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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1911
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- Deutsch
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^ Volksschriftsteller. „Wie eine Art Dogma hat sich in den Köpfen mancher Gebildeten unsrer Zeit die Ansicht festgesetzt, eine christliche Volksliteratur, die auch vom ästhetisch-literarischen Standpunkt aus genüge, sei nur in der Idee, aber nicht in der Wirklichkeit vorhanden; was auf dem Gebiete der Literatur, zumal der Volksliteratur, christliche Farbe an sich trage, sei bodenlos langweilig, und was nicht langweilig sei, das verdanke eben weltlichen Federn seine» Ursprung. Das relativ Zutreffende solcher Behauptungen räumen wir gern ein. Wer unsre Traktat- literatur, an die man ja bei dem Ausdrucke „christliche Volksliteratur" vor allem denken mag, kennt, der weiß, was für verkehrtes, plumpes, geistloses Zeug dem Volke mitunter angeboren wird, und der begreift es, wie man weltlicherseits sehr leicht aus den Gedanken kommen konnte, christlich und geschmackvoll, fromm und schön seien auf dem Gebiete der Literatur unvereinbare Gegensätze. Änd wer sich andererseits auf dem Felde der weltlichen Volks- und Unterhaltungsliteratur umgesehen hat, der muß bekennen, es wird hier viel Gutes hervorgebracht und dargeboten, und was die Form betrifft, so sind „die Kinder der Welt", wie auf so viele» anderen Gebieten, so auch hier, unendlich klüger und geschickter denn „die Kinder des Lichts in ihrem Geschlecht". Dennoch meinen wir, jene Behauptung hat nur relative Wahrheit, absolute gewiß nicht. Wenn man der christlichen Volksliteratur ihre Armseligkeit vorhält, so darf man ja nicht vergessen, daß auch das weltliche, unterhaltende Schrifttum seinen Schund hat, der an Fülle alles übertrifft, was die christliche Welt überhaupt auf den Markt bringt. Und dazu soll man zum andern den Begriff der christlichen Literatur nicht zu eng fassen und nicht etwa nur das darunter begreifen, was mit Bibelsprüchen und Liederstrophen um sich wirft. Aso nicht bloß die Predigten von Ahlfeld und die frommen Lieder von Julius Sturm, nein, auch die kulturgeschichtlichen Schriften von Riehl und die Gedichte von Emanuel Geibel gehören zur christlichen Literatur. Und wen» der Leser den Nachweis fordert, daß fromm und schön, christlich und geschmackvoll doch miteinander sich vertragen, so brauche ich ihm nur einen Schriftsteller zu nennen, der beides in sich vereint, der als gläubiger Christ Bücher geschrieben hat, die auch von der dem Christentum abholden Kritik bereits vielfach anerkannt worden sind — Emil Frommel. Seine Schriften teilen sich von selbst in drei Gruppen: Geistliche Reden, Feuilletons und Erzählungen. Mit Predigten hat er begonnen, mehr als auf diesem Gebiete leistete er auf dem Felde des Feuilletons, am bekanntesten ist Frommel als Volksnovellist, als Verfasser von Er zählungen und Geschichten, wie sie das Volk so gerne liest. Auf diesem Gebiete hat kein Mangel an guten Leistungen geherrscht. Wer nennt sie alle, die Namen: Lebel, Gotthelf, Caspari, Äorn usw.! Was ist's aber, das Frommel von ihnen allen unterscheidet und ihn über nicht wenige so hoch emporhebt? Wir meinen, es ist nicht der Umfang seiner Leistungen, auch die Größe und Erhabenheit der Stoffe ist es nicht, sondern es sind andere Dinge. Frommel pflegt seine Stoffe mit Vorliebe dem realen Leben zu entnehmen. Er hebt sie sozusagen auf der Gaffe auf, und das ist schon ein großer Vorzug. Was hilft es, wenn ein Schriftsteller seine Gestalten von seiner Phantasie sich eingeben läßt und dann Dinge zu tage fördert, die keine Spur mehr von der Wirklichkeit an sich tragen? Das Volk wenigstens vermag mit solchen Gebilden schlechterdings nichts anzufangen, es will Gestalten mit Fleisch und Blut. Und solche Gestalten hat Emil Frommel gezeichnet. Er kennt die Menschen und weiß sie so getreu und lebendig zu schildern, daß sie fest im Geinüte haften bleiben. — Dem Leben also, dem vollen Leben hat er seine Stoffe entnommen. Ein weiterer Vorzug der Frommelschen Schriften liegt in ihrer Sprache. Frommel hat seine Sprache für sich. Er hat sie auch dem Volke abgelernt, und doch ist es eine ganz eigene Sprache, klar wie ein Waldbach, fließend, bestimmt, derb, wo es sein muß, und dann auch wieder einschmeichelnd, wenn es die Gelegenheit gibt, das gerade Gegenteil der sog. Büchersprache, ur wüchsig und frisch, so wie der Genius des Volkes selbst . . . ' Alles in allem müsse» wir sagen, wir haben in Frommel einen hochbegabten, ganz eigen artigen Volksschriftsteller vor uns. Seine Schriften gleichen nicht den Eintagsfliegen und Monatsrosen, sie haben bleibenden Wert."
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