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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.11.1908
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 14.11.1908
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- Deutsch
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^4/ 266, 14. November 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt j. d. Dtschn. Buchhandel. 16071 Zölle, Schiffahrt, Konsulate, Vorschriften wegen des Handels und Gewerbebetriebs und in bezug auf die hierfür zu ent richtenden Abgaben, ferner hinsichtlich des Schutzes des ge werblichen Eigentums (Ersindungspatente, Fabrikmarken, Etiketten, Muster, Ursprungs- oder Herkunftsbezeichnung) und des Schutzes an Werken der Wissenschaft, Literatur und Kunst, indem sie sich in bezug hierauf den besonderen Vorschriften unterwerfen, die in jedem Staate gesetzlich festgelegt sind. Der Vertrag, der in Columbien durch Gesetz vom 17. August d. I. genehmigt ist, soll 100 Tage nach Austausch der Genehmigungsurkunden in Kraft gestellten »Nachrichten für Handel und Industrie«.) Ein Ltrcit um Nietzsche-Briefe vor dem Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Bei diesem kürzlich vor dem höchsten Gerichtshof zum Austrag gebrachten Rechtsstreit rückt besonders die Frage in den Vordergrund, wie weit an Briefen ein Urheber recht geltend gemacht werden kann. Während nun das Reichs gericht die Vorfrage des sachlichen Eigentums an den Briefen ohne weiteres zugunsten des Empfängers entscheidet, solange sich der Absender des Briefes keinen Eigentumsvorbehalt ge macht hat, ergeht es sich gleich dem Oberlandesgericht Jena verstorbenen Bruders Friedrich Nietzsche gegen den Verleger Diederichs und den Schriftsteller Bernoulli Klage auf Unterlassung der beabsichtigten Veröffentlichung von besonders für die Wissen schaft und Nietzsche-Forschung wertvollen Briefen erhoben, die Friedrich Nietzsche in den Jahren 1871 bis 1889 — in welchem letzteren Jahre Nietzsche seiner unheilbaren Krankheit verfiel — an den Baseler Professor Overbeck gerichtet hatte. Über diese Briefe, die aus einem engen Freundschaftsverhältnis mit dem Baseler ein getreues und wahres Bild von Nietzsche zu geben, hat Professor Overbeck vor seinem im Jahre 1905 erfolgten Tode die letztwillige Verfügung getroffen, daß sie der Universität Basel verbleiben und nur dem Schriftsteller Bernoulli, mit dem er sich bei Lebzeiten über die Veröffentlichung hinreichend verständigt habe, zur Bekanntgabe Werke Nietzsches befaßt, auch bereits drei Bände Nietzsche-Briefe herausgegeben hat, von den beabsichtigten Veröffentlichungen der erwähnten Overbeckschen Briefe erfuhr, erwirkte sie erst bei dem Landgericht Weimar eine einstweilige Verfügung zur Unterlassung der beabsichtigten Veröffentlichungen und erhob dann auch in diesem Sinne Klage. Sie beruft sich dabei einmal auf das Eigentumsrecht an den Briefen, sodann auf den Urheberschutz, da ihr als Erbin das Ur heberrecht auch an diesen Schriftstücken zustehe, und drittens macht sie noch eine Verletzung des Personenrechts geltend. Den hauptsäch lichsten Stützpunkt der Klage bildete das Urheberrecht an den Briefen, da sämtliche Briefe originelle geistige Schöpfungen seien und eine Art von Selbstbiographie darstellten. Was das gemacht, daß die Briefe Stellen enthalten oder enthalten können, welche ihre Person oder andere Familienangehörige treffen und verletzen könnten. Von den Briefen, deren Originale in Basel Herren habe es als ein weiser Entschluß von Overbeck zu gelten^ daß diese Briefe allein gedruckt werden sollen. »Sie sind der ergreifende Monolog einer hochgreifenden Tragödie, vom Siege eines hohen Geistes, welcher mit großer Geduld sein Leben ab ringt.