216, 16. September 1S11. Fertige Bücher. Börsenblatt l d. Dtschn. Buchhandel. 10525 Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst München cs Sechste und siebente Auflage Helene Böhla« Zsebies Roman. Geheftet 5 Mark 50 Pf., gebunden in Leinen 7 Mark, in Halbfranz 9 Mark. Neue Freie Presse, Wien: Dieses jüngste Beichtbuch ist zugleich ein Buch demütiger und dennoch unendlich glücklicher Erkenntnis von der eigentlichen Bestimmung der Frau, ob sie auch zu der kämpfenden Gruppe gehört. Es ist bis an den Rand mit jener Milde gefüllt, die bisher dieser streitbaren Künstlerin fehlte. Selbst die Schilderung des Weimarer „Philistertums" ist ohne jede Spitze, von altfränkischer Anmut. Liebe und Leid, diese beiden frauen haftesten Klänge, weben hier wunderbar hin und Wider. Und man hört, wenn man in diesem Buche liest und an das stille Laus in der Seestraße denkt, ferne Stimmen herüber aus dem Goethe-Garten am Frauenplan . . . Die Frau. Berlin: So fließen die künstlerischen und dis religiösen Kräfte, die das Leben zu verklären vermöge», in diesem Werk ineinander, so bietet uns Jsebies-Sibylle diese „Landvoll Wasser" aus dem Meer ihres Lebens, ihr Stück Vergangenheit so, wie ein Mensch und ein Künstler sich von dem bloßen lastenden Stoff der Ereignisse erlöst . . . „So ein Buch konnte nur eins Frau schreiben." Wir nehmen das Diktum auf — mit allem Lob und Tadel, den es einfchließt. Formlos, grenzenlos, subjektiv — gewiß. Aber dafür gibt es auch kein Buch, das uns wie das von Lelene Böhlau seine Welt so lebendig und sprühend nahe, so eindringlich und bezwingend seelenhaft, so in allem Reichtum und aller Pracht und allem Leid erlebt und empfunden zeigt. Lätte die literarische Kritik ein Maß, um die seelische Energie, die Wärme, die Erlebnisfülle eines Kunstwerks zu messen, so könnte man dies Urteil, das nur gefühlsmäßig abgegeben werden kann, objektiv begründen. . . . Ein Frauenbuch aber auch in der Art seiner Ausdrucksfähigkeit. Lelene Böhlau hat vielleicht von allen Dichterinnen den größten Anteil daran, daß für spezifisch weibliche Anschauungs- und Empfindungsweisen der literarische Ausdruck gefunden wurde. Ihr ist es gelungen, die ganze Welt des Läuslich-Leimlichen, Vertrauten, der Innigkeit und Geborgenheit, deren Wesen sich in Koseworten wie „Isebies" sammelt, in die Literatur hineinzustellen. Wir bitten, das schöne Buch jetzt wieder aufs neue dem Publikum vorzulegen und zu empfehlen. München, 14. September 1911. c> Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. 1370