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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.04.1907
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- Erscheinungsdatum
- 25.04.1907
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- Deutsch
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4268 Börlcublall s. d. Dlsch». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 95, 25. April 1907. Das Handelsregister verzeichnet unter dem 16. März 1907 trocken die Löschung der Danz'schen Buch- und Antiquarhandlung (Ernst Danz), einen Vorgang, wie er täglich vorkommt, ohne besonders bemerkt zu werden, wenn es sich nicht gerade um eine sehr große Firma handelt. Dies nun war die gelöschte Firma niemals, namentlich ist sie in der letzten Zeit ihres Bestehens außer halb Berlins wohl kaum allgemein bekannt gewesen. Und doch ist diese Löschung ein Ereignis, das im Buchhandel und besonders im Leben des Berliner Buchhandels, bemerkt zu werden verdient. Ist doch die nunmehr erloschene Firma die letzte von den früher zahlreichen Antiquariatshandlungen, die dadurch ihr Geschäft machten, daß sie ihre Ware vor der Tür ausstellten und den Käufern die Auswahl überließen. Danz war das letzte dieser Geschäfte, die die fortschreitende Kultur und die anders gewordenen Verhältnisse hinweg geschwemmt haben. Während früher in Berlin diese so genannten Flurantiquare — ich nenne nur Thiesen an der Gertraudtenbrücke und Leo am Spittelmarkt — letztere Firma besteht noch heute als Antiquariat — das Entzücken aller Bücherliebhaber waren, wo sie nach Herzenslust schmökern und zu billigen Preisen kaufen konnten, ist heute diese Spezies ganz ausgestorben. Das war die Zeit, wo man sich von seinem Taschengeld, wie Professor Minor in Wien in seinem Briefe es ausdrückte, eine Bibliothek sammeln konnte, eine Gelegenheit, die auch weidlich ausgenutzt wurde. Berlin war damals noch keine Weltstadt; es war nicht so weitläufig, man brauchte keine Elektrische, man hatte nicht zu befürchten, von einem Automobil überfahren zu werden. Jeder halte Zeit, und so wurden diese Geschäfte nicht leer von Käufern und — Lesern. Zu nennen ist hier auch die noch heute bestehende Firma Theodor Kampffmeyer, die allerdings stets einen Laden hatte, aber ebenfalls häufig über gute und seltene Bücher verfügte, die sie zu billigen Preisen verkaufte. Damals waren viele Bücher am Markt; die Käufer aber waren nur dünn gesät, die Preise waren deshalb mäßig. Heute gibt es weniger Bücher, aber mehr Käufer, und die Preise sind demgemäß entsprechend in die Höhe gegangen. Die Ausdehnung von Berlin, die dadurch hervorgerufene kostspieligere Lebens führung, die Erhöhung der Mieten, hat Geschäfte wie Thiesen und jetzt auch Danz nicht länger lohnend erscheinen lassen. Es schien mir deshalb angezeigt, das Verschwinden dieses letzten Antiquars der früheren Zeit zu kennzeichnen und ihm ein Wort der Erinnerung zu weihen. Der alte Danz war eine große stattliche Erscheinung, ebenso seine Frau, beide schöne Menschen. Und so war auch der Nachwuchs, nicht zum mindesten der weibliche Teil. Auch dies mag zur Beliebtheit der Firma beigetragen haben. Zuletzt war Inhaberin die Witwe eines Enkels des Be gründers, der schon seiner Liebenswürdigkeit und seiner Jovialität wegen einen Platz in den Annalen des Buch handels verdient. Als Kuriosum sei hinzugefügt, daß die Danzsche Familie Eigentümer des Hauses unter den Kolonnaden in der Leipzigerstraße war und dieses Haus noch vor einigen Jahren für nur wenige tausend Mark ausbot, einen wohl ganz unerhört billigen Preis für ein Haus in der Leipzigerstraße, wo ein Fuß breit Grund und Boden Tausende kostet. Die Lösung des Rätsels besteht darin, daß der Familie nur das Eigentum an der suportims?, d. h. dem Gebäude zustand, während der Grund und Boden ihnen nicht gehörte. Solche Fälle waren früher in Berlin nicht selten. Das Krollsche Etablissement z. B. war ebenfalls am fremdem Grund und Boden erbaut; wenn ich nicht