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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.08.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-08-23
- Erscheinungsdatum
- 23.08.1911
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- Deutsch
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- Saxonica
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^ 185, 23. August 1811. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Ltsch». Buchhande». 9445 Gerade das ist eben des Pudels Kern! Um billige Biicher nach dem Begriff des Publikums liefern zu können, (und unter -billig« versteht heute das Publikum, dank der untergrabenden Arbeit des Großantiquariats, besonders niedrige Preise) müssen wir Verleger mit großen Auflagen rechnen; und steht dann der Erfolg mit der Erwartung nicht im Einklang, dann ist es oft schwer, wenn nicht unmöglich, ohne die -gütige Mithilfe« des Großantiquariats aus zukommen. wenn wir unseren Zinsoerlust nicht ins Ungeheure anwachsen oder unsere kostspieligen Lager nicht ins Un gemessene auswachfen lassen wollen. Was heißt denn überhaupt bei einem Buch -billig«? Ein Buch, das einen Bedarf darstellt, kann die höchste Grenze im Preis erreichen und wird gekauft. Ein Buch, das keinen Bedarf darstellt, sondern lediglich ein mehr oder minder wertvolles literarisches Obsekt ist, kann in den Grenzen kaufmännischer Kalkulation so billig sein wie möglich, ist auf die Gnade des kaufenden Publikums an gewiesen. Deshalb wird auch der wissenschaftliche Verleger, der mit hohen Preisen innerhalb geringer Auflagen arbeitet, weniger den Großautiquar benutzen, als der Verleger lite rarischer Werke, die er bei hohen Auflagen billig kalkuliert. Ich beschäftige mich augenblicklich mit der Herstellung eines 80 Bogen starken Werkes, das von sieben unserer bekanntesten Universitätsprofessoren geschrieben wird und sür das ich ein Honorar von rund 18 000 zahle. Es handelt sich um ein Werk, das ich »billig« in den Handel bringen muß, und das ich daher unter Berücksichtigung einer Auflage von 10 000 Exemplaren kalkuliere. Wie aber, wenn ich wider Erwarten diesen Absatz nicht erreiche? Soll ich den Preis herabsetzen und, außer der Verwirrung im Buchhandel, diesem Manko noch die nicht Aber man kann den Großantiquariaten so viel Schlechtes nach- sagen, wie man will: daß sie mit Büchern handeln wie andere mit alten Kleidern, daß sie keine Werte schaffen, sondern höchstens Schund, daß sie dem Publikum Sand in die Augen streuen, und was dergleichen Lieblosigkeiten mehr sind, so ist doch hundert gegen eins zu wetten, daß die in Aussicht genommenen Lombardgeschäste entweder in kurzer Zeit vor der Pleite stehen oder zu ganz ähnlichen Geschästsmanipulationen übergehen müssen wie die Großantiquariale, nur daß sie die Geschäftsverbindungen, über die jene schon verfügen, sich erst schaffen müssen. Wie keine Bank, die ihren Aktionären oder Gesellschaftern eine einiger maßen anständige Gewinnquote zahlen will, nennenswerte Gewinne aus Diskont- oder Lombardgeschästen herauswirt- schasten kann, sondern sich in irgendeiner Form an Speku- lationsobjekten beteiligen muß, so würden auch die von Herrn vr. E. H. D. vorgeschlagenen »Lombardgeschäste« schon deswegen die Wege der Großantiquariale beschreiten müssen, weil die lom bardierten Waren, von denen wahrscheinlich die wenigsten ein gelöst würden, auch für sie erst im Moment des Verkaufs Wirt schaftswert erlangen. »Edelmut«, wie ihn Herr llr. E. H. D. von ven Großantiquariaten verlangt, wäre daher auch für diese Bankgeschäfte gleichbedeutend mit dem Ruin und verträgt sich mit dieser Art von Geschäften am wenigsten. Die zu gründenden Banken müßten genau wie die Großantiquariate ihre Hintermänner haben, von denen sie mit einiger Sicherheit schon bei dem ersten Schritt zur Einleitung eines neuen Geschäfts wissen, wer sür sie als mutmaßlicher Käufer und in welchem ungesähren Umsange in Betracht kommt. Was aber ein in seiner Aktionssreiheit nicht beschränkter Groß, antiquar kann, nämlich entstandene Verluste durch eine kühne Spe kulation wieder einbringen, das wird oft genug an der Gebunden heit eines von den Aktionären oder Gesellschaftern abhängigen Bankdirektors scheitern. Kein derartiges Geschäft kann dem Ver leger in wirksamer Weise aus die Dauer Helsen, eher wäre es möglich, ihn dadurch zu neuen gewagten Spekulationen zu verleiten. Helsen kann hier nur die Einsicht, daß der Buchhandel genau denselben Wirtschastsgesetzen unterworsen ist wie jedes andere kaufmännische Geschäft, und daß der Meister sich erst in der Beschränkung zeigt. Red. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. unbeträchtlichen Kosten erneuter Propaganda hinzufügen? — Oder soll ich so unkaufmännisch sein, die Bücher bis auf vielleicht eintretende -bessere Tage- lagern zu lassen, um in dieser Zeit an Zinsverlust ein doppeltes Kapital zu ver lieren? (Ich habe noch kürzlich einem Kollegen, der in einem Zeitraum von 8 Jahren die erste Auflage eines Buches verkauft hatte, bewiesen, daß er trotz des gesamten Absatzes der ganzen Auslage 18 Prozent seines angelegten Kapitals verloren habe.) — Nein, ich werde wohl oder übel, wie jeder einsichtige Kaufmann das immerhin noch bessere Übel ergreifen, zum Großantiquar zu geben, der natürlich meine Verlegenheit kennt und diese in seinem Interesse ganz natür lich ausnutzt. In jedem anderen Geschäftszweige wird eine Ware, nach der eine Nachfrage im marktgängigen Preise nicht besteht, im Preise herabgesetzt und tunlichst so bloo verkauft. Wo finden sich aber die Käufer für nicht marktgängige Bücher? Beini alten Eisen hat wenigstens das Material noch einen be stimmten Wert, der dem Rohmaterial ziemlich gleichsteht, ja ihn sogar überschreiten kann. Bedrucktes Papier steht aber weit unter dem Wert des ursprünglichen Rohmaterials. — Man wende mir nur nicht ein, wie ein allwissender Kollege, der zwei Monate nach seinem mir erteilten Rat selber das Großantiquariat aufsuchen mußte: der Verleger müsse die Absatzquelle und die Absatzfähigkeit seiner Bücher im voraus kennen. Im Wappen des Börsenvereins prangt der Spruch: »ttabvnt eua kot» libolli« — und die Schicksale, die im Buchhandel in tausendfältiger Gestalt austreten, enden zumeist im Lager der Großantiquariate. Das Großantiquariat ist im Buchhandel eine ebenso große Notwendigkeit wie der Alteisenhandel im Gewerbe der Maschinen- und Schwereisenindustrie. Nur verlange ich, daß es nicht zu einer gefahrvollen Ausbeutung des Buch gewerbes anwachsen soll, wie es tatsächlich der Fall ist. Die Notwendigkeit des Großantiquariats beruht aber im wesentlichen auf der alljährlich wachsenden Produktion, die ein unerhört großes Angebot bei einer im Verhältnis ver schwindenden Nachfrage schafft. Die Produktion an literari schen Erzeugnissen auf dem Büchermarkt ist derart gewachsen, daß der Buchverlag selbst immer mehr und mehr als Spe kulation ungesundester Art angesehen werden kann. (In einem besonderen Aufsatz werde ich mit Erlaubnis der Redaktion Nachweisen können, daß die Herstellung solcher Bücher, die vom Autor bezahlt werden, 20»/, der Gesammt- produktion ausmacht.) Ich Habs die Zahl der jährlichen Produktion nicht zur Hand, aber ich überschätze sie in der Erzeugung von jährlich 20 Millionen Exemplaren keineswegs. Als Käufer kommt das deutschsprechende Volk in betracht mit einer Zahl von etwa 80 Millionen Menschen, von denen die Unbemittelten, die Kinder, die Wenigerbe mittelten völlig als Konsumenten ausscheiden. Wenn ich 8 Millionen Menschen (die Schulbücher kaufenden Kinder schließe ich aus) als Büchcrkäufec ansetze, so ist das wahrlich hoch gegriffen. Und dem gegenüber stehen 20 Millionen Bücher. Daß diese zu regulären Preisen nicht immer ab gesetzt werden können, ist eine Tatsache, die keiner Polemik bedarf. Es muß also ein Gewerbe geben, das die latente Überproduktion in Werte umsetzt. Wie setzt aber das Groß- antiquaciat die Überproduttion um? Ich behaupte: in vielen Fällen in wucherischer Weise, indem es die Notlage des bei der Spekulation der Buchherstellung hereingefallenen Verlegers aus nutzt. Edelmut ist nicht die hervorragende Charaktereigen schaft der Großantiquare, sondern das rohe nackte Geschäft. Und nur daraus ist es zu verstehen, wie heute die besten Bücher zu Schundpreisen auf den Markt gebracht werden und so den ganzen Handel untergraben und diskreditieren. Ein beredtes Zeichen ist daher auch die Erscheinung, daß 1228
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