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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1907
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- Erscheinungsdatum
- 11.10.1907
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- Deutsch
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^ 238. 11. Oktober 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 10431 schaft sich in dieser wichtigen Angelegenheit bis jetzt so völlig passiv verhalten hat. Da das neue Gesetz womöglich schon mit dem 1. Januar 1908 in Kraft treten soll, so ist es die höchste Zeit, daß sie sich wehrt. Anfangs erschien der Ge danke allgemein so ungeheuerlich, daß niemand ihn ernst nahm; aber heute, wo die genannte Kommission und sogar der einflußreiche Kultusminister Herr Briand selbst den Ent wurf befürwortet, ist die Gefahr groß, und es dürfte den Verlegern schwer werden, sie abzuwenden. Ernst Waldmann. Literarische Fälschungen. Von Tony Kellen, Bredeney (Ruhr). (Schluß aus Nr. 237 d. Bl.) Ein bemerkenswerter Beitrag zur englischen Literatur geschichte ist das Kapitel: Die Chatterton-Tragödie. Bekanntlich versuchte Chatterton (1752—1770), der so früh durch Gift endete, schon mit sechzehn Jahren Gedichte, die er selbst verfaßt hatte, als solche auszugeben, die er von Gedichten des Thomas Rowley, eines Mönches aus dem fünfzehnten Jahrhundert, abgcschricben habe. Diese Gedichte sind übrigens erst nach seinem Tode gedruckt worden, und jetzt ist der Streit, der lange Zeit um deren Echtheit geführt wurde, längst erloschen. Es ist wahrscheinlich, daß das Beispiel Horace Walpol es, der sein »Orutls ot Otranto« 1764 als angebliche Übersetzung eines ältern Werks heraus gab, Chatterton zur Nachahmung veranlaßt hat und daß wiederum Chattertons Beispiel Macpherson angeregt hat, die Welt mit Ossians Gedichten zu täuschen. Das 9. Kapitel beschäftigt sich mit William Länder, einem der ersten englischen Gelehrten des achtzehnten Jahr hunderts, der sich in seinem Eifer, Milton als Plagiator hinzustellen, soweit Hinreißen ließ, daß er die von dem Ver fasser des rOg^ckise lost« angeblich benutzten Quellen ab sichtlich fälschte. Nachdem er lange mit großer Hartnäckig keit sein Vorgehen verteidigt hatte, ging er schließlich nach Westindien, wo er elend und verachtet starb. Die Geschichte der gefälschten Briefe Byrons und Shelleys, die der Buchhändler White 1848 in gutem Glauben kaufte, bildet nach Farrers Meinung »eine dauernde Warnung gegen die angenehme Narrheit, Autographen zu sammeln«, und er bemerkt des weitern dazu: »Angenommen, daß diese Briefe gefälscht worden sind, so sind sie wunder bare Illustrationen dafür, was in dieser Beziehung geleistet werden kann. Sie beweisen, daß künstliche Literatur ebenso leicht erzeugt werden kann wie künstliche Perlen, und daß selbst die fähigsten Sachverständigen damit angeführt werden können. Kein Lebender kannte die Handschriften Byrons und Shelleys besser als Mr. Murray bezw. Mr. Moxon, und doch wurden diese vollkommen durch eine Ähnlichkeit ge täuscht, die sich nicht lediglich auf die wirkliche Handschrift, sondern auf den Gedankengang der beiden Autoren bezog, die nachgeahmt wurden. Die Entdeckung des Betrugs war eher dem Zufall, als dem Scharfsinn irgend eines der bei dem Handel Beteiligten zu verdanken. Welche Hoffnung kann daher dem gewöhnlichen Sammler oder Käufer solcher Ware bleiben?« Das 11. Kapitel befaßt sich ganz mit Fälschungen auf deutscher Seite, und zwar vorerst mit Friedrich Wagenfeld, der einzelne Gelehrte mit dem angeblich von ihm entdeckten Manuskript der griechischen Übersetzung des verlorenen Werks des Sanchuniathon über die älteste Geschichte Phöniziens täuschte. Obschon die Kritik bald die Fälschung erkannte, beharrte Wagenfeld auf seinem Vorgeben und veröffentlichte 1837: »LLuokoniillboins klistonirrnw Oüsnieins libros oovsm AiLsos versos g. Odilo llvölio säiäit lstinsgus vsrsions äons-vit 0. IVagentslä.