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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1895
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1895
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- Deutsch
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101, 2. Mai 1895. Nichtamtlicher Teil. 2381 fischen Krieg, 12 soll nahezu in 40000 Exemplaren an den Mann gebracht worden sein. Anderthalb Teile mögen die kompletten Werke um fassen, wozu namentlich auch die architektonischen zählen. Oben an stehen natürlich die von allgemeinem Interesse. Der Audrccsche Atlas ist sicher zur größeren Hälfte gleichfalls im Reiseverkehr vertrieben. Standen doch verschiedene Reisende im unmittelbaren Dienst der Verleger. Auch entsinnen wir uns zweier Firmen in einer Provinzial-Hauptstadt, von denen die eine 1500, die zweite 500 Exemplare nur so nebenher mit vertrieben hat. In dem Buche »Das neue Heilverfahren« von Bilz (6 ./6) hat man ein greifbares Exempel, was die Kolportage zu leisten vermag. Von den bis heute notorisch abgesetzten 220 000 Exemplaren entfallen sicher neun Zehntel auf den Reise vertrieb. Einzelne Firmen bezogen hiervon 10000, ja 30000 Exemplare. Aber auch die Zeitschriften und Mode-Journale stützen sich mit einem namhaften Prozentsatz auf die Kolportage. Besonders kleine selbständige Kolporteure lassen sich die Pflege der Zeitschriften angelegen sein, und hier ist ein Punkt, wo sich die Interessen des Sortiments mit der Kolportage berühren. Gar zu billige Blätter rührt übrigens die Kolportage, die stets rechnet, nicht leicht an. Dagegen wird sie seitens der Verleger bei dem Neuerstehen eines billigen Blattes mit Erfolg in Anspruch genommen, unter großen Opfern, indem pro Abonnement der Preis von ein, selbst zwei Quartalen vergütet zu werden pflegt. Dadurch erklärt es sich, wenn christliche wohlfeile Blätter schon nach vier bis sechs Jahren Auflagen von —60 000 erreichen, wie wir dies bei man chem Unternehmen sehen. Nehmen wir nun noch die Lieserungswcrkc mit Ausschluß der Romane in diese Kategorie, so beansprucht sie nicht unter einunddrciviertel vom Gesamt-Umsatz. Zu dieser Gattung ge hören illustrierte Klassiker, Weltgeschichten, technische und wissen schaftliche Werke. Die in Wien erscheinende Medizinische En- cyclopüdie« hat den Rcisebuchhandel nicht verschmäht, so wenig wie das in Freiburg i. B. erschienene große Kirchenlexikon, und von Brehms Tierleben entfallen sicher über zwei Drittel, ca. 100 000 Exemplare, auf das Eingreifen des Reisenden. Ein verhältnismäßig bescheidener Anteil, noch kein volles Elftel, entfällt auf die Romane, wozu die guten ebenso ge hören. Auch Marlitt, Wildcrmuth, Ben Hur re. stützen sich zu einem großen Teil auf die Kolportage. Reisende sind für dieses Gebiet nicht zu haben. Die besseren Romane entbehren des allgemeineren Interesses. Es würde zu viel Zeit ver laufen, zu wenig damit verdient. Deshalb sind sie die Do mäne des plumperen Kolporteurs. Die blutrünstigen Romane nehmen zwar scheinbar einen starken Prozentsatz ein, doch gilt dieser nur für die ersten zwei Hefte, indem diese Spezies von Jungen »ausgclegt-, allgemein durch die Entreethür geschoben wird. Dadurch geht schon die Hälfte verloren. Da der Leserkreis zudem vorwiegend aus Arbeitern und Dienstmädchen besteht, die selten bis zum Schluß aushalten, so rechnet man auf einen solchen Roman, dessen erste Hefte in 100 000 Exemplaren ge druckt sind, kaum 10 000 komplette Exemplare. Aus diesem Grunde entfällt auch nur eine kleine Provision (die ersten 3—5 Hefte ä 10 H frei) auf den Kolporteur, so daß auch dieser nur, so lange sich nichts anderes bietet, nach Romanen greift. Gerade die gemeinen rohen Machwerke tragen auf diese Weise ihr Korrektiv gegen zu starke Verbreitung schon in sich selbst, die verschärften neueren Gesetze thun das übrige. Bei den Angriffen auf die Kolportage gebe man sich doch nicht der Täuschung hin, als sei diese ein überflüssiger Faktor in unserem modernen Erwerbsleben, der nach Belieben sich wieder