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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1907
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- Erscheinungsdatum
- 17.05.1907
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- Deutsch
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118, 17. Mai ISO?. Nichtamtlicher Teil. Börskndl-ttt f, d, Dtschn. Buchhar.dil, 5059 Streitiges in der deutschen Jnterpunktionslehre. Von Or. A. Elster, Jena. Streitig ist sehr vieles in der Interpunktion, und Ver leger wie Autoren haben dies schon oft genug empfunden; wiederholt sind diese Fragen in der Praxis aufgetaucht, ob wohl sie mit dem Odium der Kleinigkeitskrämerei behaftet sind Die streitigen Fragen hier einmal kurz zu Überblicken, darf vielleicht bei vielen Lesern des Börsenblatts einigem Interesse begegnen. Soweit die Satzzeichenlehre überhaupt Beachtung findet, bewegt sich der Streit hauptsächlich um Grundsätzliches. Da mit wird aber nicht ausgeschlossen, daß noch sehr viele Einzelfragen strittig sind. Beginnen wir mit dem Grundsätzlichen, wie es jedes guten Deutschen Art und wie es auch für die Methodik der Satzzeichenlehre unumgänglich notwendig ist, will man nicht ganz und gar an der Oberfläche bleiben und mit höchst unfruchtbaren und pedantisch scheinenden »Regeln« sich herumschlagen. Erst jüngst ist wieder durch Aufsätze im »Literarischen Echo« die schon früher verschiedentlich behandelte, aber noch nie, wie es scheint, endgültig gelöste Frage lebendig ge worden, ob die Zeichensetzung nach logischen (und zwar nur nach logischen) oder auch nach vorwiegend grammatischen Prinzipien zu erfolgen habe. Die Befürworter einer Jnterpunktionslehre nach gram matischen Regeln fordern diese natürlich nicht losgelöst von der Logik; das wäre ein Unding. »Die logische Form des zusammengesetzten Satzes« wird durch die Interpunktion be zeichnet, und dies ist »als die höchste Vollendung der Schrift sprache anzusehen«, wie schon Becker in seinem 1843 er schienenen Kommentar zur deutschen Grammatik gesagt hat. Logische Form, wohlgemerkt! Nicht Logik schlechthin. Der abstrakte logische Gedanke bedarf einer Ausdrucksform, die eben mit der sprachwissenschaftlichen Grammatik zu erfassen versucht wird. Dies habe ich auch in meinem »Methodischen Leitfaden der deutschen Jnterpunktionslehre« (Magdeburg 1901) zu zeigen versucht, indem ich dort u a. sagte: »Die grammatische Interpunktion als Interpret der logischen ist als die Grundlage der deutschen Jnter punktionslehre anzusehen und als die fortgeschrittenste Betrachtungsweise zu begrüßen. Denn der grammatische Satzbau muß als der vorzüglichste Ausdruck des logischen Gedankenganges anerkannt werden; Nebenordnung sowohl wie Unterordnung und damit das formelle Verhältnis der Sätze und Satzteile zueinander, das doch auf die Zeichen setzung vor allen Dingen wirkt, kann genau grammatisch klargelegt werden. Wenn die Interpunktion darüber hinaus noch weiter geht, indem sie auch das materielle Verhältnis der Sätze und Satzteile in gewissem Maße auszudrücken sucht, so wird sie sich selbst dort noch am besten der formellen Erkennungsmittel bedienen. Daher bringt uns die grammatische Behandlung unbedingt dem Ziele näher.« Und ich fügte dann hinzu: »Aber nicht immer kann die Logik sich im konkreten Fall des Umwegs über die Grammatik bedienen, weil sie meist feinfühliger ist als diese, und so muß sie in manchen Fällen unmittelbar wirken. Diese Einschränkung aber ge hört zur Vollendung des Ganzen! Denn während die (praktische!) Lehre soviel wie irgend möglich Zurückführung auf leicht zu handhabende grammatische Regeln verlangt, muß die wissenschaftliche, ethische Auffassung der Sprachlehre in dieser Gebundenheit eine gewisse Freiheit lassen, die organisch zu dem Lehrsystem gehört und es gerade erst zu krönen bestimmt ist, und zwar dann, wenn eine solche Freiheit gerade aus den Grundregeln herauswächst und dem feiner Zusehenden als willkommene Gabe in die Hand gelegt werden darf.