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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1907
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 30.05.1907
- Sprache
- Deutsch
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123. 30. Mai 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d, Dtschn. Buchhandel. 5477 Grundsätzen des gemeinen Rechts vereinbaren soll, manche harte Nuß zu knacken gegeben. In der Tat ist das Tele phon eine so eigenartige Erscheinung, hat so viel von Zweifeln und Möglichkeiten an sich, daß Wissenschaft und Judikatur erst längere Jahre ihre Kräfte daran erproben mußten, ehe sie in ein klares Verhältnis zu ihm zu treten vermochten. Der Austausch von Mitteilungen auf telephoni schem Wege vollzieht sich ganz in den Formen eines persön lichen Gespräches, der telephonische Laut verhallt, ohne die sichtbare Spur eines beweiskräftigen Dokuments zu hinterlassen. Man hielt das Telephon daher anfangs auch nur für ein pläsierliches Spielzeug vornehmer Leute, und als es dann doch seiner praktischen Verwendung zugeführt werden sollte, sahen ängstliche Gemüter dem Schwindel Tür und Tor geöffnet. Von den Elektrotechnikern wurde allen Ernstes gefordert, das Telephon so zu konstruieren, daß es zugleich auch eine dauernde Fixierung des Gesprächs herbeiführte. Aber während die hellsten Köpfe noch über dieses Problem nachsannen, spann schon die neue Erfindung ihre Fäden über das ganze Land, und später dachte niemand daran, den Fernsprechbetrieb mit der Einrichtung von Phono graphen zu beschweren. Die Verhältnisse haben es so ge fügt, daß sich der Verkehr mit dem Telephon allgemein glücklicher abwickelt, als befürchtet wurde. Indessen darf die Leistungsfähigkeit dieses Verkehrsmittels, die ihre natür liche Grenze hat, auch nicht überspannt werden; der An geschlossene soll stets bedacht sein, daß es sich immer nur um ein Ersatzmittel handelt, bei dessen Benutzung kluge Vorsorge geboten ist. Von den mancherlei Rechtsfragen, die der Fernsprecher hervorgerufen hat, berührt die Haftpflicht für Telephon gespräche den geschäftlichen Verkehr des Publikums am meisten, und diese hat von den Gerichten oft widersprechende Beurteilungen erfahren. Das Telephon vermittelt heute täglich tausendfach Abmachungen aller Art, und es hängt oft viel davon ab, ob den auf diese Weise getroffenen Ver einbarungen eine rechtlich bindende Kraft beigemessen wird. In wichtigen Fällen und in Geschäften, bei denen es sich um größere Beträge handelt, wird man sich wohl meist eine schriftliche Bestätigung der telephonischen Verein barung erbitten. Aber der heutige Geschäftsverkehr würde viel zu schwerfällig werden, wenn man jedem Gespräch, das mißverstanden werden könnte, den schriftlichen Ver kehr Nachfolgen lassen wollte, und so wird man sich bei vielen Verabredungen auf die Benutzung des Fernsprechers beschränken. Von großer Wichtigkeit ist dabei nun die Frage, ob der Besitzer eines Telephons die durch dieses ihm von dritter Seite zugegangenen Mitteilungen als an ihn gelangt ansehen muß, selbst wenn ein Unberufener sie ent gegengenommen hat. Das Landgericht in Leipzig hat diese Frage in einem Rechtsstreit bejaht und zur Begründung etwa folgendes ausgeführt: Wer sich einem Fernsprech netz anschließt, ladet damit seine Geschäftsfreunde und alle Teilnehmer am Fernsprechverkehr ein, sich zu ihren Mit teilungen an ihn des Fernsprechers zu bedienen, und be kundet, daß er umgekehrt dasselbe tun will. Es ist daher seine Sache, geeignete Vorkehrungen zu treffen, daß kein Unberufener in die Lage kommt, die für ihn bestimmten telephonischen Meldungen in Empfang zu nehmen. Jede Person, die an dem Apparat des Angerufenen erscheint und sich unter Nennung des Namens des Angerusenen mit dem andern Teil in eine Unterredung einläßt, muß auch zur Entgegennahme von Erklärungen durch den Fern sprecher legitimiert sein. Vom gleichen Grundsatz ist auch das Hamburger Oberlandesgericht