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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-05-23
- Erscheinungsdatum
- 23.05.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 118. 23. Mai 1911. Nichtamtlicher Teil. vörfenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 6275 Herr Artur Seemann, um dann der Einigkeit im Buchhandel ein Loblied zu singen. Daß dies in humoristischer Weise unter Zuhilfenahme von Vorgängen und Erscheinungen in der Natur geschah, wird hoffentlich keinen der Gäste zu der Annahme verleitet haben, daß es dem Redner nicht ernst mit seinem Trinkspruch war. Meine hochgeehrten Herren! Der Vorstand des Börsen vereins, der jetzt amtiert, wie auch diejenigen Mitglieder, die zu ihrer Freude die schwere Last des Vorstandsamtes haben von den Schultern nehmen können, sind dem Herrn Oberbürgermeister vr. Dittrich außerordentlich dankbar verbunden für die liebens würdigen und freundlichen Worte, die er ihnen gewidmet hat. Meine Herren, es genügt nicht, daß man arbeitet, es genügt auch nicht, daß man sich des Wertes seiner Arbeit bewußt ist, sondern ab und zu ist es notwendig, daß man einen Stempel bekommt, eine Bescheinigung, daß die Arbeit auch etwas wert ist, und diese Bescheinigung hat Herr Oberbürgermeister vr. Dittrich in so liebenswürdiger Weise uns, dem Vorstand und zugleich dem Buchhandel ausgestellt. Meine hochgeehrten Herren, so einig, wie der Buchhandel vielleicht zu sein scheint, ist er nicht immer. Diejenigen, die die Arbeiten des Börsenvereins jetzt zu leiten, diejenigen, die die Versammlungen jetzt zu besuchen haben, wissen, daß es nicht immer ohne Meinungsverschiedenheiten und Kämpfe abgeht, daß diese Meinungsverschiedenheiten oftmals einen sehr temperament vollen Ausdruck finden, daß manch einer sogar geneigt ist, im stillen — besonders nach 12 Uhr nachts — den Krieg bis aufs Messer zu erklären. Allein der Krieg bis aufs Messer legt sich sofort, wenn sich zu dem Messer die Gabel gesellt, und jeder ist geneigt, die Suppe auszulöffeln, die er nicht selbst ein- gebrockt hat; selbst der Vorstand fühlt sich seelisch erleichtert, wenn er sich statt mit der Satzung mit der Atzung beschäftigen kann. (Heiterkeit.) Ich will damit nicht sagen, daß das Kan tatefest nur unter dem Gesichtspunkt der kulinarischen Genüsse anzusehen sei; ich betrachte es nicht unter dem Gesichtspunkt des Ernährungsprozesses, sondern ich sehe darin eine symbolische Handlung. Nach den Kämpfen, die wir hier ausgefochten haben, gestern und heute morgen, ist es immer erfreulich, wenn sich das Bild so angenehm regelt und die Buchhändler wie an einer Perlenschnur gereiht ganz friedlich nebeneinandersitzen. Ick bin dem Herrn Oberbürgermeister im Namen des Vorstandes außer- ordentlich dankbar dafür, daß er noch eine so große Einigkeit im Buchhandel konstatiert. (Heiterkeit.) Das liegt eben daran, daß wir es einigermaßen verstehen, nach und nach die Reibungsflächen zu vermindern. Meine hockverehrten Herren! Der Buchhandel ist nicht so stark, daß man auf ihn das Wort anwenden könnte: Der Starke ist am mächtigsten allein. Er bedarf der Unterstützung, er bedarf des Wohlwollens, er bedarf der Sympathie. Schon allein der Gedanke, daß von morgen ab möglicherweise kein Mensch mehr Bücher schreiben wollte, könnte mich ängstigen. Was sollte aus dem Buchhandel werden, wenn dieses Ereignis einträte? (Heiterkeit.) Oder wenn jemand käme und sagte: ich will von diesem Augenblick keine Bücher mehr kaufen, und sein Beispiel machte Schule: wohin sollten wir da kommen? Ich wende mich jetzt an die Buchhändler. Meine Herren Kollegen, Sie haben gehört, wie gut der Herr Oberbürgermeister vr. Dittrich von unserer Einigkeit denkt. Ich möchte Sie bitten, dem edlen Vorbild, das er uns gegeben hat, einmal praktisch nachzuleben, soviel wie möglich die Differenzen beiseite zu schieben, die uns noch trennen, und so die guten Kinder zu sein, als die wir dem wohlwollenden Beobachter jetzt schon erscheinen. Ich glaube auch, es ist das gar nicht so sehr schwer. Denn wenn so häufig behauptet wird, daß der Buchhandel im Niedergang be griffen sei, daß insbesondere dem Verlagsbuchhandel so ungeheure Veränderungen bevorstehen, die sein Dasein an der Wurzel an greifen, oder daß dem Sortimentsbuchhandel schon das Grab ge graben sei, so glaube ich, daß es mit diesen Dingen ähnlich geht wie in der Natur überhaupt, d. h. die biologischen Probleme sind eigentlich überall die nämlichen. Überall da, wo Orga nismen wachsen, finden beständig Veränderungen