irre, soll der Eigentümer des Gebäudes, der »alte Engel«, jährlich an Pacht einen Taler bezahlt haben. vr. W. Koehler, dem wir schon mehrere wertvolle Bücher über den Buchhandel verdanken, hat uns eine neue Frucht seiner Muße geschenkt. In einer groß angelegten »Geschichte des literarischen Lebens vom Altertum bis auf die Gegenwart«') will er das geistige Leben schildern vom Anfang der Kultur bis zur Gegenwart. Der erste Teil, dem drei weitere folgen sollen, beginnt mit einer Einleitung, in der die literarischen Lebenserscheinungen, die Grundlage und Ziele literarischen Schaffens, die literarische Arbeit an sich gewürdigt werden. Ihm folgt »Das Wesen und die ökono mische Bedeutung des griechisch-römischen Buchverkehrs«. In der Einleitung werden die Triebfedern wissenschaftlicher Tätig keit, der Einfluß der »Technik« und ihrer Vervollkommnung auf die Kultur im allgemeinen und auf das literarische Schaffen untersucht. Unter »Technik« versteht Koehler den »Inbegriff von Fähig- und Fertigkeiten, Mitteln und Werk zeugen zur Erreichung menschlicher Zwecke.« Diese »Technik« ei in erster Linie abhängig von der Dichtigkeit der Be völkerung, die »über das erreichbare Maß der Befriedigung des Lebensbedarfs entscheidet«. Erst die Sorge um den Lebensunterhalt, dann das Streben nach Erleichterung der Lebensbedingungen seien die natürlichen Hebel technischen Aufschwungs. Koehler gliedert die Technik in drei Haupt arten: die materielle, soziale und geistige, von denen »die letztere den obersten Rang als Kulturfaktor ein(nimmt), wes halb auch die technischen Hebel der Entstehung und Ver breitung der geistigen resp. literarischen Schöpfungen vor allen andern die Lebensimpulse beherrschen«. Der zweite Abschnitt der Einleitung führt die Über schrift: »Grundlagen und Ziele literarischen Schaffens«. Geist und Stoff, die Grundelemente der literarischen Hervor bringungen, erzeugen miteinander eine Schrift, die Lettern ind die Werkzeuge der Übertragung der Niederschlagung der Ideen. »Der Buchstoff ist der Jdeenträger.« Die Be ziehungen zwischen Besitz und Bedarf, Beruf und Schaffens kraft bilden die Basis der Entstehung und Pflege geistiger Interessen. — Der dritte Abschnitt behandelt die wirtschaft liche Bedeutung literarischer Arbeit. »Nach dem Zweck einer Schrift richtet sich die Absicht des Erkennens und das Ge- ühl der Nutzbarkeit.« Ich glaube, daß dieser Satz auf prägnanteste Weise sowohl das literarische wie das wirt schaftliche Element der Bücherherstellung erklärt. — Der vierte Abschnitt: »Die Leuchtkraft der Ideen und die Renta bilität des Geistes« betont, daß sich in der Leuchtkraft der Ideen auch ihre Macht offenbart. Unter »Leuchtkraft der Ideen« versteht Koehler »die Eigentümlichkeit stärkster und nachhaltigster Wirkungskraft ihres Inhalts«. »Je heftiger die Meinungen über eine zündende Idee aufeinander einstürmen, je stärker die Jdeenreibung, um so stärker ihre Leuchtkraft.« Als Beispiel führt er Hacckels Welträtsel an, deren Erscheinen eine förmliche Geistesschlacht entfesselt habe und dessen Ver breitung — gerade infolgedessen — sich auf eine volle Million belaufe. Dem »ökonomischen Wesen der Buch erzeugung« widmet Koehler eine ausführliche Darlegung, aus der ich zur Charakteristik den Satz herausheben will: »Die Wohlfahrtsbedeutung entscheidet über Art und Umfang der Büchererzeugung«. Unter Wohlfahrtsbedeutung versteht Koehler »diejenigen typischen Eigenschaften, welche in ihrer Gesamtheit den Bedürfnissen entsprechen als Gegen stand der Nutznießung«. Dieser Darlegung folgt eine ökonomische Würdigung der wichtigsten buchgewerblichen Betriebsformen: des Buchverlags (»dem Buchverlag fällt im ') Geschichte des literarischen Lebens vom Altertum bis zur Gegenwart. In den Grundzügen dargestellt von vr. W. Koehler. Erster Teil: Grundlegung. Nebst 8 Tafeln, gr. 8°. Gera-Unt., W. Koehler'sche Verlagsbuchh. (F. E. W. Koehler) 1906. XVI, 108 S. Preis ^ 2.50.
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