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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.09.1911
- Strukturtyp
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- 1911-09-13
- Erscheinungsdatum
- 13.09.1911
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- Deutsch
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10322 «ürs-lMattd. Dtsch». SE-Md-I. Mchtamtlicher Teil. 213. 13. September 1S11. angesehen. Beide glaubten oder glauben durch das Mittel selbst volksbildnerisch wirken zu können. Aber das Mittel hat nicht nur eine volksbildnerische, sondern auch eine ge schäftliche Seite. Nach Fränkels Plan sollte ein erheb licher Teil der Kosten vom deutschen Buchhandel getragen werden, eine Forderung, die dann auch zu dem energischen Widerspruch von dieser Seite sührte. Bartels will dem Buchhandel durch seine Lotterie nicht unerhebliche finanzielle Vorteile zuweisen und dürfte damit die Sympathien leicht sür sich gewinnen. Bartels denkt sich die Sache so: Der Deutsche Schillerbund braucht einen Vermögensgrundstock von 2—300 000 Er soll aufgebracht werden durch eine Bücherlottecie, zu der 500 000 Lose 5 1 vertrieben werden. Für die Büchergewinne sind 200 000 »O aufzu wenden. Die Bücher werden zu den Ladenpreisen angekauft. Den Vertrieb der Lose übernimmt der Sortimentsbuchhandel, der die Lose vom Schillerbund zu 90 H bekommt. Jeder Sortimenter bestellt die in seine Kollekte gefallenen Buch gewinne selber und bezieht die übliche Provision vom Verleger. Man sieht, es ist ein reines Geschäft ohne jedes Risiko. Also auch nach dieser Seite wären die Bedenken, die man gegen die ältere Lotterie erheben mochte, gegen das neue Unternehmen nicht geltend zu machen. Wohl aber stellen sich hier Bedenken anderer Art ein. Ob Bartels seine Rechnung nicht mit einem zu große» Aufwand an Optimismus aufgemacht hat, mögen wir hier nicht entscheiden. Wie schwer Stempelabgaben. Reklame und was sonst noch dem Geschäftsmann einfallen mag. sein Budget belasten würden, mögen andere ausrechnen. Auf einen Fehler aber müssen wir Hinweisen, der. wie uns scheint, seine ganze Rechnung umwirst. Die Lose sollen 1 kosten und jeder fünfte Los soll gewinnen. Die Gewinne sollen aus einer großen Anzahl sehr wertvoller Werke bestehen — wir kommen daraus noch zurück —; »zu diesen großen Gewinnen müßten dann aber zahlreiche kleinere, 1 ^-Bände, die den Gewinnern Freude machen könnten, kommen». Also die Chance, überhaupt zu gewinnen, ist 1 zu 5. Dann aber kommt der größere Teil der Gewinner, um den wird es sich ja wohl handeln, nicht einmal, wie es aus den ersten Blick scheint, mit seinem Einsatz heraus, weil der Preis des Loses dem Preise des Buches entspricht. Theoretisch freilich mag es der Fall sein, praktisch aber nicht. Aus wie viele Gewinner wird gerade das Buch fallen, das sie sich selbst sür 1 ^ gekauft hätten? Man wird einwenden: Sie hätten sich vielleicht ein weniger wertvolles Buch gekauft. Darauf kommt es hier aber nicht an. Nicht der volksbildnerische Maßstab ist hier anzulegen, sondern der geschäftliche, und da fragt es sich, ob der finanzielle Erfolg der Lotterie nicht sehr beeinträchtigt werden kann durch die Eiwägung, die der Einzelne wohl anstellen könnte: »Kaufe ich mir jetzt ein Los, so habe ich die Chance 1 zu 5. überhaupt zu gewinnen. Gewinns ich, dann kann es ein sehr wertvolles Werk sein, meinetwegen die Weimarer Ausgabe von Goethes Werken, weit größer aber ist die Wahrscheinlichkeit, daß ich ein Buch gewinne, das ich mir für meine Mark jeden Augenblick kaufen kann und das ich am Ende nicht einmal brauchen kann oder will.» Das heißt doch etwas anderes, als wenn jemand in einer Geldlotterie mit seinem Einsatz herauskommt. Hier hat er nicht nur keinen Vorteil, sondern wahrscheinlich einen Nachteil — immer von seinem Standpunkte und nicht von dem Bartels aus. Das heißt aber nichts anderes, als daß die Chance zu gewinnen nicht 1 zu 5 ist, sondern eine viel geringere, je nach der Anzahl der Ein-Mark-Gewinne. Damil würden die Absatzaussichlen der Lose andere und damit die finanzielle