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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.10.1907
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- 1907-10-17
- Erscheinungsdatum
- 17.10.1907
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- Deutsch
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^ 243, 17. Oktober 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn, Buchhandel. 10727 Friedrich Christoph Nicolai war von 8 Kindern das jüngste. Geboren am 18. März 1733 zu Berlin, besuchte er dort das Joachimsthalsche Gymnasium, dann die Schule des Waisenhauses zu Halle, wo ihn eine tiefe Abneigung gegen »erzpietistische Kopfhänger« erfaßte. Von 1749 bis 1751 war er als Lehrling in einer Buchhandlung in Frankfurt au der Oder tätig. Hier erwachte in ihm mächtig der Trieb zur Weiterbildung, und er sparte sich die Pfennige am Mund ab, um sich Licht für seine nächtlichen Studien zu verschaffen. So wurde er ein autodidaktischer Polyhistor. Er zeigte von Jugend auf eine große Neigung zur Schriftstellerei und beschloß, als er herangewachsen und der Vater verstorben war, von den Zinsen seines kleinen Erb teils und von seiner Feder zu leben. Ein älterer Bruder hatte die vom Vater überlassene Buchhandlung übernommen, starb aber nach wenigen Jahren. Da der andre Bruder (der Professor der Theologie in Frankfurt an der Oder war) dafür nicht in Betracht kam, so entschloß sich Friedrich Nicolai, das väterliche Geschäft fortzusetzen. Er veräußerte den größten Teil des alten wertvollen Lagers und arbeitete mit dem dadurch erhaltenen Kapital weiter. Was er unternahm, gedieh. 1757 begründete Nicolai das kritische Journal: Bibliothek der schönen Künste und Wissenschaften, trat es aber 1759 an Weiße ab, der es mit Dyk als Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften (1765—1806) herausgab. Be kannter wurde Nicolai durch die Herausgabe der Literatur briefe (1759—1765), deren Mitarbeiter bekanntlich Lesstng und Mendelssohn waren. Gegenüber dem Adlerflug eines Goethe und Schiller trat bei Nicolai die nüchterne Verstandes tätigkeit mehr in den Vordergrund, und er bekämpfte z. B. den unheilvollen Einfluß von »Werthers Leiden« durch -Die Freuden des jungen Werthers« (Berlin 1775). Eine Reihe von Fernen sind mehr oder weniger direkt gegen ihn ge richtet, obwohl Schiller ihn früher sehr hoch geschätzt hatte. Im Jahre 1765 gründete Nicolai die Allgemeine Deutsche Bibliothek, die er bis zum Jahre 1805 durch 268 Bände fortführte. Diese Zeitschrift war das wichtigste literarische Unternehmen des Nicolaischen Verlags. Johann Erich Biester, der seit 1783 die Berlinische Monatsschrift herausgab, aber auch Mitarbeiter der Allgemeinen Deutschen Bibliothek war, schreibt über letztere in einer Denkschrift: »Es war ein Werk von solchem Umfange über unser gemein schaftliches deutsches Vaterland und von solchem Einfluß auf alle Provinzen desselben, wie keine Nation ein ähnliches aufzuweisen hat. Nun erst erfuhr Deutschland, was überall literarisch in ihm vorging, es lernte sich selbst kennen und kam eben dadurch in nähere Verbindung mit sich selbst. Die Aufgabe war nicht klein und damals ganz neu, berühmte und achtungswerte Männer in allen deutschredenden Landen zu einer Schrift zu vereinigen, die hundert Meilen von ihnen gedruckt wurde, durch sie Urteile über die Werke ihrer Gegend und Nachrichten über den dortigen wissenschaftlichen Zustand einzuziehen, die nur an Ort und Stelle richtig ab gefaßt werden konnten. Die wichtige, heilbringende Wirkung leuchtete ein, und so erfolgte mehrere Dezennien hindurch der willige Beitritt einer großen Zahl verdienstvoller Ge lehrten, um die Stimme einer unparteiischen Kritik laut werden zu lassen und eine freimütige, nur der Wahrheit und Vernunft huldigende Denkungsart an die Stelle befangener, abergläubischer Vorurteile zu setzen.« — Wie groß die Zahl der Mitarbeiter und das Ansehen ihrer Namen war, ersieht man aus Gustav Partheys Buch Die Mitarbeiter an Friedrich Nicolais Allgemeiner Deutscher Bibliothek, mit ihren Namen und Zeichen in zwei Registern geordnet. Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte. 1842 Außer der Allgemeinen Deutschen Bibliothek hat Nicola: viel verlegt, und es waren gerade einzelne, heute längst ver gessene Artikel, die sich als rentabel erwiesen. Parthey er wähnt in seinen Jugenderinnerungen z. B. folgenden Ver lagsartikel: In der Zeit des Siebenjährigen Kriegs hatte Nicolai ogenannte Breloqueskalender anfertigen lassen, die man an der Uhrkette neben den Petschaften trug. Es waren kleine Büchlein, kaum einen Zoll lang und breit, in gepreßtes Leder gebunden und mit einer feinen goldenen Schnur eingefaßt, die oben am Rücken eine Öse bildete. Die Kalender enthielten neben kleinen Kupferstichen patriotische Verse, und deshalb wurden sie zu Tausenden abgesetzt. Nicolai soll mehr als 6000 Taler daran verdient haben. Um dieselbe Zeit (1760) heiratete Nicolai Eusebia Macaria Schaarschmidt, die ihm acht Kinder schenkte. Parthey äußert sich sehr vorurteilsfrei über den Charakter eines Großvaters, sowie auch über dessen Werke, so daß unser Urteil keineswegs getrübt erscheint. Nicolai genoß als Buchhändler und als Schriftsteller großen Ruf. Sein Haus gehörte zu den ersten bürger lichen Vereinigungspunkten in Berlin. Er leitete nicht bloß die Liebhaberkonzerte im Korsikaschen Saale, sondern veranstaltete auch bei sich größere Musikaufführungen, in denen das neueste und beste zum Vortrag kam. Da sein Ruf sich durch ganz Deutschland verbreitete, so reiste nicht leicht ein fremder Gelehrter durch Berlin, ohne Nicolai zu besuchen oder wenigstens seine Karte in der Buchhandlung abzugeben. Ein Gehilfe der Buchhandlung mußte darüber eine Liste führen, die jeden Freitag Nicolai vorgelegt wurde. Er strich dann diejenigen Personen an, die am Sonnabend eingeladen werden sollten, und fast alle Sonntage ver sammelte ein glänzender Mittagstisch die alten und die neuen Gäste. Waren fremde Dichter zu bewirten, so wurden von den Berlinern Ramler, Göckingk, die Karschin zugezogen; für die Philosophen war Moses Mendelssohn eine anziehende Persönlichkeit; die Pädagogen schaarten sich um Gedike und von Rochow, die Bibliophilen um Biester und Oelrichs; für die Theologen hatten Teller, Zollikofer und Zöllner einzu stehen, für die Mediziner Theden und Selle; die Ästhetiker waren durch Engel vertreten, die Juristen durch Suarez und Klein; von den Musikern wurden Fasch und Zelter ausge sucht, von den Künstlern Bernhard Rode, Chodowiecki und Meil. So bildete Nicolais Haus eine Reihe von Jahren hindurch den literarischen und geselligen Mittelpunkt der Residenz; es vertrat die Stelle der späteren Klubs und Kasinos. Im Jahre 1785 feierte Nicolai an der Seite seiner Frau und im Kreise von fünf blühenden Kindern seine silberne Hochzeit; aber dieser schöne Kreis lichtete sich schon bald. Der älteste Sohn Samuel, der in der Buchhandlung be schäftigt war, machte 1790 in einem Anfall von Schwermut seinem Leben ein Ende. 1793 starb seine Mutter. Der zweite Sohn Karl August, der sich mit seinem Vater nicht vertragen konnte, gründete eine eigene Buchhandlung, in der Tiecks Jugendarbeiten erschienen. Er führte das Geschäft aber nur kurze Zeit und starb in seinem 30. Jahre (1799). David, der dritte Sohn, starb als Kammerdirektor in Kalisch infolge eines Unfalls (1804). Um Nicolais jüngste Tochter Lottchen bewarb sich der Schriftsteller Rochlitz in Leipzig; als er aber dabei mit allzu großem Selbstgefühl zu verstehen gab, daß er hoffe, durch seine belletristischen Arbeiten der Buchhandlung einen neuen höheren Aufschwung zu geben, verdroß dies den alten Herrn so gewaltig, daß er nichts von dieser Verbindung missen wollte. Lottchen verzehrte sich nun in langsamem Grame und starb 1808, drei Jahre vor ihrem Vater. Der fast vollständig erhaltene Briefwechsel Nicolais in 93 Foliobänden gibt Zeugnis von seiner unermüdlichen 1397'
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