« (LrsivÄS 1837, ex oküeina Oaroli Lobrms- ivLnvi). Das Werk, das von K. O. Müller in den »Göt- tingischen Gelehrten Anzeigen« vernichtend kritisiert wurde, verdient lediglich wegen der Geschicktheit, mit der es Wagen feld fabriziert hat, Beachtung. Man bedauerte, daß Wagen feld seine großen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht besser im Dienste der Wissenschaft verwendet hat. Er starb übrigens schon 1846 im Alter von 36 Jahren, nachdem er in den letzten zwei Jahren noch »Bremens Volkssagen« und »Kriegs fahrten der Bremer zu Lande und zu Wasser« herausgegeben hatte. Die zweite Hälfte des erwähnten Kapitels behandelt die gefälschten Luther-Autographen. Da diese Fäl schungen von Hermann Kyrieleis erst 1898 das Berliner Gericht beschäftigten, ist der Fall wohl noch zur Genüge in der Erinnerung der Leser dieses Blattes. Mit Rücksicht darauf, daß die Werke mit den von Kyrieleis gefälschten Widmungen Luthers an die Besitzer zurückgegeben worden sind und die Widmungsblätter leicht in andre Werke ein gefügt werden könnten, mahnt Farrer wohl mit Recht zur größten Vorsicht bei etwaigen Angeboten von Luther-Auto graphen. Auch die umfangreichen Fälschungen des Franzosen Vrain-Denis-Lucas (geboren 18l8), der dem Gelehrten Michel Chasles in neun Jahren nicht weniger als 27 230 gefälschte Briefe für 140 000 Franken verkauft hatte und dafür zwei Jahre Gefängnis erhielt, sind schon mehrfach in deutschen Blättern geschildert worden. Die kolossale Gaunerei hatte zuletzt etwas geradezu Possenhaftes, denn der Fälscher ließ sogar alte Griechen und Römer Briefe in französischer Sprache schreiben. Das bloße Verzeichnis der falschen Briefe von Lucas füllt 17 enggedruckte Seiten in dem Werk von Bordier und Mabille: »Oabriqnss äes kanx kmtogrÄpllss«. Die Marie Antoinette betreffenden Fälschungen sind ans der Weltgeschichte wenigstens zum Teil bekannt. Farrer teilt einige Einzelheiten über die verschiedenen Briefsamm lungen mit, von denen z. B. die des Grafen Vogt von Hunolstein noch immer in zahlreichen Antiquariatskatalogen augekündigt wird. Die vielen falschen Briefe sind teils früher aus Gehässigkeit gegen die Königin fabriziert worden (so im Halsbandprozeß), teils später, um die steigende Nach frage der Sammler zu befriedigen. Der Geschmack am Autographensammeln begann in Frankreich etwa um 1814. Es ist ausgerechnet worden, daß zwischen 1822 und 1835 nicht weniger als 12 000 Briefe berühmter Personen in Auktionen verkauft worden sind. Dann nahm der Handel auf diesem Gebiet so zu, daß von 1836 bis 1840 etwa 11 000 und von 1846 bis 1859 etwa 32 000 Autographen verkauft wurden. Es handelt sich dabei natürlich nur um bekannte Stücke, während die vielen Einzelverkäufe sich jeder Kontrolle entziehen. Daß darunter viele gefälschte Briefe waren, kann man wohl als sicher voraussetzen. Im 14. Kapitel schildert Farrer den »unsterblichen Streich« von W. H. Irelaud. Dieser Jreland war der Sohn des Buchhändlers Samuel Jreland, der am 2. April 1796 im Drury-Lane-Theater in London ein angeblich neu entdecktes Stück von Shakespeare »Vortigorn rmä Koven»« aufführen ließ. Das Stück war in Wirklichkeit von dem kaum 18 Jahre alten Jreland verfaßt, und der Betrug wurde auch schnell entdeckt; das Stück wurde schon bei der ersten Aufführung abgelehnt. Die Balladenfälschungen, von denen ein weiteres Kapitel handelt, betreffen ausschließlich die englische Literatur. Das letzte Kapitel zählt noch eine Reihe sonstiger Fäl schungen auf. Es sind dies solche Fälle, die sich zumeist nicht zu einer längern Darstellung eignen und deren kurze 1359'
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