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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.06.1923
- Strukturtyp
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- 1923-06-28
- Erscheinungsdatum
- 28.06.1923
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Redaktioneller Teil. X- 148, 28, Juni 1923, Nicht nachdrücklich genug kann auch betont werden, daß die Fabrikation von bibliophiler Literatur, die von neuentstandenen Finnen aus gewinnsüchtigen Motiven jetzt eifrig betrieben wird, verurteilenswert ist. Es wäre interessant, festzustellen, wie häufig edelstes Material aller Art verwendet worden ist, um noch eine Faust-Ausgabe, noch einen Peter Schle- mihl oder Eichendorff und ähnliche klassische Literatur wieder von neuem auf den Markt zu werfen, und es ist erstaunlich, wie wenig Mühe sich diese Fabrikanten geben, indem sie immer wieder aus die bekanntesten Werke zurttckgreifcn, wenn man in Betracht zieht, wieviel ungehobene Schätze in der deutschen und hauptsächlich in der ausländischen Literatur einer schönen Neu-Ausgabe wert wären. Man muß gegenüber diesem lauten Treiben die vor nehme Ruhe anerkennen, mit welcher z, B, ein so monumentales und grundgelehrtes und vor allem jeder Konzession nach irgend einer Seite abholdes Werk wie Mauthners »Atheismus«, das eben in 4 Bänden vollständig geworden ist, veröffentlicht wurde. Ein solches in der Literatur aller Völker einziges Werk muß auch bei denen für den deutschen Namen Achtung erwerben, deren Weltanschauung eine andere ist. Da ich nicht Verleger dieses Buches bin, möge mir dieser empfehlende Hinweis verziehen werden, trotz meiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Autor, » » » Nationalismus im Buchhandel, In unserer kranken Zeit treiben Übertreibungen des Nationalgefühls, so bitter not uns dessen gesunde Stärkung tut, wunderliche Blüten, Einige Beispiele: Ich erhalte von dem Leiter einer Organisation, die «ine Zeitschrift herausgibt, die Mitteilung, daß er sich in Zu kunft überlegen müsse, ein Inserat, in welchem ich Bücher suche, aufzunehmen, weil er eine Zuschrift eines Herrn erhalten habe, di« folgendes besagt: Ich <W, J,> hätte dem Herrn geschrieben, daß ich ihm ein bestimmtes seltenes Buch aus dem Grund« nicht offeneren könne, weil ich cs nur zu einem Auslandpreis ab geben könnte, der für Inländer doch nicht bestreitbar wäre. Es wird in dieser meiner Erklärung ei» Verstoß gegen das Nalional- gefiihl gesehen. Ich antwortete, daß kein einziger Verkäufer von halbwegs wertvollen Büchern heute diese mehr zum Jnlandpreis abgibt, sondern daß jeder einzelne, der mir eine Offerte macht, in jedem Fall, in welchem das leiseste Interesse des Auslandes für das Buch vermutet wird, selbst einen Auslandpreis von mir er wartet oder direkt verlangt. Und daß, wenn ich zwar zum Aus landpreis cinkaufe, aber zum Jnlandpreis verkaufen wolle, ich bald meine Bude schließen müßte. Es ist niemand, der diese ungeheure Schädigung für die deutsche Wissenschaft mehr beklagt als ich, und der froher wäre, wenn irgendein guter Ratgeber ihm sagen könnte, was der Einzelne gegen diese Kalamität tun solle. Ich Hab« im übrigen dem Vorwürfe erhebenden Herrn geantwortet, daß ich in Zukunft auf solche Bllcheranfragen nicht mehr wahrheitsgetreu antworten, sondern einfach nur mitteilen würde, daß das Buch nicht auf Lager ist. Ein anderer Fall: Ich habe für bestimmte Zwecke ein ge drucktes Zirkular, das ich in gewissen Fällen an Interessenten, die in den verschiedensten Ländern der Erde wohnen, verbreite. In diesem Zirkulär sind Namen von Gelahrten aufgeführt und mit diesen Namen durch einen Bindestrich deren Wohnort ver bunden, Worauf mir ein junger süddeutscher Museums-Assistent schrieb, er verzichte auf den Verkehr mit einer Firma, die statt Rom »Roma« schreibe. Ich habe nachgewiesen, daß ich, wenn ich alle meine Kataloge, Zirkulare und Geschäftspapiere in verschie denen Auflagen, jede in einer der 3 bis 4 in Betracht kommenden Sprachen, drucken lassen würde, meine Antiquarpreise so er höhen müßte, daß wahrscheinlich dann gerade dieser so sehr em pörte Herr mich wieder wucherischer Ausbeutung zeihen müßte. Die Angelegenheit wurde dadurch erledigt, daß ich ein Entschul digungsschreiben des Instituts-Leiters erhielt. Ein dritter Fall: Ich habe in Vorbereitung ein außerordent lich umfangreiches naturwissenschaftliches Tabellenwerk, an wel chem alle in Betracht kommenden deutschen Autoritäten Mit arbeiten und das in knappster Form alle Daten, die sonst