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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.05.1907
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 17.05.1907
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- Deutsch
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5060 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 118. 17. Mat 1S07. Die Schöpfung einer »vergleichenden und entwicklungs geschichtlichen« Darstellung der Zeichensetzung wäre gewiß mit Freuden zu begrüßen. Möglich auch, daß sie unsre gegenwärtige Systematik in der Jnlerpunktionslehre in manchen Dingen modifiziert, sicher jedenfalls, daß sie sie auf eine bessere wissenschaftliche Grundlage stellen wird. Un bedingt notwendig aber zur methodischen Lehre ist sie durchaus nicht; denn die Kenntnis davon, wie sich die ein zelnen Schriftsteller zu Fragen der Zeichensetzung verhielten, wird vermutlich allerlei Geistreiches und für Nebensachen Interessantes zutage fördern: in der Hauptsache wird dies an der logisch-grammatischen Methode nach meinem Dafür halten kaum etwas ändern. Wenn also auch verschiedene der neueren «Jnterpunktions- gelehrten» (wie Krauß im Literarischen Echo I. e., Prof. Matthäi in den »Preußischen Jahrbüchern« Bd. 115, 190t) das Grammatische als lästige Verwässerung des logischen Grundcharakters der Zeichensetzung ansehen, so muß ich demgegenüber betonen, daß solche reine Logik des Satz baues den Lernenden garnicht vermittelt werden kann. Wollen wir also der Verflachung und Unkenntnis der Zeichensetzung entgegenarbeiten, so brauchen wir dazu not wendig grammatische Grundregeln als Mittel, um dem logischen Gedankengang nachzuspüren und ihn verständlich auszudrücken. Daß dieses Prinzip einige bestimmt zu um schreibende Ausnahmen erleidet, spricht nicht gegen seine Richtigkeit im allgemeinen. «- * » Wenden wir uns nun praktischeren Fragen zu, den streitigen und zweifelhaften Fällen, die uns oft in der Praxis begegnen und die sich an einzelne Satzzeichen knüpfen, so kommen wir damit namentlich beim Komma in reiches, fruchtbares Gebiet. Zuvor sei nur kurz etwas über Kolon und Semikolon und über den Gedankenstrich gesagt. Punkt, Fragezeichen und Ausrufungszeichen bieten wenig Zweifelhaftes. Das Semikolon steht am Schluß eines grammatisch abgeschlossenen Satzes wie der Punkt; aber beim Punkt soll auch der Gedanke fertig abgeschlossen sein, beim Semikolon nicht. Gerade wenn logisch nähere Beziehungen zwischen den beiden Hauptsätzen bestehen, ist das Semikolon am Platze. »Logisch nähere Beziehungen« ist natürlich ein dehnbarer Begriff; aber das schadet nichts. Das gibt dem Einzelnen die Freiheit, von dem höchst liebenswürdigen und diensteifrigen Semikolon je nach Bedarf Gebrauch zu machen: der eine weiß es besser zu beschäftigen als der andere. Wird es tüchtig angestellt, so dankt es das dem Schreiber dadurch, daß es dessen Stil bedeutend belebt. Man tut also gut, darauf zu achten; tut gut, es namentlich bei kurzen An reihungen gleichartiger Aussagen zu benutzen; tut gut, es bei Gegensätzen, Begründungen, scharfen Gegenüberstellungen, Schlußfolgerungen zu verwenden. So steht es oft vor den Wörtchen »aber«, »denn«, »daher«, »jedoch«, »indes« usw. Der Brauch, das Semikolon zwischen Vor- und Nachsatz zu setzen, wie man es früher fast durchgängig tat, nimmt aller dings mit Recht wesentlich ab <z. B. »Ob uns der See, ob uns die Berge trennen, ob jedes Volk sich für sich selbst regiert; so sind wir eines Stammes doch und Bluts«). An solchen Stellen wie in dem eben angeführten Satz setzt man heute viel eher einen Doppelpunkt (Kolon) oder etwa auch den Gedankenstrich. Was besser ist, hängt davon ab, wie man die Stelle verstehen und was man hier sagen will. DaS Kolon drückt das stark Hinweisende aus (des halb