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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.09.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-09-23
- Erscheinungsdatum
- 23.09.1907
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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9806 BdrsknblatI s. i>. Dtlchn. BuHH-ndel. Mchtamtlicher Teil. 222, 23 September 1907. Nichtamtlicher Teil. Zehn Gutachten der Musikalischen Sachverständigen-Kammer. Von Fred Äood in Charlottenburg. (Bergl. Börsenblatt Nr. 212.) (Nachdruck verboten.) Die von mir kürzlich an dieser Stelle (Nr. 212) be sprochene zehnte Publikation des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler (herausgegeben von Herrn Geheimen Regierungs rat vr. Paul Daude) enthält, wie ich bereits ausführte, u. a. zehn Gutachten der Kgl. Preußischen Musikalischen Sach verständigen-Kammer, die den Komponisten und Musikalien- Verlegern bei urheberrechtlichen Fragen in Zukunft zur Richt schnur dienen werden.*) Die Musikalische Sachverständigen-Kammer urteilt durch aus nach denselben Prinzipien wie die Literarische Kammer. Auch sie erkennt den Schutz jeder individuellen Neuschöpfung zu, selbst wenn in umfassender Weise Motive andrer Ur heber benutzt sind, verurteilt aber auch den teilweisen Nachdruck, wenn der Nachbildner sich im wesentlichen fremde Ideen aneignet und nur so viel von eigener Arbeit hinzutut, wie nötig ist, um die Ausschöpfung fremden Werkes zu ver schleiern. Dagegen will die Sachverständigen-Kammer nicht jeden, der einem andern Werke ein paar Takte entlehnt, in der Hauptsache aber auf eigenen Füßen steht, verurteilen; sie teilt die Anschauung der Literarischen Sachverständigen- Kammer auch in dem Punkte, daß man von einem teilweisen Nachdruck nur dann sprechen könne, wenn in qualitativer oder quantitativer Hinsicht ein wesentlicher Teil des Vor bildes in die Nachbildung übergeht; denn das vom Gesetz geber anerkannte Recht, fremde Werke zu benutzen, soll dem Autor auch bei strenger Handhabung des Gesetzes nicht ver kümmert werden. Sehr scharf geht die Musikalische Sachverständigen- Kammer den Verfassern gewisser »Variationen- zu Leibe. Von den mitgeteilten zehn Gutachten beschäftigen sich nicht weniger als drei mit Nachbildungen des von Ernst Reiterei nach Motiven von Josef Strauß komponierten Pfeifliedes. Dieses Lied erfreut sich beim Publikum einer großen, Be liebtheit; es bildete schon kurz nach seinem Erscheinen fast überall ein Repertoirestück der Kapellen, und es ist sehr be greiflich, daß die Nachbildner sich mit Vorliebe Kompositionen aneignen, die einen flotten Umsatz der Noten erwarten lassen. So bildet das Pfeiflied das Vorbild für eine »Pfeif- polka«, einen »Pfeifrheinländer« und einen »Frühlings duftigen Pfeifrheinländer«. Der letztgenannte fand Gnade vor den Augen der Sachverständigen, während die beiden erstgenannten Nachbildungen als unerlaubte Nachdrucke ge kennzeichnet wurden. Ein Werk der Tonkunst brauche zwar nicht in dem Sinne Original zu sein, daß es durchaus frei erfunden sein müßte; es könne wie auf dem Ge biete der Literatur auch auf dem der Tonkunst eine in dividuelle geistige Tätigkeit in der bloßen Bearbeitung be reits vorhandener Schöpfungen hervortreten, sofern nur diese Bearbeitung nicht etwa lediglich in der einfachen Wiedergabe des bereits Vorhandenen bestehe, sondern sich als ein unter Aufwendung eigener formgestaltender Tätigkeit entstandenes, selbständiges musikalisches Werk charakterisiere. Die Ver wendung der von Reiterer benutzten Themen aus Josef Straußschen Werken stehe, da sie nicht mehr geschützt seien, zwar jedem frei; es komme aber darauf an, wie diese Stücke gruppiert und zu einander in Beziehung gebracht *) Im ganzen umfaßt die Sammlung 50 Gutachten der