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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.10.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-10-14
- Erscheinungsdatum
- 14.10.1911
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- Deutsch
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- Saxonica
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240 14. Ottober 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. ». Dtschn. Buchhandel. 12111 Mittagsstunde erreichten wir nach heißer Fahrt Flensburg. Emer unserer dortigen Kollegen — den Namen will ich nicht nennen, er ist aber kenntlich an der Rose im Knopfloch — gehört zu den ideenreichsten und zugleich praktischsten Männern des Buchhandels. Beide Eigenschaften zeigte er heute in glücklichster Vereinigung. Er bestieg den Zug und ließ sich hereinreichen einen Siphon mit köstlich schäumendem Bier nebst Gläsern dazu, einen blanken Kessel mit »ganz Heißen« und dazu frischgebackenes Weißbrot, Senf, die bekannten Eissnbahntellcr, Servietten und Schweizerkäse erster Güte, in längliche Stücke geschnitten. Wir hatten kaum Zeit, der geehrten Frau Gemahlin, dem braungebrannten Sohn im Leutnantsrock, vor einer Stunde aus dem Manöver zurllckgekehrt, unsern Dank für die Güte zu sagen, als der Zug uns weiter gen Norden entsührte. Die letzten 1 Vr Stunden bis Hadersleben verliefen nun sehr genußreich und anregend. Hadersleben als Stadt gleicht den andern schleswigschen Ostseestädten. In die Augen fallend sind nur die zahl reichen dänischen Anschriften und Geschäftsempfehlungcn an den Häusern. Mir blieb in den Nachmittagsstunden Zeit zu einigen Besuchen bei »Deutschgesinnten«, um Bekanntschaften, die bei der großen Nordmarkversammlung am 4. März d. I. in Hamburg angeknüpft worden waren, fester zu schließen. Dann «änderte ich einsam zwischen Feldern, Wiesen und Knicks ein Stück südwärts in die Landschaft hinein, um diese auf mich wirken zu lassen. Am Abend hatten sich doch nahezu schon 30 Kollegen im »Deutschen» Hotel eingefunden. Aber die auf 4 Uhr angesetzte Vorstandssitzung war um 8 Uhr noch nicht beendigt. Da fingen wir an zu murren, wie einst das Schiffsoolk von Christoph Columbus. Das Murren wurde so stark, daß es bis ins Vorstandszimmer drang und dort einen beschleunigten Schluß bewirkte. Die Flügeltüren zum Saal öffneten sich, Land, Land! wurde sichtbar, nämlich gedeckte Tische mit kalter Küche. Vor mehreren Jahren schon hatte Schleswig mit seiner kalten Küche mächtigen Eindruck aus mich gemacht; allein Hadersleben war ihm noch bedeutend über. Daß sich nun schnell das sogenannte »Milieu» ein stellte — ich gehöre natürlich dem Deutschen Sprachverein an —, ist selbstverständlich. Die Reden stiegen bald, als erstes »Allgemeines« wurde gesungen: »Hier sind wir ver sammelt zu löblichem Tun», und dann beherrschte den Rest des Abends unser Haderslebener Kollege Johannsen mit seinen mimisch und gesanglich vorzüglichen Darbietungen. Stürmischen und verdienten Beifall fand das »Kreis Norden- Couplet» mit seinem Refrain: »Ja — der Kreis Norden pendelt einmal jährlich hin und her, Den Mitgliedern fällt das augenscheinlich gar nicht schwer, Und hat er irgendwo dann wieder mal getagt, Dann sagt der Bdrsenvorstand ,Ach, wie ist er brav!'» Natürlich war der Text gespickt mit persönlichen Anspielungen »harmloser» Art. Nur zum Schluß kam es mir so vor, als ob der Sänger sich eine Veränderung erlaubte, denn cs klang mir statt des attributiven »brav« »Schaf» in die Ohren. Aber ich werde mich wohl verhört haben. Es sei mir im Bericht eine kleine betrachtende Ein schaltung gestattet. Andern Tags beschäftigte uns ein Antrag, gestellt aus einer großen Stadt unseres Verbandsgcbietes, dahin lautend, daß alle Versammlungen nur in Hamburg stattfiuden sollten, jegliche Festlichkeit und gesellige Unter haltung dabei zu unterbleiben hätte, damit genügend Zeit zu geschäftlichen Verhandlungen bliebe. Ich sage dazu nur, daß man es niemand verbieten kann, einzusauern, möchte jedoch nicht, daß die anregende Frische