Umschlag zu Kk 136. Dienstag, den 16. Juni 1903. Verlag von Karl Henckell k Co., Berlin W. 9 Koethenerstraße 44. Mitte Juni wird in unserm Verlage erscheinen Lieder aus dem Rinnstein gesammelt von Hans Ostwald mit Titelbild von Hans Baluschek ca. Mk. l. ord., 60 Pf. bar und 7/6 (75 Pf. no.) Diese neueste Publikation des mit einem Schlage durch seine „Vagabunden"romane und „Verbrecher"studien bekannt gewordenen Schilderers der dunklen Nachtgebiete deutschen Gesellschafts lebens wird nicht verfehlen, überall das stärkste und aktuellste Interesse herauszuforder». Infolge einiger den Gegenstand des Buches ausführlich behandelnder Artikel Llstwalds in den gelescnsten Tagesblättern wie „Frankfurter Zeitung", „Tägl. Rundschau", „Verl. Tageblatt" zeigte sich schon vor Erscheinen bei der Verlagshandlung rege Nachfrage. Das ist auch sehr begreiflich, denn der in Betracht kommende Interessentenkreis geht weit über die belletristische Sphäre hinaus, ohne diese natürlich irgendwie auszuschließen. So hat das Buch für alle Kriminalisten, Juristen usw. eine ganz besondere Anziehungskraft. Die „Lieder aus dem Rinnstein" sind ein Werk von hervor ragend kultur-psychologischer Bedeutung. Es ist hier zum ersten Male der Versuch gemacht, und zwar von berufenster Seite, das ganze Leben derer, die „am Wege" leben und sterben, der Stromer, Dirnen, Landstreicher usw. aus alter und neuer Zeit, im Spiegel seiner wesenseigentümlichen, selbst verständlich oft durch ungebundene Keckheit geradezu verblüffenden Dichtung vorzuführen. In dieser Aufsehen erregenden Sammlung singt der wahre Anarchismus der ewig Gesetzlosen sein bald verwegen lachendes, bald verzweifelt aufschreiendes Rebellenlied. Ein deutscher Maxim Gorki, ein „Nachtasyl" im Liede, nicht in dem eines einzelnen, sondern in dem vieler Dichter, sei es „aus dem Rinnstein" selber, sei es von solchen, die intuitiv aus dieser Sphäre heraus je zu dichten wagten. Eine vorzüglich geschriebene einleitende Studie des Herausgebers und Autors der „Tippel- schicksc" orientiert in erschöpfender Weise über die Gesichtspunkte, von denen aus diese höchst origi nelle und zeitgemäße Anthologie gewürdigt sein will und entrückt dieselbe völlig den» ve- reieb ordinär pikanter Sensation-literatur. Dafür ist neben dem Toll Amüsanten zu viel des Ernsten, Tiesergreifenden in dem merkwürdigen Büchlein enthalten. Wir bitten um recht tätige Verwendung. Das Büchlein verkauft sich spielend in Partien. Leipzig ». Berlin IV. 9.