ausgegangen in einem Streitfall, dem folgender Tatbestand zugrunde lag: Eine Berliner Firma bestellte in Hamburg Waren, die spätestens Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7t. Jahrgang. bis 31. Juli zu liefern seien. Als diese rechtzeitig in Berlin eingetroffen waren, wurde die Bestellerin davon durch den Fernsprecher benachrichtigt, zugleich mit der Auf forderung, sich behufs Abholung der Waren unmittelbar mit einem bestimmten Spediteur zu verständigen, jeden falls aber ihre Zustimmung zu äußern. Ein Kommis im Geschäft der Bestellerin gab diese Zustimmung ab. Trotzdem veranlaßte die Firma nichts und verweigerte, als der Spe diteur am 2. August die Waren brachte, deren Annahme wegen verspäteter Lieferung, indem sie behauptete, von der Verständigung durch den Fernsprecher keine Kenntnis gehabt zu haben. In der Tat hatte der Kommis vergessen, den Inhalt des telephonischen Gesprächs dem Chef mitzuteilen. Die Hamburger Firma klagte auf Bezahlung und erstritt ein obsiegendes Urteil. Beide Urteile werden der Natur des Telephons nicht gerecht. Das Telephon ist seinem Wesen nach dazu bestimmt, gesprochene Worte zu befördern. Im mündlichen wie im telephonischen Verkehr sind dieselben menschlichen Organe in Tätigkeit: der Mund spricht, das Ohr hört, der Unter schied besteht nur darin, daß im ersten Fall die Laute allein durch die Schallwellen befördert werden, während im zweiten Fall die Kräfte des elektrischen Stromes Mitwirken. Sollen nun die telephonischen Abmachungen einen rechtlichen Wert haben, so müssen sie den Erforder nissen des mündlichen Verkehrs genügen, d. h. Unter handlungen und Vertragsschlüsse sind für die Prinzipale nur dann bindend, wenn sie von ihrem Bevollmächtigten bewirkt werden. Nach dem Geschäftsgebrauch pflegen ja nicht Prinzipale und Prokuristen, sondern nachgeordnetes Personal, das keineswegs Vollmacht zur Abschließung von Geschäften hat, das Telephon zu bedienen; daraus folgt schon, daß es sich lediglich um mechanische, den Botendiensten gleichzustellende Verrichtungen handelt. Wer das Telephon zu rechtlich wirksamen Abmachungen verwendet, muß sich bewußt bleiben, daß im telephonischen Verkehr die Be dingungen des natürlichen mündlichen Verkehrs platzzugreifen haben, daß er bindende Geschäfte nur mit dem Prinzipal oder dessen Bevollmächtigten abschließen kann. Denn es würde zu einer Erschütterung des geschäftlichen Verkehrs führen, wenn die in den beiden angeführten Gerichtsurteilen zutage getretene und auch sonst weitverbreitete Ansicht durchdringen sollte, daß alle durch den Fernsprecher ab gegebenen Erklärungen für den Inhaber des Anschlusses verbindlich seien. Diese Gesichtspunkte haben bei neueren Gerichtsent scheidungen denn auch genügende Würdigung erfahren; so durch das Oberlandesgericht in Hamburg in einem Rechts streit, der dadurch entstanden ist, daß der Lehrling eines Kaufmannshauses im Namen seines Prinzipals einer andern Firma eine Zusage gemacht, aber vergessen hatte, dem Chef oder dem Prokuristen hiervon Mitteilung zu machen. Die Zusage war deshalb nicht gehalten worden, was zur Klage gegen die Firma des Lehrlings wegen Schadloshaltung führte. In den ablehnenden Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, daß sowohl nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie nach der allgemeinen Übung nicht anzunehmen sei, daß in der Ermächtigung, den Fernsprecher im Namen der Firma zu bedienen, auch die Ermächtigung enthalten sei, durch den Fernsprecher Rechtsgeschäfte für die Firma abzuschließen. Die Ankündigung dem Angerufenen gegen über »Hier N. N« (Name der Firma) bedeute im Fern sprechverkehr nichls weiter als: auf Seite der Firma ist jemand da, um Erklärungen entgegenzunehmen. — Es kann ja dem Inhaber eines Telephonanschlusses sehr an genehm sein, daß bei Abwesenheit andern Personals der Lehrling oder eine sonstige untergeordnete Dienstperson auf 7l6
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