Kgl. Preußischen Sachverständigen-Kammern. seien. Die Anordnung der einzelnen Stücke bei der »Pfeif polka« beruhe, genau wie beim »Pfeifliede« (dem Original Reiterers), durchweg auf einer geistigen Tätigkeit dieses Komponisten, und man könne mit Bestimmtheit annehmen, daß der Autor der »Pfeifpolka« niemals auf diese Art der Zusammenstellung verfallen wäre, wenn er sich nicht die Arbeit Reiterers als direktes Vorbild hätte dienen lassen. Eine weitere Unteisuchung ergab, daß die vom Nachbildner vorgenommenen Änderungen unwesentlich sind, daß die »Pfeifpolka» eine im wesentlichen identische Wiedergabe des »Pfeifliedes« ist und daß demnach der Tatbestand einer un zulässigen Vervielfältigung vorliegt. Etwa aus den gleichen Gründen wurde der »Pfeifrheinländer« als Nachdruck ge kennzeichnet, während es dem »Frühlingsduftigen Pfeif rheinländer« besser erging, obwohl der Komponist dieser Variation die den drei Werken von Josef Strauß ent nommenen Themen in derselben Reihenfolge benutzte. Dieser Umstand allein sei aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend bei der Beurteilung des Tatbestands in den beiden andern Fällen war der Umstand, »daß in den Über leitungen, die die verschiednen Stücke verbinden, auffällige Entlehnungen erkennbar waren, und daß endlich auch der Klaviersatz des Nachdruckes mit demjenigen des Originals eine nicht von der Hand zu weisende Verwandtschaft zeigte«. Erst »durch diese Momente, besonders auch durch die Nach ahmung des Reitererschen Einfalls, den Kehrreim pfeifen zu lassen, mußte auch die an Reiterer sich eng anschließende Art und Weise der Zusammenstellung der einzelnen von Strauß entlehnten Stücke in einem die Annahme einer un zulässigen Vervielfältigung begründenden ungünstigen Lichte erscheinen«. In einem andern Falle handelte es sich darum, fest zustellen, inwieweit Harmonisierungen von Volksliedern als Werke der Tonkunst anzusehen seien. Wenn eine Bearbeitung nicht selbst eine eigene geistige Schöpfung darstellt, dann kann der Nachdruck dieser Bearbeitung auch nicht bestraft, bezw. zivilrechtlich verfolgt werden. Die Sachverständigen-Kammer geht davon aus, daß der Begriff eines schutzberechtigten Werkes der Tonkunst nur dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn »eine musikalische Formgestaltung vorliegt, die sich als das Ergeb nis einer individuellen geistigen Tätigkeit ihres Urhebers darstellt«. Daß eine solche individuelle formgebende Tätig keit sich »unterUmständen selbst in einer bloßen eigenartigen rhythmischen oder harmonischen Behandlung und Veränderung bereits vorhandener musikalischer Werke auf eine vollkommen selbständige Weise äußern kann, steht außer Zweifel«. In der Kunstmusik könne schon die Harmonisierung eines ältern Tonwerkes eine durchaus selbständige künstlerische Arbeit darstellen; anders liege die Sache aber bei Volks liedern, die für den Schulgebrauch zwei- oder dreistimmig bearbeitet werden. Hier sei die Aufgabe des Harmonisierens eine überaus einfache. »Jede neuere deutsche Volksmelodie trägt ihre Harmonie in sich, und ein Musiker wird nur in den seltensten Fällen darüber im Zweifel sein können, welche von den wenigen begleitenden Tönen, die überhaupt in Frage kommen können, zu verwenden sind, da es sich ja nicht darum handelt, der Harmonie irgend eine selbständige Bedeutung zu geben, sondern nur eine möglichst leichte und natürliche Begleitung bezweckt wird.« Der Inhaber eines Musikverlags hat ein von ihm selbst bearbeitetes Arrangement des bekannten Volksliedes »Tief im Böhmerwald« in zwei Ausgaben erscheinen lassen. Die Sachverständigen-Kammer verneint, daß diesem Arrangement des Volksliedes die Eigen schaft einer individuellen geistigen Schöpfung zuzusprechen
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