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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-07-24
- Erscheinungsdatum
- 24.07.1911
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- Deutsch
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- Saxonica
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ISS, 24. Juli 1S11. Nichtamtlicher Teil. Mrs-liblatt f. d. Dtschn. Buchyant-l. 8537 Schumann ist heute seit mehr als 50 Jahren tot, seine Werke gehören also nicht mehr seinen Erben, sondern sind Allgemeingut. Aber dieses Manuskript ist so unbestreitbar mein Eigentum, daß ich sogar das Recht hätte, es zu ver nichten, wenn ich wollte. Ich habe zwar nicht die Absicht, diese Kompositionen ewig geheim zu halten, aber wenn ich mich dazu entschließen würde, sie herzugeben, so würde das zunächst zum Vorteil meines Vaterlandes geschehen, nicht aber, um sie von revolutionären Truppen (wörtlich!) singen zu lassen, die sie jedenfalls sehr schlecht wiedergeben würden.« Diese Rechtsausfassung ist so merkwürdig, daß man sich fragen muß, ob der jetzige Besitzer das Schumann- Manuskript mit seinem eigenen Gelbe oder für Rech nung der Bibliothek der Oper erworben hat. Nur im ersteren Falle könnte er das weitgehende Recht einer Vernichtung für sich in Anspruch nehmen. Nach seinen eigenen Aussagen und aus dem Umstande, daß das Manuskript in der Bibliothek der Oper aufbewahrt wird, scheint indessen heroorzugehen, daß es für Rechnung dieses Instituts erworben wurde, und da diese Bibliothek eine öffentliche Anstalt ist, die aus Staatsmitteln erhalten wird und zu der wir alle einen indirekten Beitrag zahlen, so müßte dieses Manuskript heute jedem, der danach Verlangen trägt, mitgeteilt werden. Oder hat der Herr Bibliothekar vielleicht die Absicht, die ganze Bibliothek der Oper als sein Privateigentum zu proklamieren? Besteht eine Krisis im französischen Buchhandel oder nicht? Die alteingesessmen großen Verleger, die nach wie vor an ihren alten Preisen hängen, sagen ja, — die jüngere Generation, die ihre eigenen Wege gegangen ist und un geahnte Absatzgebiete gefunden hat, ist dagegen mit dem jetzigen Zustand sehr zufrieden. Herr Arthdme Fayard, der bekannte und erfolgreiche Bahnbrecher aus dem Gebiete der billigen Literatur, der das unzweifelhafte Verdienst hat, die Absatzmöglichkeit vieler Werke, die ihre Glanzperiode längst überschritten hatten, in neuer Form einem großen Leserkreise zugänglich gemacht zu haben, hat kürzlich dem Redakteur einer Pariser Zeitung verschiedene Mitteilungen über seinen Geschäftsbetrieb gemacht, die auch für uns interessant sind. Unwillkürlich sucht man beim ersten Anblick eines Mannes, den man kennen zu lernen wünscht, nach Be rührungspunkten oder Ähnlichkeiten. Der besuchende Redakteur dachte an ein sonderbares Gemisch von Oberst Gaedke, Chamberlain, Guitry (bekannter Pariser Schauspieler, Dar steller des »Chantecler«) und Pierrepont Morgan. Nein, Herr Fayard gleicht keinem von ihnen, aber er hat von jedem etwas. Vor allem ist er seines Glückes Schmied und hat den riesigen Erfolg seiner Verlagsunternehmungen nur sich selbst zu verdanken. Er ist zwar der Sohn eines Verlegers, aber er ist, im Gegensatz zur großen Mehrzahl seiner Lands leute, nicht auf dem alten, ausgesahrenen Geleise des Geschäftes weitergefahren. Er hat mit dem althergebrachten System gebrochen, hat seine eigenen Ideen verwirklicht, und der Erfolg, den er wenigstens bis jetzt erzielte, dürfte wohl auch seine eigenen Erwartungen übertroffen haben. Der solide Luxus und die ultramoderne Einrichtung des großen Verlagshauses schienen dem Besucher zu impo nieren, von dem merkwürdig engen Stuhl, auf dem er saß — ein Stuhl, »dem man es anmerkte, daß sein Besitzer für Besuche nicht viel Zeit hatte« — bis zu den mit eng lischem Getäfel bekleideten Wänden. »Sie wollen wissen, wie ich darauf gekommen bin, billige Volksausgaben herzuftellen?