7026 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher. ^ 146, 26. Juni 1908. 5KIH - LLIP2I0 ^ Detlev von Lilieneron schreibt im „Berliner Tageblatt" Nr. 308 vom 19. Juni 1908 in einem längeren Feuilleton, „Ein Buch Verse" betitelt, u. a. über Gustav Schülers neues Versbuch: Auf den Strömen der Welt zu den Meeren Gottes. Ich habe in den beiden ersten Abteilungen dasselbe gefunden, was mir schon früher in Schülers Gedichten aufgefallen war: Zusammenfassung, Gedankenfülle, oft köstlicher Wirklichkeitssinn, ein treues, mitfühlendes Lerz und manche andere Eigenschaft, die ein Lyriker haben soll und muß, und die man so selten bei unseren Lyrikern trifft. . . . Schülers Liebes lieder sind voller Leidenschaft, voller Feuer, und doch immer gebannt durch die Kunst. ... Es ist nicht „der Stil" Flemmings und Gerhardts, in dem diese Gedichte („Gott") geschrieben sind, aber es ist dieselbe Lerzenstiefe, derselbe Schrei nach Gott, der sie ausfllllt. Die Geistlichen aller Bekenntnisse hätten die höchste Freude darüber. Aber wahrlich nicht nur die Geist lichen, sondern unendlich viele religiös denkende, nach Religion ringende Menschen. Eine solche Inbrunst, solch kindliches Vertrauen liegt in ihnen. . . . Johannes Schlaf in „Die Zeit" (31. Mai 1908): Man wird die sympathische Gabe, die dieser Band bedeutet, wohl gern entgegennehmen. Karl Ernst Knodt in den „Zeitfragen": Seine wuchtigen Verse hqben wohl schon manches für „Lyrik" sonst kaum empfängliche Gemüt aufgeweckt, ja geradezu aufgeschreckt. Denn etwas wie Sturm stürzt sich in und aus den Gesängen dieses elementaren Dichters, der nicht nur ein Talent, sondern eine Natur ist. „Leipziger Neueste Nachrichten" in einem längeren Artikel (18. Mai 1908): Des Dichters neuestes Buch, das den vielsagenden Titel „Auf den Strömen der Welt zu den Meeren Gottes" führt, wird aber selbst für jene eine Überraschung sein, die durch einzeln veröffentlichte Gedichte Kunde erhielten von der Klärung dieses im Anfang so trotzig und leidenschaftlich anstürmenden Talentes. Aus dem brausenden und schäumenden Most ist edler, klarer, starker Wein geworden, von dem man gern einen tiefen, tiefen Trunk tut. . . Ich hoffe, daß die Leser meinen empfehlenden Worten glauben und auch zu der Quelle selbst Vordringen werden, aus der ich nur einige Tropfen schöpfen konnte, von deren frischem, klarem Sprudeln ich nur ein Geringes in diesen Zeilen ahnen lassen kann. „Leipziger Volkszeitung" (12. Mai 1908): Artisten haben wir genug, wir brauchen Menschen: Schüler ist einer. „Tägliche Rundschau" (S. 479): . . . Nichtige Kirchenlieder hat er gemacht. . . Eine Ursprünglichkeit, die auch vom Allerpersönlichsten den Schleier weg. reißt, ohne daß man ein peinliches Gefühl hat. Es kommt darauf an, wer sich enthüllt. . . . Schüler ist eigentlich so ziemlich der einzige moderne — Kirchenliederdichter. „Die Christliche Welt" (Nr. 21. 21. Juni 1908): Mit dem vorliegenden Gedichtband, dem stattlichsten, den er bisher hat ausgehen lassen, hat sich Gustav Schüler in die vorderste Reihe der Lyriker der Gegenwart gestellt. ... Es ist neuartige, individuelle Frömmigkeit, die sich im dritten Teil des Buches „Gott" ausspricht: brünstige Gottessehnsucht, ein Lauch der Mystik und eine Innigkeit der Jesus- liebe, wie sie seit Novalis bei keinem weltlichen Dichter sich findet. Möchte das vornehm ausgestattete reiche Buch den rechten Widerhall finden! „Hamburger Nachrichten" (7. Juni 1908): Dieses Buch wird selbst für jene Leser eine Überraschung sein, die durch einzeln veröffentlichte Gedichte Kunde erhielten von der Klärung dieses im Anfang so trotzig und leidenschaftlich anstürmenden Talents. . - . Möge es der schönen Gabe eines echten Dichters nicht an Lesern fehlen! Der Verlag gab dem Buche eine würdige, schlicht vornehme Ausstattung, die es zu einem Geschenk so recht geeignet macht. „Uenien" 1908, Nr. 6: Es ist eine herzliche Freude, wieder einmal einem so reichen Buche zu begegnen wie diesem! Gustav Schüler ist weit mehr als ein feiner Familiendichter nach Art Gustav Falles oder ein schmächtiger Koloritromantiker nach Karl Busses Manier Er ist auch weit echter und posenloser als der Götze Richard Dehmel: in seinen Liedern waltet Mark und brausende Gewalt neben tiefster Innigkeit und Inbrunst. In der Gesamterscheinung wüßte ich keinen imponierenderen modernen Poeten als ihn! . . . Gustav Schüler verdient, von den weitesten Kreisen ernster Dichtungsfreunde gekannt und geliebt zu sein: Möge ihm trotz seines bedeutenden edlen Talentes ein freundliches Los gegönnt werden.