statt, Zufuhr, Absterben usw., und es ist natürlich, daß diejenigen, die auf dem absterbenden Ast sitzen, leicht Klagetöne von sich geben, während die anderen die angekommen, mäuschenstill sind. Ich habe oft darüber nachgedacht, wie man die Verleger klassifizieren soll. Erst vor kurzem ist mir das klar geworden; wenn man sich an die Erscheinung in der Natur hält, insbesondere in der Vegetation, die auch so üppig blüht wie der Buchhandel, da kann man zwei Klassen aufstellen. Um die Organismen zu er halten, hat die Natur nur zwei Wege festgesetzt. Bei dem einen Weg, um die Art zu erhalten — die Natur kümmert sich immer nur um die Art, nicht um das Individuum; im Buchhandel ist es etwas Ähnliches —, da ist es notwendig, daß die Blüte nicht Blüte bleibt, sondern auch keimfähigen Samen entwickelt, und dazu gehört eine gewisse Mitwirkung von außen. Das ist bei einer Sorte von Pflanzen die des Windes. Der Wind schüttelt die Bäume und die Staubfäden geben dann ihren Staub von sich — (Heiterkeit). Es gibt noch eine andere Art, die die Natur ein gerichtet hat; als sie sah, daß sie damit nicht weit genug kam, hat sie sich Helfershelfer zur Befruchtung der Pflanzen geholt; sie hat sich an eine Reihe von Insekten gewendet, die dieses Ge schäft vollziehen. Das sind also die beiden Klassen: bei der einen, bei den anemophilen, findet die sogenannte Windbefruchtung statt, bei den anderen, den entomophilen, eine Jnsektenbefruchtung. Etwas Ähnliches gibt es beim Buchhandel. Da gibt es zwei Sorten von Verlegern. Die einen verlassen sich auf den Wind, sie erregen diesen Wind selbst, indem sie die Backen auf blasen und sich an die Blätter wenden (Heiterkeit), und alle Welt wird von dem Rauschen veranlaßt, die betreffenden Blüten der Literatur sich anzuschaffen. Dann gibt es eine andere Klasse, die wendet sich an die Helfershelfer, sagen wir die Bienen, Wespen, Hummeln. Die Herren Sortimentsbuchhändler kann man füglich in diese drei Klassen einteilen; von den übrigen kleinen Insekten will ich ab- sehen, die Sache würde sonst zu verwickelt. Es gibt also einmal die eigentlichen Sortimenterbienen, das sind solche, die ganz in der Stille Honig einträgen. Dann die andere Klasse, die mehr den Wespen gleicht; die tragen auch Honig ein, daneben aber stechen sie. (Heiterkeit.) Die dritte Klasse, die ist ganz be sonders begabt. Es sind Geschöpfe, die sich im wesent- licken nur durch ein gemütliches Gebrumm vernehmen lassen. Die Hummel hat manches vor anderen Insekten voraus; sie kann z B. eine bestimmte Sorte Klee befruchten, was die anderen nicht können, weil sie eine viel längere Zunge hat. (Heiterkeit.) Ich möchte sagen, es gibt eine bestimmte Art von Literaturblüten, die auch nur von ganz bestimmten Insekten ver kauft werden können; sie haben allerdings keine lange Zunge sondern andere Qualitäten. (Heiterkeit.) So sehen wir in der Natur und im Buchhandel überall diese Wechselwirkung, und ich möchte Sie bitten, diesen Zustand nicht als so schmerzlich anzu sehen. Es ist richtig, daß die Sortimenter oft etwas kärglichen Honig aus ihren Blüten schöpfen. Aber wenn Sie bedenken, wie viel karger die Natur verfährt, die den Insekten so viel kleinere Schüsseln vorsetzt als der Verlagsbuchhandel den Sorti mentern, so werden Sie hoffentlich Ihre Forderungen etwas redu zieren. Es ist ja gut, wenn die Herren Sortimenter und Verleger sich gegenseitig offen über ihre Schwierigkeiten aussprechen, und besonders ersprießlich wird das bei einem Glas Wein geschehen, weil dann vieles glatter geht. Ich möchte auf die Einigkeit im Buchhandel mein Glas erheben. Ich möchte auch die Verleger nicht bloß als Pflanzen hinstellen; das war ein Irrtum in meiner Rede, den ich berichtigen muß. Man kann die Stellung eines normalen Verlegers dem Sorti ment gegenüber auch als die eines Imkers ansehen, der ab und zu mit Bedauern bemerkt, daß ein Schwarm seiner Bienen sich plötzlich entfernt, einer anderen Königin nachjagt, der aber mit einigem Geschick den verlorengegangenen Schwarm wieder ein fängt und zum weiteren Honigmachen veranlaßt. (Andauernde Heiterkeit.) Es lebe die Einigkeit im Buchhandel! (Bravo! Dreimaliges Hoch!) Nach dieser mit beifälligem Schmunzeln aufgenommenen Rede ergriff Herr Otto Petters-Heidelberg, der bekannte Wohltätigkeitsapostel im deutschen Buchhandel, das Wort zu nachstehenden Ausführungen: Hochverehrte Festgenossen und liebe Freunde! Sie sind nicht daran gewöhnt, baß ich eine Rede ablese, da ich meistens frei 814*
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