« fragte Herr Fayard. »Früher glaubte man ziemlich allgemein, und ich gehöre auch zu diesen, daß das Bllcherlesen ein Luxus sei, den sich nur diejenigen Leute erlauben könnten, die die I. und II. Klasse Börsenblatt sltr den Deutschen Buchhandel. IS. Jahrgang. zu ihren Bahnfahrten benutzen. Dann dachte ich daran, daß bei den heutigen Schul- und Bildungsverhältniffen eine ganze Reihe von kleinen Beamten, Kaufleuten, Technikern und An gestellten, deren Jahreseinkommen vielleicht nur 1800 Frs. beträgt, ihr Abiturientenexameu gemacht hätten, und daß diese Leute ein ungeheures Absatzgebiet bilden würden, wenn man ihnen gute Bücher für billiges Geld bieten würde. Das wäre die III. Klasse. Glauben Sie mir, es handelt sich in der Hauptsache nur darum, diese großen Lesermassen gewisser maßen in ein literarisches Geleise zu bringen, sie an eine be stimmte Art von Büchern zu gewöhnen, die keineswegs das zu sein brauchen, was man im allgemeinen unter Volks literatur versteht, — die Freude am Lesen kommt dann ganz von selbst. Wollen Sie wissen, was ich bis jetzt erreicht habe? Von meiner ersten und bedeutendsten Kollektion »Ickockorn-Sibllo- tbdgus, erscheint seit 1S04 allmonatlich ein Band, und zwar nur solche Werke, die früher schon in irgend einer Form erschienen waren und für dis mir die Originalverleger, da die Bücher bei ihnen nicht mehr recht gehen wollten, das Nachdrucksrecht für billiges Geld überließen. Von >I,s jarckin äs IZsrdmos« von Barrds habe ich so 000 Exemplare ab- gcsetzt, vom »Flirt« von Paul Hervieu 150 000, und eben soviel von zwei Romanen von Paul Bourget, beides Werke, die in ihrer Originalausgabe kaum 40 000 erreicht haben. Und das sind keine Ausnahmen, sondern die Regel. Dis Absatz-Ziffern der Werke von Marcel Prdoost sind sogar noch höher. Außerdem erscheint bei mir, wie Sie wissen, auch noch eine Kollektion bisher unveröffentlichter Werke, die zwar etwas teurer ist als die »Äoäsrn-Rlbliotbdguo«, 1 Frcs. 50 Cts. statt 95 Cts., aber immerhin noch erschwinglich. Auch in dieser Kollektion habe ich Auflagen von 80 000 und sogar 95 000 erreicht; die meisten schwanken zwischen 40 000 und 60 000, ein junger, unbekannter Anfänger figuriert als letzter mit 25 000. Dies alles sind Ziffern, die diese Autoren im alten 3 Frcs. 50 Cts.-Gewände nie erreicht hätten, und die Schriftsteller selbst stehen sich bei mir nicht schlechter, sondern eher noch besser als bei dem früheren Preise und bei anderen Verlegern und haben dabei noch den Vorteil einer oielmal größeren Verbreitung. Auch der Sortimenter sträubt sich nicht mehr gegen den Vertrieb meiner Kollektionen, denn endlich hat auch der eigensinnigste eingeschen, daß es vorteil hafter ist, 10 Bände L 95 Cts. zu verkaufen, als einen zu 3 Frcs. 50 Cts. Und außer diesen beiden habe ich noch andere Kollektionen, wie »I-s l-ivrs populäres», »I.s Iloäsru- Ibdatre» und die sehr beliebte Monatsschrift »lllouoirs L laut«, die, wenn auch nicht die gleichen, so doch recht bedeutende Auflagen erreichen, z. T. ebenfalls sechsstellige Zahlen. Als ich anfing, lächelten die großen Verleger über meine Unternehmungen, ganz wie damals über Charpentier, als dieser vor Jahrzehnten den Buchhandel mit seinem 3 Frcs. 50 Cts.° Preis revolutionierte; heute müssen sie sich wundern über den Umfang, den mein Geschäft angenommen hat. In ein- zelnen Monaten erziele ich einen ebenso großen Umsatz wie manches recht achtbare Verlagsgeschäft im ganzen Jahr. Wie kann man da von einer Bücherkrisis sprechen? Übrigens geht mehr als ein Drittel meines Berlages ins Ausland, be sonders nach Deutschland (?) und den Mittelmeerländern.« Dieser Absatz ins Ausland ist also nach Aussage eines großen französischen Verlegers doch noch bedeutend höher, als ich selbst ihn in meiner letzten Arbeit (vergl. Börsen blatt Nr. 155) schätzte. Aber mich wundert, daß Herr Fayard unter den ausländischen Absatzgebieten Deutschland zuerst nennt; naturgemäß müßten doch Belgien und die französische Schweiz als gleiches Sprachgebiet an erster Stelle kommen, außer etwa wenn Herr Fayard diese Gebiete 110«
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