unserer Wanderoersamm lungen geopfert würde. So denkt auch die Mehrheit in unserm Kreise, denn als es zur Abstimmung über den An trag kam, erhob sich niemand dafür — von den Antrag stellern war bezeichnenderweise keiner zur persönlichen Ver tretung des Antrags erschienen. Ich habe bisher noch nicht erfahren, daß die geschäftlichen Verhandlungen die Kollegialität fördern, im Gegenteil, sie lassen leicht bei diesem und jenem Enttäuschung und Verbitterung zurück, dagegen bei Essen und Trinken, zunächst zu des Lebens Nah rung und Notdurft erforderlich, lernt man sich von der ge mütlichen Seite kennen, rückt sich näher, versteht einander und schließt Bekanntschaften und Freundschaften: das kommt dem geschäftlichen Verkehr sehr zugute! Stein auf Stein gelegt, gibt keinen festen Bau, Mörtel muß die Steine verbinden, wenn der Bau den Stürmen trotzen soll. Als Mörtel dienen unsere geselligen Veranstaltungen; gemeinsames Essen und Trinken hat eine symbolische Bedeutung und Wirkung, denn der Mensch ist, im Gegensatz zum Tier, ein geist-leibliches Wesen. Darum lassen wir im Kreis Norden auch nicht von unserer altüberlieferten Art, darum muß ich auch da von berichten, und ich wünsche allen andern Kreisen, sie möchten es auf gleiche Weise versuchen: der heilsame Ein fluß wird nicht ausbleiben. An der Nocdgrenze unseres Ge bietes, für die meisten nur durch beschwerliche Reise zu er reichen, dennoch 42 Mitglieder vereinigt: ist das nicht ein Beweis für die Richtigkeit unseres Grundsatzes? — Für den folgenden Vormittag stand ein Ausflug nach dem Viktoriabad am Ostseestrande auf dem Programm. Herrliches Wetter begünstigte ihn. Während die meisten die Kleinbahn benutzten, hatten wir uns doch zu sechs zusammen gefunden, um die 9 Kilometer zu Fuß zurückzulegen. Ich mag mir immer gern Land und Leute in der Nähe ansehen. Einem unserer Gäste, auf den Vornamen Otto getauft, widerfuhr dabei ein ähnliches Mißgeschick wie einst seinem großen Namensvetter Otto von Bismarck auf einer pommerschen Eisenbahnstation. So konnte unser lieber Wismaraner Gast am gemeinsamen Frühstück nicht teilnehmen, aber zum Festmahl war er wieder »u kalt! Zwischenbemerkung: Die geschäftliche Versammlung dauerte von 2 bis kurz vor 6 Uhr; dazu die 4ftllndige Vorstandssitzung: es wird fleißig beraten im Kreise Norden! Unser Präsident Otto Meißner verstand es, das Fest mahl mit markigen Worten einzuleiten. Anknüpfend an die jüngst vorangegangene Anwesenheit des Kaisers und seiner hohen Gemahlin auf dem Boden Schleswig-Holsteins, zeickmete er mit kurzen Strichen ein Bild von der nimmermüden Tätigkeit des Kaisers, sie ergänzend durch das Wirken der Kaiserin, der Tochter dieses »op ewig ungedeeiten» Landes. Ihm folgte als Redner Hermann Seippel, der vom Buch handel sprach, ihn in Zeitalter einteilend, und unser Zeitalter das der Flieger nannte. Unsere Gewandung müsse heil und rein bleiben in allem Streit der Interessen gegeneinander. Das Vertrauen zueinander solle erhallen bleiben. Idealismus und Energie seien die beiden Hauptkräfle für den Buchhandel. Der nächste Redner, Theodor Weitbrecht, gedachte der Kollegen Martens, Johannsen, Christensen und Hollesen, die die Vorarbeiten für unsere Versammlung so vorzüglich ge leistet hätten. Namens dieser Herren dankte Lorenz Johannsen und brachte sein Glas dem Vorstande. Aber auch Oscar Hollesen nahm das Wort und wies hin auf die beiden alten Herren Julius Bergas, seinen hoch verehrten Lehrchef, und Paul Toeche-Vater, die unsere diesjährige Versammlung auszeichneten. Es erhob sich Julius Bergas, dankte überrascht für die Auszeichnung und sagte, er wäre trotz seiner hohen Jahre immer noch be reit, mit einzustehen, wo es not täte, und freudig Zeugnis zu geben, daß Deutschland noch wach ist und sich nicht beugen will. »Schleswig-Holstein ungeteilt immerdar deutschI-, so schloß er seine ergreifenden Worte. Es sprach dann Richard Quitzow auf die deutschen Frauen; Otto Meißner schlug noch ein Telegramm an den ersten Vor teil'
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