unterdrücken oder in das Bett des Sortiments zurück leiten ließe. Sie besteht in anderen Ländern ebensogut, wie LjMctimdsechzlgster Jahrgang. bei uns, weil sie nur ein Kind ihrer Zeit, ein allgemeiner Kulturfaktor ist. Sie stellt einfach die in die Inkarnation übergetretcne Annonce vor. Die Ausnützung der Zeit, der rasche persönliche Entschluß der Interessenten auf das persönliche Angebot hin sind ihre tiefen festen Wurzeln. Sie stellt die selbe natürliche Entwickelung dar, wie die Maschinen, mit denen wir heute die Handarbeit ersetzen, oder wie die Eisen bahn, durch welche die früheren Postkutschen überflüssig ge worden sind. Deshalb finden wir die Kolportage in den übrigen Kulturländern ebensogut. Ein Werk allgemeinen In teresses, wie z. B. eine Geschichte des deutsch-französischen Krieges, erscheint in England-Amerika genau ebenso wie bei uns in 20 Lieferungen L 6 Pence, weil der Absatz wesentlich durch die Lormtr^-Iravellsrs sich vollzieht. Wenn dies in so reichen Ländern wie England-Amerika bei der dreifach höhe ren Kaufkraft der Bevölkerung platzzugreifen hat, wie viel mehr nicht in Deutschland. Dort wie hier vermögen eben eine Menge Werke nur darum in die Erscheinung zu treten, weil sie für die breiten Massen des Volkes, den zweiten und dritten Stand, sonderlich auch für das zahlreiche Heer der Subalternbeamten bestimmt sind. Diese pflegen doch aus eigener Initiative selten einen Buchladen zu betreten. Sie werden durch den Reisenden auf gestöbert und erliegen seiner Beredsamkeit, auch dem Vorteil des so bequemen Bezuges in Lieferungen und Ratenzahlungen. Das Ausland liefert uns zugleich den Beweis, daß die eigentliche geistige Nahrung des Arbeiterstandes stets der in packenden Effekten wirkende Roman sein wird. Die Englän der entfalten ihre Meisterschaft in den haarsträubenden Krimi nal-Erzählungen, in neuerer Zeit im abenteuerlichen Kolonnil- Roman, die Amerikaner dagegen huldigen dem Schauerroman so gut wie die Deutschen. Sv unterhält eine amerikanische Reisefirma in Dresden einen eigenen Agenten, der nur die Uebersetzung der in einer dortigen Fabrik erscheinenden Romane ins Englische zu überwachen hat. Wenn nun selbst der eng lische und amerikanische Arbeiter, der doch mindestens politisch weit besser geschult und selbständiger als der unsrige dasteht und als intelligent gelten kann, auf solche starken Reizmittel nicht verzichten will, so wird man auch von den Deutschen und unseren Romanverlegern zunächst noch keinen geläuterten Geschmack erwarten dürfen. Gingen die jetzt geplanten Centrums-Antrüge im Reichs tage durch, so würden eine Menge der nützlichsten Unter nehmungen bei unberechenbarem Ausfall an Nationalgewinn künftig unterdrückt sein. Dies beträfe insonderheit auch archi tektonische und große technische Werke, deren Preis von 50—100 ganz gewöhnlich ist. Kein Verleger wäre im stande, davon 600—1000 L condition zu versenden, um zur nächsten Messe drei Viertel remittiert oder disponiert zu er halten, während die halbe Auflage binnen Jahresfrist durch drei oder vier Reisende untergebracht ist. Als eine unrichtige Anschauung stellt sich die Behauptung des Vereins Norden in seiner Eingabe an den Reichstag dar, als wäre dem Sortiment, wenn der Neisehandel nicht einen Umsatz von 21 Millionen in Konversations-Lexicis und von 36000 Dorö-Bibeln an sich gerissen Hütte, andernfalls die Hälfte davon von selbst zugefallen. Die betreffenden Verleger werden sich bei der Lektüre solch gewagter Versicherungen eines Kopfschüttelns kaum haben enthalten können. Ein Zehntel dieser Zahlen werden sie dem Sortiment, hoch ge griffen, allenfalls Zutrauen, mehr gewiß nicht. Berücksichtigen die Mitglieder des Kreises Norden auch den Umstand, daß die großen Reisefirmen das Lerikon gegen kleine monatliche Ratenzahlungen liefern? Früher beanspruchte man monatlich 5 seit einigen Jahren sogar nur noch 3 Man kreditiert also fünf Jahre lang, wobei den Reisenden überdies 15 ^ von ihrer Provision pro Uuter- 325
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