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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.04.1911
- Strukturtyp
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- Band
- 1911-04-04
- Erscheinungsdatum
- 04.04.1911
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- Deutsch
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- Saxonica
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/E 78, 4. April 1911, Nichtamtlicher Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4209 Kändlerschen Figürchen heran. Wie hätte die holländische Kunst (Gerard ter Borch, Jan Steen u, a.) die intimen Mustkergenrebilder schaffen können, wenn nicht die Holländer wie die Deutschen zu jener Zeit die intime Hausmusik ge pflegt hätten! Diese Bilder sind für uns Anschauungsmittel für die damalige Pflege der Musik wie die Rokokobilder Lancrets, Watteaus, aus denen im Freien musiziert wird und verliebte Blicke getauscht werden. Die eigentliche Karikatur der Musik im Bilde ist eben so alt und weit verbreitet wie die Musik selbst; wir finden sie bei den alten Ägyptern, den Griechen und Römern wie bei den Japanern und anderen Völkern, Das Kapitel der literarischen Satire bietet inmitten seiner flüssigen Darstellung Proben aus neuer und alter Literatur von und über Musiker, Die Romantik ent deckt zuerst das Musikerproblem, E, T, A, Hoffmanns Schriften, besonders sein verrückter Kapellmeister Kreisler sind ja bekannt, wenn auch nicht so, wie sie es verdienten; wer kennt aber die hübsche Travestie der italienischen, französischen und deutschen Oper, die Karl Maria von Weber geschrieben hat, wer die geistreiche Tannhäuserparodie des Franzosen Noöl, oder das musikalische A-B-C? Diese und andere literarische Zeugnisse allgemein zugänglich gemacht zu haben, ist recht verdienstlich. Die Karikatur in und durch die Musik bringt ebenfalls eine Fülle von Stoff, oft durch Notenbeispiele veranschaulicht. Zu ihr gehören auch die 48 Seiten Noten beilagen am Ende des Buches, Die Kadenzen, in denen die Straßenausrufer ihre Waren anpreisen, die Arbeits und Arbeitsspott-Lieder u. ähnl, hat schon Karl Bücher in seinem »Arbeit und Rhythmus- behandelt. Jede Gattung der Musik hat sich die Karikatur gefallen lassen müssen, die »bedeutende wie die gefällige- (wie sie Goethe in den Anmerkungen zu Rameaus Neffen scheidet), die kirchliche wie die weltliche, die pathetische wie der Gassen hauer, Und nun die Karikaturen selbst! Bald finden wir ihre primitivste Form, die Karikatur durch Tiere, sei es, daß die Tiere (besonders die Katzen) selbst musizieren, sei es, daß Menschen hinter den Masken stecken, bald wirkt sie durch Veränderung der Proportionen, Verschiebung von Einzel heiten; das Ohr des entsetzten Zuhörers nimmt Riesenformen an, wie die Hände des Klaviervirtuosen ins Gigantische wachsen. Schade, daß der alte famose Münchener Bilder bogen von Wilhelm Busch »Der Virtuos« nicht Aufnahme finden konnte, ferner groteske Karikaturen, wie »Siegfried Wagner, der Sohn Richard Wagners und eines Klaviers» aus dem Simplicissimus, Doch wird cs bei der Fülle des Materials nötig gewesen sein, auf manches zu verzichten. Oft greift die Karikatur zu den tollsten Hyperbeln; fast immer aber löst sie das befreiende Lachen aus. Es ist er staunlich, welche Lebenskraft diesen kleinen und kleinsten Bildchen, die der Augenblick geboren hat, die aus seinen Be dingungen heraus verstanden sein wollen, innewohnt; sie wirken jetzt, wo der Streit der Tagesmeinungen sich geklärt hat, noch ungeschwächt. Gern nimmt die Karikatur sich die Künstler der einzelnen Instrumente vor — Paukenschläger, Batzgeiger, Tenöre und Bassisten sind besonders dankbare Objekte, — Bald grenzt sie ans Gehässige, bald ist sie liebenswürdig, wie die psychologisch feinen Silhouetten Böhlers, Welche Flut von Karikaturen mußten Paganini und Liszt über sich ergehen lassen, wie interessant ist der Vergleich bei Berlioz und Wagner, beide zu Lebzeiten verhöhnt, dann verhimmelt! Auch die Psychologie, die dem Trieb zur Karikatur bei den verschiedenen Nationen zu gründe liegt, weiß Storck fein zu scheiden; bei