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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.08.1875
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- Erscheinungsdatum
- 04.08.1875
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- Deutsch
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2746 Nichtamtlicher Theil. 178, 4, August. so lange wir eine Literatur besitzen, stets seine Bedeutung be wahren. Diese „Schicksale" der Bücher kenne» zu lernen, ist ostmals von höchstem Interesse; das Lebensbild eines Buches bietet uns zuweilen reicheren Stoff zur Beachtung und Betrachtung, als die Lectüre des Buches selbst. Freilich gleichen viele Bücher dem berühm ten Manne der Gellcrt'schen Fabel. Nachdem die Erwartung des Lesers auf das höchste gespannt ist, welche hervorragende Thaten und welche interessante Schicksale von diesem berühmten Manne zu berichten sind, wird sein Leben schließlich durch die eine Zeile geschildert: „Er lebte, nahm ein Weib und starb." Geht es mit vielen Büchern nicht genau ebenso? Wir erfahren durch schön gedruckte Circulare von dem bevorstehenden Erscheinen eines geradezu epochemachenden Werkes, der Ruhm desselben wird schon vor der Geburt in allen Zeitungen verkündet und säst will es uns scheinen, daß eine neue Acra der Literatur angebrochen sei. Und dennoch können wir nach kurzer Zeit einen Nekrolog schreiben und den Lebenslauf dieses berühmten Werkes dahin zusammensassen: Es ward gedruckt, versandt und — vergessen! Nach solchen Erfahrungen und Mißerfolgen macht sich dann wohl die Ansicht geltend: der Verlagshandel sei ein reines Hazardgeschäft; man könne sein Geld ebenso gut für Löttcrieloose verausgaben wie für literarische Unternehmungen, denn das Resultat sei in beiden Fallen gleich unberechenbar. Es wäre traurig, wenn eine solche pessimistische Anschauung begründet wäre. Daß sie cs nicht ist, wird jeder denkende Verleger bestätigen, denn er weiß, daß ein wirklich gutes Buch säst immer Beachtung und Verbreitung findet, wenn auch oft nicht in dem Maße, welches Autor und Verleger mit Recht bean spruchen konnten. Eins aber steht trotzdem sest, daß die sorgfältigste Erwägung aller Verhältnisse, der sestbcgrundetste Rus eines Schriftstellers, die genaue Kenntniß der Absatzwege, ei» großes Geschick und energische Thätigkeit des Verlegers keine Garantie gegen Mißerfolge zu bieten im Stande sind. Das Schicksal eines Werkes ist zuweilen von Umstände» ab hängig, die außerhalb des Kreises der sorgsamsten Berechnung liege». Eine große Anzahl von Factoren kommt hierbei zur Geltung. In erster Linie steht freilich der Inhalt des Buches, die Bedeutung des selben für die Wissenschaft und Literatur und der Ruf des Ver fassers; dann aber wirken mit: die Unterstützung, welche das Werk bei Fachgcnossen und bei der Presse findet, die besonderen Bezie hungen, welche Autor und Verleger haben, die Zeit des Erscheinens, die größere oder geringere Geschicklichkeit des Verlegers, die Art und Weise der Ausstattung, der Ladenpreis, die dem Sortimenter gestellten Bezugsbedingungen, dann aber auch, last not least, der meist unberechenbare und wechselnde Geschmack des Publicums. Wohl jeder Verleger loird zuweilen überrascht von nicht ge ahnten Erfolgen eines Verlagsartikels; das Buch ist eben Mode ge worden. Niemand freilich kann ihm sagen, wie lange dieselbe dauert. Jeder von uns weiß, daß die Werke von Arthur Schopen hauer Jahrzchendc hindurch fast unbeachtet blieben, bis I. Francn- städt die Aufmerksamkeit des großen Publicums aus den geistreichen und originellen Sonderling lenkte und seinen Schriften eine Ver breitung verschaffte, wie sie philosophischen Werken wohl nur selten zutheil wird. Auch sind Fälle nicht eben selten, daß ein ziemlich ungangbares Buch durch die veränderte Lebensstellung des Ver fassers plötzlich neues Leben gewinnt. Als Heinrich von Wühler Minister geworden war, ward die Auflage seiner Gedichte binnen kurzem vergriffen, und da kein Neudruck stattsand, so wurden anti- ^ guarischc Exemplare ganz ungewöhnlich hoch bezahlt. Oder