten. Bis jetzt gibt es in Oester reich wenige Verlagsbuchhandlungen, welche nicht auch Sortiment treiben, wodurch ihre Thätigkeit zersplittert und sie gehindert werden, dem Berlage ihre ganze Kraft zu widmen. Dieser wird in den meisten Fällen nur nebenher, ich möchte sagen, gelegent lich betrieben. Der Sortimentsbetrieb ist aber ein so zeitraubendes und mühsames Geschäft, daß die Verlagsthätigkeit darunter leiden muß. Männer, welche sich nur mit dem Berlage beschäftigen, haben die nöthige Muße, ihre Verbindungen mit den Autoren zu Pflegen, neue anzukuüpfcn und, was das Wichtigste ist, selbst Ideen zu Berlagsunternehmungen zu geben. Es ist eine That- sachc, daß ein großer Theil des bedeutendsten und lucrativstcn deutschen Berlages aus der buchhändlcrischen Initiative hervor gegangen ist. Ich erinnere nur an die riesige Literatur der Conversationslexika (Brockhaus, Meyer, Piercr, Spanier), des Jugendschriftenverlages (Schreiber L Schill, Hoffmann-Thienc- mann, Spamer) und in neuester Zeit der Klassiker-Gemeingut- Ausgaben (Hempel, Grote, Prochaska) und der so vielen anderen Sammelwerke in allen möglichen Richtungen, welche meistens ihr Entstehen verlegcrischcr Initiative verdanken. Wenn wir also eine größere Menge von ausschließlichen Berlagsgeschäften haben werden, wird sich auch die Production wesentlich heben. Auch die Regierung könnte hier fördern, wenn sic sich ein mal entschließen möchte, den k. k. Schulbücher-Verlag gänz lich aufzugeben. Es ist eine große Anomalie und im modernen Staate ganz unhaltbar, daß die Regierung dem Steuerträger Concurrenz macht und ihm eines seiner wichtigsten Objecte ent zieht. Mau hat zwar im Prinzipe die Concurrenz der Privat verleger zugestauden und auch manche von diesen hcrausgcgcbcnc Schulbücher zulässigerklärt. Dies reicht jedoch nicht aus; denn so lange die Staats-Buchhandlung cxistirt, wird sich die Privatindustric nie gehörig entfalten und dieses Feldes bcmächtigcn können. Man sagt: der Schulbücherverlag liefert sehr wohlfeile Schulbücher und gibt Armenbücher in unbeschränkter Menge. Das sci ein großer Bor theil sür das Volk. Man darf aber wohl dagegen fragen: sind diese wohlscilcu Bücher auch immer gute Bücher? Die Erfahrung ant wortet: nein! Und Armenbücher liefert auch der Privatverlegcr, und daß ohne Staatsanstalten auch wohlseile und nebstbei auch vortreffliche Schulbücher entstehen, diesen Beweis liefert das ganze Deutsche Reich, wo mit Ausnahme von Bayern nirgends mehr Staatsanstaltcn zur Herstellung von Schulbüchern existiren. Der oesterreichische Verlagsbuchhandcl hat in der kurzen Zeit, welche seit Zulassung der Privatconcurrenz verflossen ist, erstaunlich viele Schulbücher geliefert und man kann ihm den Vorwurf der Saumseligkeit nicht machen. Daß manche mittelmäßige Pro ducte darunter sind, wen möchte dies Wunder nehmen, wenn man bedcnkt, daß Alles, also auch das Verlegen von Schul büchern, erst gelernt werden muß? Darüber kann ein Zweifel nicht bestehen, daß die gänzliche Auslassung des k. k. Schulbüchervcrlagcs sür den oesterreichischen Verlagsbuchhandcl von größter Wichtigkeit wäre, und ich glaube daher der Regierung diesen Schritt im Interesse der heimischen Vcrlagsindustric auf das dringendste empfehlen zu müssen. Wenn ich nun einen vergleichenden Blick aus den deutschen Buchhandel (mit Einschluß des oesterreichischen) werfe, so komme ich zu folgendem Resultat: Der deutsche Buchhandel steht, was Bicl seit! gkeit, Massen- hastigkeit, solide künstlerische Ausstattung, praktische Richtung, Befriedigung der literarischen Bedürfnisse der Familie, Herstellung von Kindcrbeschäftigungs- Mitteln, Kinderbüchern, Jugendschristen und Schul büchern und populären Schriften für das Volk betrifft, unbedingt auf der ersten Stufe. An Geschmack übertreffen uns die Franzosen, durch Verwendung ungleich besseren Papiers die Engländer. Die Franzosen produciren Prachtwerkc, wie Hachette's LvanZilos, deren Herstellung über eine Million Francs ge kostet haben soll, wie Dorö's Bibel »ud Dorv's Dante >c.; Prachtwerkc von so kostspieliger Art der Herstellung entbehren wir. Dagegen sind wir reicher als irgend ein Volk an Pracht werken mittleren Umfanges und schönen Luxusausgaben der Lieblingswerke unserer Dichter, in geschmackvoller Ausstattung zur Zierde des Salontischcs. In der literarischen Prodnction spiegelt sich wie sonst nirgends das Wesen und der Charakter eines Volkes. Das deutsche Volk, welches ein ungemein ausgcbildetcs Familienleben hat, besitzt auch eine ebenso ausgcbildetc Literatur für dasselbe. Familienjonrnale von der Gediegenheit und kolossalen Ver breitung der Gartenlaube, des Daheim, der Jllustrirten Welt, des lieber Land und Meer und unzähliger anderer gibt es sonst nirgends. So gediegenes und zahlreiches Material für die Kinderstube, so vortreffliche und unzählige Be- schäftigungsmittcl, Bilderbücher, Kinder-und Jugend schriften besitzt keine Nation der Welt, wie die deutsche. Eben so producirt der deutsche Buchhandel eine enorme Menge von vortrefflichen Schulbüchern und populär-wissenschaft lichen Werken, wie sie nirgends sonst in so großer Masse Vorkommen. Ich fürchte nicht, zu viel zu jagen, wenn ich dem deutschen Buchhandel einen Antheil an den Bestrebungen, Bildung, Aufklärung in immer weitere Kreise zu tragen, vin- dicirc. Und hiebei sind nicht etwa von vornherein große Capitalkräftc thätig gewesen; fast alle Verlagsbuchhandlungen sind aus kleinen Anfängen »ach und nach cmporgcwachsen. Auch heute noch, wo sich eine so fieberhafte Sucht, alle Zweige der Industrie in großem Maßstabc zu treiben und in Actiengeselljchafte» zu verwandeln, kundgibt, auch heute spielt das große Capital im Buchhandel keine Rolle. Einige Ver suche sind wohl gemacht worden, sie sind aber nicht über die einleitenden Vorbereitungen hinausgekommcn und spurlos wieder verschwunden. Wie kaum eine andere industrielle Thätigkeit hat der Buchhandel nur aus eigener Kraft geschöpft."
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