mühsam und zeitraubend aus einer Unsumme von großen Werken heraus- 880 gezogen werden müßten, vereinigt. Dieses sehr umfangreiche Werk enthält also in der Hauptsache Tabellen mit möglichst kur zem begleitenden Text, Ich hatte nun angekündigt, daß ich diesen Text in deutscher und englischer Sprache bringen wolle. Ich war mir bewußt, daß ich Millionen ersparen würde, wenn ich das Werk bloß mit englischem Text erscheinen lassen würde, da bei dem außerordentlich hohen Preise, den ich nun einmal nehmen muß, der Absatz in Deutschland und Österreich so gut wie Null wäre. Ich hatte zum Überfluß auch augekündigt, daß ich, was Wohl ein Novum ist, allen deutschen und österreichischen Universi tätsbibliotheken ein Exemplar dieser kostbaren Enzyklopädie gratis geben würde, und daß ich jedes weitere deutsche Exemplar unter meinem eigenen Herstellungspreis, wenn die nötigen Kan teten bezüglich Verbleibens im Inland gegeben werden, abgeben würde. Die einzige Möglichkeit, ein solches Werk herauszugebcn, ist, wie die Verhältnisse liegen, nun einmal nur der Absatz nach dem Auslande, und dieser weist bei der Tatsache, daß die Kennt nis der deutschen Sprache leider im Ausland in starkem Abneh men begriffen ist, a,uf den Gebrauch einer andern Weltsprache hin, die eben nur die englische sein kann. Den deutschen Begleittext fügte ich trotz der schweren pekuniären Schädigung nur ein, weil ich deutscher Verleger bin. Gegen den Tatbestand der Über setzung erhoben nun trotzdem einige Personen aus akademischen Kreisen Widerspruch, und es ist nicht ausgeschlossen, daß dieses Unternehmen, welches in seiner Art einzig ist und der Welt be weisen könnte, daß — mögen auch leider unsere wissenschaftlichen Forschungsmöglichkeiten durch unser Elend gehindert sein — wir doch noch in der Kunst der Organisation und Zusammenfassung an der Spitze marschieren, an dem Widerspruch dieser zum Teil sehr einflußreichen Personen scheitern wird. In allen solchen und ähnlichen Fällen handelt es sich in der Hauptsache um die wenig schätzenswerte Erscheinung einer Äußerung patriotischer Gefühle aus Kosten fremder Portemonnaies, So selbstverständlich es ist, daß ein Geschäftsverkehr mitFranzosen und Belgiern ausgeschlossen ist, die sich bei uns befinden (übrigens sind sie glücklicherweise größtenteils heimgekehrt), für so verfehlt halte ich es, auf die Vorteile zu ver zichten, die uns — in den unbesetzten Gebieten — durch Bestel lungen aus diesen Ländern erwachsen können, indem wir ab- lehnen, sie auszusühren. Ich mache mir im Gegenteil eine Auf stellung des Gewinnes aus solchen Bestellungen, die im übrigen nach dem Kriege außerordentlich nachgelassen haben, und über weise diesen ganz der Ruhrspende, sodatz ich das stille Vergnügen habe, daß die Franzosen und Belgier, mit denen ich zu tun habe, für die Missetaten ihrer Landsleute selbst zahlen. Im übrigen muß zugestanden werden, daß, so außerordentlich opferwillig auch eine Anzahl Firmen und ihr Personal ist, cs andererseits über rascht, daß andere große Häuser beiseite zu stehen scheinen, sodaß das Resultat unserer Sammlung bei aller Höhe im Verhältnis zu andern Sammlungen doch nicht überwältigend ist. Vor allem mutz die Notwendigkeit der Regelmäßigkeit von Ratenzahlungen betont werden, damit niemand glaube, daß er mit einer ein maligen großen Zahlung sich absinden kann, zumal da die Ver hältnisse befürchten lassen, daß die Notwendigkeit weiterer Zah lungen vorläufig fortbcstehen wird. Die Feststellung des Auslandverkausspreises ist außerordentlich mißlich in jenen Fällen, in welchen Ausländer sich längere Zeit in Deutschland aufhalten. Speziell in Berlin, das von Japanern überlaufen wird, kommt der satzungstreue Buchhändler in starke Konflikte, Es ist ein offenes Geheimnis, daß eine Reihe von Geschäften solchen Personen zum Inland- Preise liefert. Die buchhändlerische Rechtsprechung schweigt sich, soweit mir bekannt, über diese Frage aus, und es ist nicht von der Hand zu weisen, daß Vorschriften, die so lächerlich leicht zu um gehen sind (der Japaner braucht nur sein Wirtstöchterlein in den Buchladen zu schicken, um für ihn cinzukaufen), kaum aufrechter halten werden können, so schmerzlich dies auch im allgemeinen Interesse ist. Gewiß hat der kaufende Ausländer nachher, wenn er Deutschland verläßt, Schwierigkeiten mit dem Herausbringcn der Bücher, aber entweder denkt er nicht an diese, oder er findet auch da erlaubte oder unerlaubte Mittel und Wege,
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