« Es muß hiernach also zweierlei deutlich von einander geschieden werden: eine praktische Regelfindung, die lehrbar ist, einerseits und eine gewisse Freiheit innerhalb der Ge bundenheit andererseits für Meister der Sprache (Dichter, Künstler des Schrifttums, Philosophen und andere), die, ebenso wie sie einen ganz besondern Stil in ihren Werken erschaffen, dazu auch unter Umständen einer besondern Handhabung der Satzzeichen bedürfen. Dies anerkennen heißt noch lange nicht jede Jnterpunk- tionsmethodik aufgeben, es heißt nur vernünftige Grenzen abstecken. Und es liegt dies genau auf derselben Bahn, wie wenn der Jnterpunktions»gelehrte« sich bescheiden muß, für schlechten Stil, für Stilfehler eben auch mit seinen wohl begründeten Lehren zu versagen. Die Zeichenlehre ist und bleibt eine Dienerin; sie kann als Dienerin sich ungemein nützlich machen, die Kraft der Herrschaft nahezu verdoppeln, kann aber diese »Herrschaft« selber (Stil und Sprache) nie und nimmer meistern oder ersetzen wollen. Gerade dies ist ein wichtiger Streitgegenstand. Auf einen Aufsatz von v?. Rud. Krauß in der ersten April nummer 19v7 des »Literarischen Echos« hat in der ersten Mainummer Or. Hermann Nohl eine interessante Entgeg nung gebracht, die für die unbedingte Freiheit der Zeichen setzung bei bedeutenden Schriftstellern eintritt und die »Kunst« der Interpunktion im Sinne wahrer Kunst aufge faßt wissen will. Er sagt vieles Treffliche, er wünscht eine vergleichende und entwicklungsgeschichtliche Jnterpunktions lehre. »Die Klarheit in Ehren«, sagt er, »sie darf nie vergessen werden. Wo aber auch andre Mächte ihr Recht suchen, da darf man nicht eine vertrocknete Gewohnheit als Maßstab setzen, die auf allen andern künstlerischen Gebieten längst überwunden ist«. Ja, das ist sehr schön und gut; das ist für die Kunst der Interpunktion bei solchen, die die Technik vollauf beherrschen, sehr schön, und das wäre das allein erstrebenswerte Ziel, wenn die grundlegende Technik schon Gemeingut aller Gebildeten wäre wie aller derjenigen, die mit dem Schrifttum zu tun haben. Aber wie steht es denn in Wahrheit damit? Gelehrte und Dichter, Korrektoren und Redakteure sind sich keineswegs alle und keineswegs immer über alle »trocknen« Jnterpunktionsregeln klar — wo soll also die »Kunst« sich einstellen? Sie könnte nur mangelnde Technik verdecken wollen und also dilettantisch sein. Auch in der Sprach- und Stillehre lernen wir erst die trocknen Regeln, ehe wir uns einen künstlerischen Stil ausbilden können. Und viele, ja die meisten Schriftstücke erfordern oder vertragen gar keinen künstlerischen Stil und ebenso wenig eine solche »künstlerische« Interpunktion. Kümmern wir uns also zunächst um die nähere Sorge. Der kleine Entgegnungsaufsatz des De. Nohl selber, so lebendig er ge schrieben ist, interpungiert überall nach den Regeln, die in einer einigermaßen wissenschaftlichen und liberalen Satz zeichenlehre zu finden sind. Praktisch betrachtet ist dies alles von großer Wichtigkeit für Verleger und Drucker schöngeistiger Literatur, und vor allen Dingen für die Herausgeber von Werken andrer Autoren. Es ist ganz klar, daß diesen erst dann gestattet ist, eine eigne Interpunktion durchzuführeu, wenn sie Stil und Sprache des Werkes, das sie herausgeben, durchaus studiert haben. Eine berechtigte Forderung ist es, daß sich dieses Studium auch auf die — manchmal gewiß recht eigenartige — Interpunktion des betreffenden Verfassers erstrecken muß Dann wird der Herausgeber auch bald unterscheiden lernen, ob und wo der Verfasser »künstlerisch« interpungiert hat und ob oder wo er etwa Fehler gemacht hat, die wir heute besser erkennen. 861'
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