steht es ja als Hauptanwendungsfall vor der direkten Redei); der Gedankenstrich dagegen, der zu vielerlei Gedankenschattierungen gebraucht werden kann und in der Tat gebraucht wird, sollte eigentlich nur dort stehen, wo er einen ausgefallenen Gedanken ersetzen soll. Ein treffliches Beispiel für beide ist die Stelle aus »Tell«, wo Melchthal sagt: »Als ich den Vater fand, beraubt und blind, Auf fremdem Stroh, von der Barmherzigkeit Mildtät'gcr Menschen lebend —: Da weint' ich nicht.» Der Gedankenstrich zeigt hier, daß in dem gern noch weiter geführten Fluß der Gedanken abgebrochen, weiteres also ausgelassen wird, während der Doppelpunkt die Spannung andeutet: Was geschah da? — Also auch das Unerwartete oder das Bedeutungsvolle wird durch den Doppelpunkt gut eingeleitet und vorbereitet. Der Gedankenstrich ist phan tastischer; es gibt viele Fälle, wo man ihn nicht entbehren kann und wo er treffliche Dienste tut, wenn er nicht zu oft verwendet wird; aber diese Fälle liegen meist auf poetischem Gebiet. » » » Das Komma! Schon mancher hat darüber geseufzt, so lange, bis er es ärgerlich beiseite warf, verachtete und fortan als gusMitS v^lijr«sblo behandelte. Wer das tat, hat sich die besondern Freuden sprachlicher Feinheiten, die er am Komma so vielfach hätte lernen können, von vornherein verscherzt. Der Zweifelsfragen und der strittigen Punkte ist hier freilich die Fülle; aber mit ihnen mehrt sich zugleich die Fülle des Interessanten. Das Komma wird zur Trennung von ganzen Sätzen wie zur Trennung von Satzgliedern gebraucht; dadurch schon ist sein Anwendungsgebiet so ungeheuer groß, so vielseitig, so schwierig. Zur ersteren Gruppe gehören die interessanten Fragen vom Komma vor »und«, zu der zweiten Gruppe das Komma zwischen zwei Adjektiven (z. B. »der treue, geduldige Kerl«), bei der Apposition (z. B. »Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an«), bei andern attributiven Bestim mungen (z. B. »Gelehrte, wie Peter und Möller, tun so etwas nicht) und — isst uot lesst — beim Infinitiv mit »zu«. Bleiben wir gleich einmal bei dem Sätzchen: »Gelehrte, wie Peter und Möller, tun so etwas nicht«. Hier macht es einen großen Unterschied für den Sinn, ob wir in dem Satz Kommata setzen oder nicht. Setzen wir Kommata, so bedeutet das: Gelehrte tun das nicht, und (fast überflüssiger weise) ist hinzugefügt, P. und M. sind Gelehrte, was der Leser hier bereits wissen sollte. Ganz anders, wenn geschrieben steht: »Gelehrte wie P. und M. tun so etwas nicht«. Dann heißt es: Solche Gelehrte wie P und M. tun es nicht, und es ist damit zugleich gesagt, daß vielleicht andre Gelehrte anders handeln, während der Satz mit Kommata geschrieben eben grade das Gegenteil aussagen würde, nämlich daß alle Gelehrten in gleicher Weise handeln würden. Solche feinen Unterscheidungen, die allein durch Setzen oder Nichtsetzen des Kommas ermöglicht werden, gibt es die Fülle. Schmssel dazu ist überall die Grammatik als Aus druck der Logik. Warum und wieso im einzelnen Fall, das kann hier natürlich nicht auseinandergesetzt werden. Beim Komma vor »und« gibt in letzter Linie die nähere Verknüpfung der beiden Sätze den Ausschlag für den Wegfall des Kommas. Diese nähere Verknüpfung wird meist durch Gleichheit des Subjekts, kann aber ebensogut durch andere gemeinsame Satzglieder hergestellt werden. Es sind hier rein grammatische, klar abgrenzbare Erkennungs punkte gegeben, die sehr treffend die der Satzbildung zugrunde liegenden logischen Verhältnisse bezeichnen und die auch, einmal anerkannt, leicht lehrbar und verständlich sind. Es wird dadurch die jetzt wohl allgemein schon vorhandene Gewohnheit, zwischen Hauptsätzen, wenn sie durch »und« verbunden sind, Kommata zu setzen, zwischen Nebensätzen
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