den Romanen liegt ein Hauptgrund darin, daß Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. sie den Druck des Erhabenen auf dis Dauer nicht aushalten können, während der Germane nach der sittlichen Berechti gung der Karikatur fragt. Bei den Romanen ist jede Kunst immer mehr Schmuck des Lebens gewesen, während sie bei den Germanen der Ausdruck ihrer inneren Kämpfe, ihrer Sehnsucht ist. So erklärt es sich auch, daß die, französische Karikatur bis vor kurzem einen weiten Vorsprung vor der deutschen hatte; es sei nur an Namen wie vaumisr, 6av»rni, (linau erinnert. Die deutschen Künstler, die mit diesen Franzosen gleichzeitig schaffen, treiben eher liebenswürdigen Spott, wie A, Schrödter und Spitzweg, oft ist es nicht mehr nur Satire, sondern schon die höhere Stufe, Humor. Doch genug der Einzelheiten! Das letzte der Kulturbilder »Die Umschau- klingt etwas pessimistisch aus. Wir hoffen, daß die Zeit des blöden Opereitentaumels bald vorüber ist; an ihrer eigenen Un- sinnigkeit geht die verflachte Operette doch schließlich zu grunde, Das Wiederaufleben der Laute, die wachsende Pflege guter alter Volkslieder und echter Volksmusik bedeuten schon einen Schritt vorwärts! Die Ausstattung des Buches in Einband und Papier, Druck und Bildern ist über jedes Lob erhaben. Die farbigen Tafeln, die Faksimiledrücke, die in der eigenen Druckerei her gestellt wurden, stellen der Leistungsfähigkeit des Verlages ein glänzendes Zeugnis aus, U, N, Kleine Mitteilungen. Aus dem Antiquariat. — Die kostbare Sammlung von 300 Stammbüchern aus dem Besitze des Geheimrat Warnecke in Berlin kommt am L. Mai bei der Firma C, G, Boerner in Leipzig zur Versteigerung, Der Katalog dieser Sammlung, mit über 100 Abbildungen versehen, wird jetzt zum Preise von 3 u« von Boerner ausgegeben. Über diese einzigartige Sammlung ist beim Tode Warneckes Ausführ liches in den Zeitungen berichtet worden. Ohne das Warneckesche Handbuch über Exlibris ist eine Samm lung aus diesem Gebiete heute nicht denkbar, aber auch sonst ent stammen seiner Feder zahlreiche Arbeiten, die zur Heraldik im weitesten Sinne gehören, so daß auch in dieser Zeitschrift sein Name oft genannt worden ist. Die Stammbücher-Sammlung ist bei weitem die bedeutendste, die heutzutage existiert, insbesondere gibt es an keiner anderen Stelle einen solchen Reichtum kostbar ausgestatteter Stücke des 16. Jahrhunderts. Wir finden hier das älteste überhaupt bekannte Stammbuch des Christoph von Teusfen- bach, das zugleich eines der kostbarsten ist, die man hat. In diesem Stammbuch finden sich u, a, eine eigenhändige Eintragung Martin Luthers und ein sieben Seiten langer Eintrag Philipp Melanchthons, an die sich diejenigen vieler anderer bedeutenden Männer der Zeit, wie Bugenhagen, Major, Jonas usw,, Gleichfalls samiliengeschichtlich von höchstem Interesse ist ein zweiter Auktionskatalog, den die Firma C, G. Boerner zugleich mit dem Warneckeschen Auktionskatalog versendet. Er ent hält die erste Abteilung der Autographensammlungen von vr, Carl Geibel in Leipzig und C, von Herz.Hertenried in Wien, die das Zeitalter der Reformation, die deutsche Literatur des IS —IS, Jahr- Hunderts, fremdländische Literatur, darstellende und bildende Künstler, Musiker-Briesc und -Autographen umsaßt. Die zweite Abteilung kommt im Herbst zur Versteigerung. Ohne Zweisel ist diese Sammlung die wertvollste Autographen-Sammlung, die seit derjenigen Meyer-Cohns aus den Markt gekommen ist, besonders da aus dem IS., 16. und 17. Jahrhundert seither so gut wie nichts im Handel angeboten worden ist, während die hier beschriebene Samm lung gerade darin die Meyer-Cohnsche Sammlung bei weitem übertrisft. Wir finden hier nicht weniger als 17S kostbare, meist eigenhändige Briese aus dem Zeitalter der Reformation, denen sich SO ausgewählte schöne Stücke der deutschen Literatur des IS.—17, Jahrhunderts anschließen. Das Prachtstück daraus ist ein süns Seiten langer Brief Luthers an Kaiser Karl V. vom Jahre 1521, ein Stück von höchstem historischen Wert, In großer Reichhaltigkeit ist dis S47
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