Basis des Unternehmens verrückt werden. Dieses Bedenken würde freilich hinfällig sein, wenn man an nehmen wollte, daß 500 000 Lose unter allen Umständen zu verkaufen wären. Die Erfahrungen aber lassen eine solche Annahme nicht ohne weiteres zu. Bartels macht den Fehler, daß er annimmt, jeder Gewinner würde sich über ein Buch freuen, über das er sich seiner Meinung nach freuen müßte. Es ist doch bedenklich, auf so schwankem Grunde geschäftliche Unternehmungen aufzubauen. Nun können wir aber immerhin annehmen, daß dieser Fehler in der Rechnung sich ausgleichen läßt oder daß er überhaupt nicht ins Gewicht fallen wird. Es bleibt uns dann noch die Erörterung der wichtigsten Frage. Wie hat man sich vom Standpunkte der Volksbildung zu dieser Lotterie zu stellen? Hier könnte ich nur wiederholen, was ich seinerzeit gegen die Lotterie des Vereins für Massenverbreitung guter volkstümlicher Schriften gesagt habe'). Trotz der zahlreichen Bücher, die auf keinem Weihnachtstisch fehlen dürfen, gibt es doch kein Buch, das jedermann besitzen müßte. Es schlägt jeder Volksbildungsarbeit geradezu ins Gesicht, wenn man Bücher in Massen in das Volk wirft, ohne im geringsten Rück sicht auf die Bedürfnisse des Einzelnen zu nehmen. Bartels schlägt als größere Gewinne vor Treitschkes »Deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts-, Freytags -Bilder aus der deutschen Vergangenheit», die große Weimarer Goethe-Ausgabe und Lamprechts »Deutsche Geschichte». Den Treitschke gewinnt natürlich ein zielbewußter Sozialdemokrat. Bartels wird das vielleicht sehr schön finden. Vielleicht, wenn der Mann das Buch läse. Er bringt es aber gewiß gleich in das Anti quariat. Oder eine arme Näherin, die sich in ihrer Stube ohnehin nicht umdrehen kann, gewinnt die Weimarer Goethe- Ausgabe. die heute schon, wenn ich nicht irre. 120 Bände um faßt und einen Wert von annähernd 900 darstellt. Sie könnte ja gar nichts Besseres tun. als die Ausgabe sofort zu oerkaufen. Mit alledem ist immerhin noch kein Schaden angertchtet, mag man sagen. Man kann das zugeben, aber die Lotterie soll ja nicht nur keinen Schaden stiften, sondern nationale Bedeutung haben. Wo liegt denn nun die? Es kommt nicht darauf an. daß möglichst viele nationale Bücher ins Volk hineingeschleudert werden, sondern daß das Volk sie auch liest und versteht, sonst können sie unter Umständen sogar schaden. Dieser Forderung zu genügen, ist auf dem Wege der vorgeschlagenen Lotterie natürlich ganz undenkbar. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, daß diesem schwersten Einwand gegen die Lotterie begegnet werden kann. Bei der geschäftlichen Aufmachung der Fränkelschen Lotterie war es schwerer, wie Bartels aber die Sache geschäftlich anpackt, scheint es mir gar keine Schwierigkeiten zu machen. Man verlose nicht Bücher, sondern Gutscheine auf Bücher. Die Gewinne würden dann lauten auf ein Buch zu soundsoviel Mark, nach freier Wahl zu beziehen durch die Buchhandlung, in der das Los gekauft wurde. Will Bartels durchaus den nationalen Charakter seiner Lotterie wahren, so geht auch dies. Es könnte eine Liste von Büchern zu sammengestellt werden, aus der die Auswahl erfolgen müßte. Sie müßte aber den verschiedensten Bedürfnissen, soweit sie sich national rechtfertigen lassen. Rechnung tragen und so weitherzig wie möglich zusammengestellt sein. Es sollte den Buchhändlern auch gestattet sein, ausnahmsweise Bücher abzu- geben, die nicht in der Liste stehen. Ich will nicht behaupten, daß ich mich für eine solche Lotterie begeistern könnte, immerhin könnte ihr auch vom Standpunkt der Volksbildung eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen werden. Sie würde vielleicht manchen, der bisher scheu um den Bücher laden herumgegangen ist. zum Bücherkaus anregen. Auch unter diesem Gesichtspunkte empfiehlt sich die freie Wahl. Jedenfalls aber würde gegen eine solche Lotterie, wenn sie in den Dienst einer guten und großen Sache gestellt wird, niemand mit Recht etwas einwenden können. v. Erdberg. >> a. a. O.
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