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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.04.1905
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 08.04.1905
- Sprache
- Deutsch
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82 8. April 1905. Nichtamtlicher Teii. 3435 «... Deutschland sieht heute all' seine Söhne ver einigt zu gleichem Zweck; soweit die deutsche Zunge klingt, sind wir alle von einem Gedanken erfüllt und beseelt, und geben diesem Gedanken vor den Augen der Welt einen Aus druck voll Stolz und Kraft, »Und der Zweck, der uns vereinigt, ist die gemeinsame Kundgebung der Liebe und Pietät vor dem edelsten Dichter- geistc Deutschlands; und der Gedanke, der nns erfüllt, ist der Gedanke der Einigung in den echt menschlichen und echt nationalen Ausströmungen des Schillerschen Genius,,,, »In der Tat, wo ein Volk mit dem Geiste seines Dichters so tief verwebt und verwachsen ist, da handelt es sich nicht bloß um künstlerische Schöpfungen, oder gar um Ideen, die aus der Zufälligkeit irgend einer geschichtlichen Erscheinung entsprungen sind und nun auch mit diesem Zufall schnell wieder vergehen oder sich verwandeln. Wäre Schiller in der Gebrechlichkeit irgend einer einseitigen An schauung befangen gewesen, sein Einfluß in der heutigen Bedeutung und Ausdehnung würde eine Unmöglichkeit sein. Allein unser Dichter stand hoch über dem Standpunkte der damaligen und der späteren Parteien, Mit der vollen Be geisterung seines warmen Dichterherzens trat er ein für die Forderungen der Humanität, für die höchsten sittlichen Güter der Menschheit, Er suchte vor allem das Ideal der Schönheit im Herzen seines Volks zu wecken und alles Zweideutige und Niedrige davon fernzuhalten. Nach seiner Auffassung der Kunst gab es aber keine Schönheit ohne Sittlichkeit; das ewig Gute und das ewig Schöne waren für ihn unzertrennliche Begriffe, Das Kunstwerk sollte nicht bloß Geist und Gemüt beschäftigen, sondern es sollte gleich zeitig auf den Charakter des Menschen bestimmend und ver edelnd wirken. Indem er somit aus dem Kreise vornehmer Abgeschlossenheit der damaligen Schöngeister trat und sich den äußern Zuständen und den bewegenden Ideen seines Zeitalters näherte, war er weit entfernt, von seinem Dichter- parnaß zum Volk herabzusteigen, vielmehr hob er das Volk zu seiner Dichte» und Denkerhöhe empor, lind gerade durch diese ideale und lebendige Auffassung des künstlerischen Zwecks wurde es ihm möglich, einen Einfluß auf seine Nation zu gewinnen, wie kein Dichter vor ihm und kein Dichter nach ihm. Deshalb tut man wohl, wenn man in Schiller nichts erblickt, als den nationalen Dichter und einen Menschen der edelsten Art, Deshalb aber ist es auch Pflicht, in unscrm Feste nichts zu suchen, als einen Akt der Pietät, worin Deutschland sich selber ehrt, indem es seinen Dichter ehrt, Schillers Name kann niemals zum Parteinameu herab- gewürdigt werden In ihm vereinigt sich jede redlich deutsche Gesinnung, und deshalb kann man wohl sagen, daß in Schiller Deutschland einig ist, »Meine Herren! Sicherlich ist es ein hohes Zeichen für die geistige Reife unsers Volks, daß es diesen Standpunkt dem großen Dichter gegenüber einzunehmen weiß; daß alle innern Zwistigkeiten, alle divergierenden Anschauungen plötz lich schweigen müssen vor der gemeinsamen Pietät und der gemeinsamen Hochachtung, die einem der Edelsten der Nation gebühren. Im Hinblick auf diese erfreuliche Erscheinung bitte ich, meine Herren, füllen Sie Ihre Gläser und bringen Sie mit mir dem fortlebenden Geiste Schillers und der in Schiller einigen deutschen Nation ein Hoch!« Diesen Worten schloß sich das Absingen eines trefflichen Schillerliedes vom Verfasser des in buchhändlerischen Kreisen bekannten Palmliedes au, welches dein letztem würdig zur Seite tritt, Herr A, Schmitt sprach über den deutschen Buchhandel als den geschäftlichen Vermittler deutscher Kultur, und knüpfte dabei an die bedeutungsvollen Worte von Fr, Perthes an: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. »Der deutsche Buchhandel ist das Band, welches die ganze Nation umfaßt; ein Nationalinstitut ist er, frei aus sich selbst entsprossen und unsre nationale Eigentümlichkeit echt charak terisierend.« Wie es dieser Autoritätsaussprnch schon an deutet, stellte sich der Redner auf den allgemeinen nationalen Standpunkt, von welchem aus er nicht bloß seine Fach genossen, sondern anch die nichtbuchhändlerischen Gäste namentlich durch den Hinweis interessieren konnte, daß bei dem bekannten leichten Aneignen und Einleben des Deut schen in fremde Formen und Gewohnheiten gerade der deutsche Buchhandel ein Institut sei, für dessen ungemeine nationale Vorzüge sich im Auslande kein Vorbild finde. Durch sein schätzbares Auftreten ergänzte Herr Schmitt den selbständigen korporativen Charakter des Festes. Er schloß mit einem Hoch auf den deutschen Buchhandel. Herr A. von Zahn, ein junger Kunstarchäolvg, brachte im Hinblick auf die künstlerische Bedeutung Schillers der deutschen Kunst einen geistvollen Toast. Herr A Ulm knüpfte an Schillers schönen menschlichen Zug, die Achtung und Ehrerbietung vor den Frauen, an und brachte den Frauen ein Hoch, Herr Stadtrat Fr. Fleischer sprach anerkennende Worte über das Streben der jüngeren Mitglieder des Buchhandels und besonders des Leipziger Gehiifenvereins, dessen Tätigkeit das schöne Fest im Schlltzcnhaus zu verdanken sei. Der Sekretär des Gehiifenvereins, Herr H. Ballhorn, erwiderte hierauf, daß ein Rumpf ohne Kopf nichts zu bedeuten habe, und daß, wenn nian eines Bruchteils des Leipziger Buch handels gedenke, man füglich das Haupt des Ganzen nicht vergessen dürfe, und dieses Haupt bilde die Deputation, Einige poetische Trinksprüche auf Schiller und die deutsche Poesie gruppierten sich zwischen den verschiedenen Toasten. Das Publikum zeigte sich den Rednern äußerst beifällig und ermunternd, und das Fest, gefördert durch eine treffliche Bewirtung, verlief ebenso erhebend als heiter und gemütlich, lim halb neun Uhr wurde das Zeichen zum Aufbruch für den Fackelzug gegeben. Nach Verteilung der reservierten Fackeln ordnete sich der Zug vor dem Festlokal. Voran die Musik unter dem Aufspielcn patriotischer Klänge. Dann der Zugführer nebst einer Anzahl Marschälle, Hernach die Fuhne unter Begleitung der Marschälle und Fahnenjunker mii glänzenden Schlägern Fahne und Fahnenbegleitung wurden ringsum von Fackeln beleuchtet. Sodann entwickelten sich die stattlichen Reihen von einigen hundert Fackelträgern nach beiden Seiten der Straße, und inmitten der Fackclreihen postierten sich die zugordnenden Marschälle. Den Zug schlossen vier brennende Fackeln nebst einigen Marschälle». Auf dem allgemeinen Sammelpunkt, dem Augustusplatz, wurden dann sämtliche Fackeln angebrannt, und der Umzug begann, der sich mehrere tausend Fackeln stark nach dem Hause zum »kleinen Joachimstal- bewegte, wo Schiller zwei mal, in den Jahren 1785 und 1789, gewohnt hat. Dort wurde die neu gestiftete Gedenktafel enthüllt, wobei Herr Bürgermeister Koch die Rede hielt. Der prächtige und höchst animierende Verlauf des kolossalen Fackelzugs setzte dem Fest jedenfalls die Krone auf. Nach Beendigung des Umzugs verbrannte der Buchhandel unter dem Absingen des Lieds von Adolf Böttger nach dem herkömmlichen 6s.uäöawus izitur seine Fackeln vor der Post, und eine Ehrenbegleitung brachte dann die Fahne nach der Börse zurück.
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