aber: ein Lehrer wird zum Direktor einer besuchten Schule oder zum' Schulrath ernannt und die von ihm herausgegebcnen Bücher werde» mit einem Male gangbare und rentable Artikel. Noch häufiger freilich ist die entgegegengesetzte Erfahrung, daß ein Werk durchaus nicht die Verbreitung findet, welche jeder Sach verständige demselben prvgnosticirt hatte. Namentlich bei Werken, welche nur für ein kleincres Fachpublicum bestimmt sind, ist eine solche Täuschung auch den besonnensten Verlegern widerfahren. Autor und Verleger sagen sich: das Werk ist freilich nicht für das große Publicum, allein es behandelt einen wichtigen Zweig der Wissen schaft und jede öffentliche Bibliothek des In- wie des Auslandes muß dasselbe erwerben; hierzu kommt dann noch eine Anzahl von wohlhabenderen Gelehrten, kurz ein Absatz von ISO Exemplaren ist als vollkommen gesichert zu betrachten, es ist aber wohl anzuneh men, daß äÜÜ'Exemplare abgehen werden. Die nächste Ostermesse zeigt dann aber, daß es mit dem „Muß der Anschaffung" nicht so genau zu nehmen ist, denn der ganze Absatz betrug 60 — 70 Exem plare; ein Fall, der selbst bei Monographien von hervorragender Bedeutung nicht zu den Seltenheiten gehört. Trotzdem kan» sich der deutsche Buchhandel das Zeugniß aus- stellcn, keine krämcrischen Rücksichten zu nehmen, wenn es sich darum handelt, der Wissenschaft Dienste zu leisten, und er darf den Vor wurf banausischer Gesinnung, den ihm ein Gelehrter von hervor ragender Bedeutung vor einigen Jahren machte, mit Recht von sich weisen. Unsere größeren Verleger bringen alljährlich eine Anzahl von Verlagsartikcl», bei denen namhafte Verluste geradezu unver meidlich sind. Derartige freiwillig übernommene Opfer müssen eben naturgemäß eine gewisse Grenze haben ; wir sind eben in letzter In stanz Gewerbtreibende, welche aus de» Ertrag ihres Geschäftes an gewiesen sind. Literarische Unternehmungen, die eine» größeren materiellen Zuschuß erfordern, sind aus die Förderung seitens des Staates, der Universitäten, Akademie» und anderer gelehrter Ge sellschaften und Vereine hingewiesen. Daß gerade Deutschland in dieser Beziehung weit, unendlich weit vielen auswärtigen Staaten nachsteht, ist tief zu beklagen und wird von den Männern der Wissenschaft wie des Buchhandels gleich schmerzlich empfunden. Es ist diese Thatsache ja so hinreichend bekannt, daß sie einer weiteren Ausführung hier nicht bedarf. Ich bin mir wohl bewußt, in Obigem den Bernfsgenosscn nichts Neues gesagt zu haben, möchte aber doch, hieran anknüpsend, einen Gedanken anregen, der freilich nur durch eine allseitige Unterstützung verwirklicht werden kann. Dürfte es nämlich für uns Alle nicht von praktischem Nutzen, mindestens aber doch von großem Interesse sein, die Geschichte und die geschäftlichen Erfolge einer größeren Anzahl von bekannten Wer ken zu erfahren? Selbstverständlich müssen wir hierbei aus Werke der Neuzeit verzichten, obgleich sie unser Interesse zu fesseln in weit höherem Grade geeignet sind, als Werke, welche eine vollständig ab geschlossene Laufbahn auszuweiscn haben. Es wäre nicht bloß be friedigte Neugier, sondern wir erhielten Stoff zu Betrachtungen ernstester Art, wenn wir z. B. erführen, welchen Absatz die einzelnen Werke unserer bekanntesten Romanschriftsteller finden ; wenn uns ge sagt würde, wie hoch die Auflagen der Werke von G. Frcytag, Auerbach oder Paul Heysc sind, welche Honorare die Verfasser erhalten, welche Länder oder Städte den größten Bedarf haben und was dergleichen Notizen mehr sind. Eine Geschichte und Absatz statistik der „Gartenlaube", der „Romanzeitung", der „Jllustrirten Zeitung", von „lieber Land und Meer" oder anderen weit verbrei teten Zeitschriften böte auch den, Culturhistoriker das reichste Ma terial. Eine Schilderung der Verhältnisse, unter denen der „Klad- , deradatsch" entstand, eine Darlegung der Phasen, welche er durch laufen hat, der polizeilichen Vexationcn und gerichtlichen Verfol- ' Zungen, eine Angabe der oft den höchsten Kreisen angehörenden
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