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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.10.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-10-07
- Erscheinungsdatum
- 07.10.1911
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- Deutsch
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- Saxonica
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PH 234, 7. Oktober 1911. Fertige Bücher. «orjendlatt f. d. Dlschn. Vuchhanveu 11699 Politische Bibliothek auch Ihr Verlag in dieser Weise dem künstlerischen Geschmack Rechnung trägt, so wenig halte ich von jener scheuen, in sich selbst zurückgezogenen Pose, die in ästhetischer Gleichgültigkeit um die Entwickelung der gesamten geistigen Kultur sich nicht kümmert, dann aber mit einem Male ausschreit, wenn irgendeine ge setzliche Neuerung der wirklichen Kunst ans Leben geht. Ich freue mich, daß Sie so mutig und so glücklich die Arbeit in Angriff genommen haben mit der Gründung Ihrer „Politischen Bibliothek". Die politischen Inter essen können gar nicht anders inehr behandelt werden als von größeren Kulturgesichtspunkten aus. Das Rückgrat der inneren Politik bilden zuletzt nicht die wirtschaftlichen Interessen; diese führen zwar zu großen Organisationen und Maffenverbänden. Die Finanz- Wirtschaft eines Volkes wird sicherlich immer die sicht bare Grundlage eines Staatswesens sein, aber zu ihrer gesunden und gerechten Normierung muß die Freiheit der geistigen Bildung und ihre Vertiefung vorausge setzt werden. An diese Voraussetzung hat man viel zu wenig gedacht. Eben deshalb begrüße ich Ihre „Poli tische Bibliothek" aufs lebhafteste und finde in solchen Werken, wie sie uns besonders durch das Buch von Steffen geschenkt worden sind, eine wirkliche Erlösung. Ich möchte hoffen und meinen, daß alle Politiker der verschiedensten Parteien Ihnen für Ihren Versuch dankbar sein müßten. Carl Jentsch, Schriftsteller, Neiße. Daß der Ästhetizismus nicht herrschen darf, ist selbst verständlich; ein aus lauter Ästheten bestehendes Volk wäre dem Antergange geweiht. Ebenso selbstverständ lich ist, daß die Politik als Tätigkeit fürs Gemeinwohl die Kultur nicht ausschließen darf. Kulturloses Leben wäre ja gar kein Menschenleben, und darum darf auch das Ästhetische, als einer der wesentlichen Bestandteile der Kultur, nicht fehlen. Es hängt aufs innigste zusammen mit den Ideen oder, genauer gesagt, ist eine der herrschenden Ideen des Humanismus des 18. Jahr hunderts, die verloren zu haben Ku Hung-Ming den heutigen Liberalismus Europas anklagt. Aber die Gefahr einerAlleinherrschast oder ungebührlichenVor- herrschafk des Ästhetentums, das doch wohl auf die großstädtischen Literaten- und Künstlerkreise beschränkt ist, vermag ich nicht zu erkennen, im Gegenteil finde ich, daß sich einzelne feinere Geister nur deswegen nach Altweimar und in die Renaissance und nach Athen zurückflüchten, weil der alles andere übertönende poli tische Lärm die geräuschvolle Arbeit für das grob materiell verstandene Gemeinwohl alle höhere Kultur zu vernichten droht; ob zu wenig staatswissenschaftliche Werke erscheinen und gekauft werden, vermag ich nicht zu beurteilen. Daß Romane mehr Leser finden als wissenschaftliche Werke, ist nicht zu verwundern. Der Nichtakademisch-Gebildete schöpft sein Wissen aus der Zeitung und aus Zeitschriften, und diese belehren ihn gerade über Politik so reichlich — ob auch gut, ist freilich eine andere Frage,—daß er keiner Bücher zu bedürfen glaubt; hat er aber Geld, Zeit und Lust für belehrende Bücher, dann stehen ihm ja die bequemen Bändchen zur Verfügung, die Reclam, Teubner und Göschen herausgeben. And in der Erholungszeit will man sich eben erholen, gerade auch von der Politik, greift darum naturgemäß nach Romanen. Es handelt sich also nicht darum, das Interesse für Politik zu er wecken, das droht vielmehr alle anderen Interessen, mit Ausnahme des Geldintereffes, dem es meist dient, zu verschlingen, sondern darum, dieses Interesse zu läutern und aufzuklären; die Geister von der Herrschaft der Parteiphrase zu erlösen, ihnen eine genaue Ein sicht in die Lebensbedingungen der Völker vorzugs weise des eignen Volkes, in Natur und Aufgaben des Staates zu eröffnen. Daran arbeiten ja nun auch zahl- reicheMännerderWiffenschaftundtüchtigePublizisten in Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, nicht erst seit gestern, und die Bücher und Flugschriften des Verlags von Eugen Diederichs werden ohne Zweifel ein nütz liches Stück Mitarbeit darstellen. Neue Wege zum Ziele zu erschließen neben diesem allein gangbaren und längst beschrittenen Wege, ist weder möglich noch not wendig. Daß wir Deutschen in der Politik hinter anderen Staaten zurück seien, halte ich für einen großen Irrtum; die politischen ZuständeFrankreichs, Englands und der Vereinigten Staaten wurden bei uns nur darum überschätzt und gepriesen, weil diese Länder sich Demokratien nennen. Zu untersuchen, wie weit sie das in Wirklichkeit sind, und ob die Demokratie als das absolute politische Ideal anerkannt werden muß, ist hier nicht der Ort. Eugen Diederichs Verlag in Jena
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