Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 29.10.1907
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19071029
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190710290
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19071029
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1907
- Monat1907-10
- Tag1907-10-29
- Monat1907-10
- Jahr1907
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
253, 29. Oktober 1S07. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 11315 wenigstens in Österreich, Abdrucke seiner Stiche in Tausenden und Aknrtausenden von Händen;-jedermann dort kennt sie, sieht sie täglich, und sie wandern von Hand zu Hand und gelten als be liebte Sammelobjekte. Aber niemand forscht nach ihrem Urheber; der interessiert die mehr oder weniger glücklichen Besitzer auch nicht so sehr wie die Ziffer, die auf den Drucken steht und ihren Wert bestimmt: es handelt sich nämlich um die jetzt kursierenden Staats- und Banknoten, von der bescheidenen Einguldennote bis zum stolzen Tausender, deren Platten sämtlich von Sonnen leiter hergestellt worden sind. Seine Vaterstadt ist Nürnberg, wo er am 20. Februar 1825 geboren wurde und bis zu seinem dreizehnten Jahre die Volks schule besuchte. Diese alte Reichs- und Kunststadt hat uns viele Kupferstecher geschenkt. Ich erinnere hier nur an die bekanntesten neueren, an einen Reindel, Ehr. Preise!, Paul Barfus, Albrecht Schultheiß, Johannes Lindner und an den auch schon Heim gegangenen I. L. Raab, die fast alle aus der Carl Mayerschen Kunstanstalt hervorgegangen sind. Auch unser Sonnenletter er lernte dort seine Kunst in den Jahren 1839 bis 1845. Daneben besuchte er fleißig die Kunstgewerbeschule, die damals unter der Leitung Reindels stand Hier übte er sich im Zeichnen nach Gips und lebenden Modellen. 1851 finden wir ihn in Leipzig und Dresden, mit kleinen Gelegenheitsarbeiten beschäftigt. Äußere Umstände ließen die Erfüllung seines Wunsches, die Dresdner Akademie zu besuchen, nicht in Erfüllung gehen. Als der Österreichische Lloyd im Jahre 1852 in Triest eine literarisch-artistische Anstalt gründete, wurde Sonenletter als Leiter dieses neuen Unternehmens ^berufen, und darf man ihm wohl einen nicht geringen Anteil an den verdienstvollen Leistungen dieser Kunstanstalt zuschreiben, die zeitweise auch Rudolf Alt und Ferdinand Laufberger für ihre Publikationen beschäftigte. Nach zwei Jahren unternahm der Künstler eine längere Studienreise und schlug darauf seinen dauernden Wohnsitz in Wien auf. Nun war er lange Jahre hindurch auf die Herstellung kleinerer Arbeiten, zum Teil für industrielle Zwecke, angewiesen. Erst als er sich unter dem Einfluß Jacobys weiter ausgebildet hatte und dieser ihm 1869 die Gelegenheit verschaffte, den Stich nach dem Bilde von Knaus -Die Katzenmutter- herzustellen, zog die gelungene Ausführung dieses Blattes die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf ihn. Von da ab entfaltete der Künstler seine Haupttätigkeit für die Wiener Gesellschaft sür vervielfältigende Kunst, die damals noch die Pflege des Kupferstichs als eine ihrer edelsten Aufgaben betrachtete. Unter der künstlerischen Leitung des um die graphischen Künste hochverdienten Professors Jacoby ließ die Gesellschaft eine Reihe von bedeutenden Werken des Grabstichels Herstellen und zog fast alle namhaften deutschen Stecher in ihren Dienst. Die Aufzählung aller dieser Künstler würde hier einen zu breiten Raum einnehmen. Wenn wir die Erscheinungen des deutschen Kupferstichs in den letzten dreißig Jahren des verflossenen Jahrhunderts verfolgen, so begegnen wir auf Schritt und Tritt dem segensreichen, kunstsördernden Wirken der Wiener Gesellschaft. In dem Maße, wie immer wieder neue graphische Reproduktionsarten entstanden und sich einen größern Raum auf dem Kunstmarkt und in der Gunst des Publikums er oberten, muhte der reine Linienstich zurücktreten und das Feld seinen beweglicheren, ausdrucksfähigeren und auch billigeren Ri valen räumen. Die mühsame und langwierige Kunst, in viel fältigen Kreuzungen Linie um Linie nach ganz bestimmten Gesetzen in das spröde Metall zu graben, wurde mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt, und heute ist es so weit gekommen, daß unsre reproduzierenden Künstler mitleidig und geringschätzend auf die -alle Gondelei-, wie sie die Grabstichkelunst spöttisch nennen, herabsehen. Nicht immer mit Recht! Ist doch diese ehrwürdige Kunst mit ihrem respektablen Lebensalter von vierhundertund- sünszig Jahren die Bürge aller reproduzierenden Künste über haupt und gab und gibt es unter ihren Jüngern neben vielen sich mühsam abplagenden Pedanten und geistlosen Handwerkern doch immer auch fern empfindende, geistvolle Künstler im wahrsten Sinne des Worts. Zu ihnen zählte auch unser Sonnenleiter, der mit absoluter Beherrschung der rein