Frankfurter Zeitung, 27.1.25: Von allen Wünschen, die der Kunstfreund und Kunst historiker im Hinblick auf die Reproduktionstechnik zu stellen hat, ist der nach originalgetreuen, farbigen Wiedergaben — so berechtigt er scheint — bisher fast unerfüllt geblieben. Erst in allerjüngster Zeit ist es gelungen, die großen technischen Schwierigkeiten, die diesem Begehren entgcgenstande», zu überwinden und farbige Reproduktionen zu schaffen, die zwar immer noch Wünsche offen lassen, aber doch von dem Be schauer ohne die Gefahr einer Irreführung betrachtet werden können. Leider ist auch da gut und billig nicht gerade die Regel. Am so begrüßenswerter erscheint eine Samm lung farbiger Kunstbände, die der Verlag von Wilhelm Andermann in Königslein i. T. seit einigen Jahren herausbringt. „Der Früchtekranz", der auf das Gebiet der Zeichnung spezialisiert ist, beabsichtigt, Zeichnungen aus allen Jahrhunderten des europäischen Kulturkreises in farbigen Wiedergaben zu bringen. Drei Publikationen mit je zehn Abbildungen sind bisher er schienen, die den Vorzug reizvollster Ausstattung mit dem Vorteil bemerkenswerter Billigkeit vereinen. Die verantwortungsvolle Auswahl der Tafeln und die schwie rige Aufgabe, prägnante, allgemein verständliche Ein leitungen abzufassen, lag in den Händen von Dr. Oswald Götz (Frankfurt). Seine Texte bringen sachliche Hin weise, die von lebendigen, temperamentvollen und höchst anregenden Bemerkungen durchflochten sind. Die Auswahl des ersten Bandes: „Dürers aquarelle Landschaft (2/.— -M. Tanro/rckHÄcini Lnck fbdmae) war verhältnismäßig einfach, da die in Betracht kommenden Originale alle interessant und in ihrer frappierend modernen Wirkung gleichmäßig anziehend sind. Die Auswahl des zweiten Bandes: „Blumen und Tiere, Aquarelle alter und neuer Meister" befremdet im ersten Augenblick. And doch erscheint auch er durchaus abgeschlossen. Von der nervös feinlinigen, zum Sprung bereiten Pantherkatze Pisanellos zu den weich geschwungenen, beseelten, nalur- fernen und doch erschütternd wahrhaften blauen Pferden Franz Marcs schwingt über die Jahrhunderte eine Welle einer über das Zufällige der Einzelerscheinung erhabenen Naturerfassung, die dem Typ der Schöpfung Ausdruck verleiht, während dazwischen Blätter stehen, die sich mit restloser Hingabe an die Einzelform der Naturerscheinung erschöpfen. Auch da ist Dürer der unerreichte Meister. Der drille Band: „Meister- bildnisse des 16. Jahrhunderts" ist technisch der vollendetste und inhaltlich der reichste. Menschen einer tief erregten Zeit, Individualitäten mit bewußtem Persönlich- keitsgefühl treten uns entgegen. Eine unmittelbare Be ziehung tut sich auf zwischen uns, dem dargestellten Men schen und dem darstellenden Künstler. And in solcher rest losen Auslösung erfüllt sich der Sinn dieser Bände: sie vermitteln in ihren Grenzen letzte Eindrücke ».bereichern den Betrachter um das groß- Erlebnis wahrhafter Kunst. M.sch. Wilhelm Andermann Verlag, Königstein im Taunus Börsenblatt f, Herr Deutschen Buchhandel. V3, yahrgan-. 330