« . . . Vom juristischen Standpunkte aus sollen sie sich Familienangelegenheiten, in Polemiken über das Wetter und in medizinischen Ausführungen erschöpfen. Das Landgericht Weimar erkannte zunächst auf Abweisung der Klage, da von einem Besitzrecht an den Briefen seitens der Klägerin keine Rede sein könne, denn Nietzsche habe sich das Eigentumsrecht an den versandten Briefen nicht Vorbehalten. Für die Frage des Urheberrechts und des persönlichen Rechts sei die Klage aber nicht genügend substantiiert, da die Kläger nicht in der Lage wären, die Briefe selbst oder Abschriften von ihnen vorzulegen. Solange aber der Inhalt der Briefe nicht vor- jedoch bezüglich der beiden letzten Klageeinwendungen aus anderer Begründung. Was das Eigentumsrecht anlangt, so gibt das Oberlandesgericht zu, daß das Eigentum an einem Briefe an sich trage. Der im Urheberrecht bezweckte Schutz sei nicht ein negativer Schutz gegen jede Veröffentlichung, sondern der Schutz sei positiv und bezwecke gerade die Sicherung der Veröffentlichung. Daraus folge, daß nicht ein Schutz dort zu beanspruchen sei, wo ein positiver Schutz im Zeitpunkt der Niederschrift des be treffenden Schriftstückes nicht in Frage kam. Wenn man im vor liegenden Falle ein Urheberrecht annehmen wolle, so wäre es lediglich ein solches im negativen Sinne. Denn es könne keinem Zweifel unterliegen, daß Nietzsche beim Schreiben dieser Briefe, die sich nur in persönlichen Mitteilungen erschöpften, positiv eine Veröffentlichung nicht in Aussicht genommen habe. Da aber das Urheberrecht nur positive Interessen verfolge, so könne das materielle Interesse der Kläger gar kein urheberrecht liches sein. Es müsse deshalb in diesem Falle der Klägerin der Schutz des Urheberrechts versagt werden. Was das Individual recht anlange, so könne ein subjektives Recht in dieser Form nicht anerkannt werden. Ein Rechtsschutz gegen die Verletzung des Andenkens des Bruders könne der Klägerin solange nicht gewährt werden, als sie selbst keinen Schaden erleide. Vor allem komme hier auch in Betracht, daß die Beklagten sich bereit erklären, alle derartigen Stellen zu unterdrücken. Daß sich solche Auslassungen vornehmen lassen, erkenne die Klägerin selbst an, da sie die Ver Klägerin Revision beim Reichsgericht eingelegt. In der Revisionsschrift wurde besonders der Gedankengang des Be rufungsrichters als verfehlt bezeichnet, daß der Urheber eines Schriftstückes schon bei der Niederschrift seines Werkes eine positive Verwertung in der Öffentlichkeit in Aussicht nehmen müsse, um das Werk schutzberechtigt zu machen. Die Beklagten stützten sich hauptsächlich darauf, daß nach der letztwilligen Verfügung Overbecks nur von ihnen aus die Veröffentlichung der fraglichen Briefe geschehen könne, da anderseits eine einseitige Veröffent lichung der Briefe zu befürchten sei und die Briefe deshalb nach der letztwilligen Verfügung des Eigentümers lieber unveröffentlicht in der Bibliothek der Universität Basel liegen bleiben sollen. Der erkennende erste Zivilsenat kam zur Aufhebung des Vorderurteils und verwies die Sache an das Oberlandesgericht Jena zurück, um den Parteien durch Vorlegung von Ab schriften die Möglichkeit einer gerichtlichen Feststellung über das Vorhandensein von Urhebereigenschaft an den Briefen zu ermöglichen. Begründend führt der erkennende Senat zu der Frage folgendes aus: Fürs erste lehne er es ab, der Klage auf Grund des Eigentumsrechtes stattzugeben. Auch auf das Indi vidualrecht könne sich die Klägerin nicht berufen. Etwas Persön liches könne sie nicht geltend machen, sie müsse sich damit be gnügen, abzuwarten, ob — wenn es zur Publikation kommen sollte — in dieser Veröffentlichung etwas sei, was sie verletze. Dagegen müsse der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts entgegen treten, daß ein Urheberrecht an Briefen nur dann bestehe, wen der Verfasser im Augenblick der Niederschrift an eine literarische Verwertung derselben gedacht habe. Bei der literarischen Be wertung des Briefes müsse es natürlich ganz auf die individuelle Geistesschöpfung ankommen, abgesehen von dem Verfasser und Schreiber und dessen historischer Bedeutung, auch abgesehen davon, ob irgend welche geschichtlichen Vorgänge geschildert oder Lebensfragen gestellt werden können. Der ihn zum Urheber rechtsschutz berechtigende Inhalt des Briefes könne in einem originellen Gedankengang, in der künstlerischen Formen- gebung usw. liegen. Dies alles habe aber bisher nicht er mittelt werden können. Es frage sich deshalb, ob es ein ' Mittel gebe, diese Möglichkeit zu verschaffen. Es sei zweifels- 1703*
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