technischen Seite seiner Kunst ein ungemeines Anpassungsvermögen verband und die Eigenarten des Künstlers, oetzen Orrginatwerke er in die Sprache des Grabstichels übersetzen sollte, stets eingehend studierte und restlos zu erfassen suchte. Sol tragen fast alle seine Schöpfungen bis zu den kleinen, zu ihrer Zeit so beliebt gewesenen Almanachblättchen ein künstlerisches Ge präge, das sie weit über das Durchschnittsniveau erhebt. Schon in seinen ersten größeren Blättern, z. B. in dem Stiche nach dem bekannten Bilde von Kurzbauer -Die ereilten Flücht linge-, ist die verständnisvolle Übersetzung äußerst wirksam unter stützt durch eine weiche geschlossene Technik, die in ihrem Bestreben nach Anpassung an die Art der Vorlage neue Ausdrucksmittel sucht und erfolgreich anwendet. Die Behandlung des Stofflichen auf diesem Blatt ist ebenso gut gelungen wie die Darstellung der verschiedenen Fleischfarben in den Gesichtern von Alt und Jung, von Bauer und Städter. Wahre Meisterwerke in ihrer Art sind seine Stiche nach Rubens' -Boreas entführt die Oceithyia- und -Venusfest-. Die verschiedenen Strichlagen und Kreuzungen sind mit einer bewundernswerten Freiheit und Leichtigkeit, gleichsam spielend, angeordnet; es ist erstaunlich, wie der reproduzierende Künstler die Grabsticheltechnik dem Farbenzauber der Vorlagen angepaßt und es verstanden hat, mit den doch ziemlich beschränkten Mitteln der Stecherkunst den leuchtenden Schmelz des Kolorits und die gerade auf diesen Bildern so überaus reiche Abstufung der Fleischtöne reizvoll und eigenartig wiederzugeben. Vielleicht kann die freier schaffende Radiernadel in der Hand eines Unger oder Koepping die Schöpfungen des großen Flamen noch weicher und farbenreicher in Schwarz-Weiß übersetzen; als Grabstichelarbeiten aber sind diese beiden Blätter einfach unübertrefflich. Sie atmen RubenSschen Geist und dürfen zu den besten Erzeugnissen des Linienstichs gezählt werden. Während er noch mit dem im Jahre 1880 erschienenen-Venus- fest- beschäftigt war, erhielt der Künstler von der kunstver ständigen Kronprinzessin Viktoria von Preußen den Auftrag, das von H. von Angeli gemalte reizende Profilbild ihrer Tochter, der Prinzessin Charlotte, in Kupfer zu stechen. In der kurzen Zeit von drei Monaten entledigte Sonnenleiter sich dieser Auf gabe und schuf damit eins der schönsten Blätter des modernen Porträtstichs. Die ihm eigne Feinheit der Nachempfindung und seine graziöse leichte Technik befähigten ihn besonders zum Bildnissach. Von weiteren Leistungen auf diesem Gebiete sind noch zu erwähnen das Bildnis der Erzherzogin Maria Theresia ebenfalls nach Angeli, und der wundervolle Stich nach A. van Dycks sogenanntem -Feldherrn- aus der kaiserlichen Gemälde- Galerie in Wien. Das elftere entstand im Jahre 1882 und zeigt dieselben glänzenden Vorzüge wie das Porträt der preußischen Prinzessin. Wie dieses ist es ebenfalls nicht im Handel erschienen; von beiden Platten wurden nur wenige, für den persönlichen Gebrauch der Dargestellten bestimmte Abzüge hergestellt. Der Stich nach van Dyck zeigt den Meister auf der vollen Höhe seiner Kunst; die Technik hat sich zur höchsten Meisterschaft entwickelt und treibt ein leichtes, freies Spiel mit Linien und Punkten, mit scheinbar willkürlichen und dabei doch raffiniert berechneten Kreuzungen und Schraffierungen. Die Rüstung des Feldherrn mit ihren reichen, glänzenden Verzierungen schillert wie Metall, der ausdrucksvolle Kopf ist in gründlich-genauer Zeichnung sehr glücklich wiedergegeben, und die Gesamtwirkung ist von einer äußerst malerischen, harmonischen Vollendung. Dieser Stich allein schon sichert dem Künstler einen ehrenvollen Platz in der Geschichte des deutschen Kupferstichs. Hieran schließt sich dann der große Stich nach Holbeins Ma donna, wovon schon oben die Rede gewesen ist. Das umfang reiche Blatt sollte zum Holbein-Jubiläum im Jahre 1896 publi ziert werden, es wurde aber erst 1900 vollendet und darf als eine glückliche Interpretation eine« der größten Meisterwerke aller Zeiten bezeichnet werden. Cs ist die letzte bedeutsame Erscheinung auf dem Gebiet des reinen Liniensttchs; seit Mandels Stich nach der Sixtinischen Madonna und Kohlscheins Blatt nach Murillos -Iwmaoulss oovvsption- kann ihm nichts Ähnliches an die Seite gesetzt werden. Der gesamte Kostenaufwand belief sich auf mehr als 40 000 Kronen. Die Wiener Gesellschaft scheint ihre Tätigkeit auf dem Gebiet des reproduzierenden Stichs mit diesem Blatt abgeschlossen zu haben; wenigstens hat man seitdem nichts wieder von einer neuen in Auftrag gegebenen Arbeit dieser Art gehört. Zwischendurch war Sonnenleiter, seitdem er im Jahre 1882 Jacobys Nachfolger im Lehramt an der Wiener Kunstakademie geworden war, mit der Ausführung der österreichischen Staats- 1473'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder