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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.02.1911
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- 1911-02-20
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- 20.02.1911
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42, 20. Februar 1911. Nichtamtlicher Teil. «rsenblau s. d. Dtschn. Bucht,and-I. 2179 gesprochen, einige weitere bekannten sich als zu wenig unterrichtet, und einer erklärte die Frage für unentscheidbar. Zu 16. Vorurteilslose Bolksschullehrer werden Herrn Reinecke bestätigen, daß die Kinder in der Tat die Altschrift lieber üben und bei genügender Übung auch lieber schreiben und daß die meisten Handschriften nur erbärmlich genannt werden können, — ein bekannter Schulmann spricht sogar von einem »Gesudel«. Das ist bei dem eckigen und spitz winkligen Charakter der »deutschen- Schrift und bei dem fortwährenden Gebrauch zweier grundverschiedenen Handschriftarten auch kein Wunder. Nach dem Verlassen der Schule ist es selbst mit der »guten« Handschrift bald vorbei. Gewiß bin ich längere Zeit im Ausland gewesen, und zwar von der Themse bis nach Böhmen und von Kopenhagen bis Neapel, und ich habe auch als kaufmänni scher Beamter bei industriellen Werken von Weltruf hin reichend Gelegenheit gehabt, mich von der festen, flotten und charaktervollen Handschrift besonders der Engländer, Holländer und Schweden, von der meistens eleganten Handschrift der Franzosen und Spanier und gleichzeitig von der durchweg schlechten Handschrift der Deutschen zu überzeugen, sowie davon, wieviel notwendiger es ist, dem Volke ein besseres Deutsch und eine bessere Rechtschreibung statt einer zweiten Schrift zu lehren. Was das äußere Wesen unserer Volksschuljugend an belangt, so scheint mich Herr Reinecke hier nicht recht zu verstehen. Er wird doch nicht leugnen, daß die ersten Eindrücke am stärksten auf das kindliche Gemüt wirken, und erst recht, wenn dauernde Übung daraus wird. Da ist es doch er klärlich, daß die steifleinenen, eckigen Formen der Spitzschrift und die bizarren, verschnörkelten Alltagsfrakturtypen, an die uns nur die Gewohnheit fesselt, einen unheilvollen Einfluß auf den Formenstnn und das GemütSleben der Kinder aus üben. Ihr logisches Denken stößt sich daran, daß die spitze Schreibschrift so völlig von der eckigen Druckschrift ab weicht. Der verkümmerte und verirrte Schönheitssinn und das mangelhafte ästhetische Gefühl spiegeln sich natürlich auch in den äußeren Bewegungen und in dem ganzen Benehmen der Kinder wider. Die Beobachtung des Treibens der groß städtischen Volksschuljugend beweist es am besten. Es wird vielleicht nicht mit Unrecht gesagt, daß der Deutsche das eckigste und unbeholfenste und am wenigsten anziehende Be nehmen von allen Kulturvölkern habe. Zur Hebung des ästhetischen Empfindens des Volkes können wirklich harmo nische, edle Schriftsormen, wie es die abgerundeten form vollendeten Altschristbuchstaben, besonders die Handschrist zeichen sind, nur beitragen. Was die Rückgratverkrümmungen anbelangt, so erledigt sich dieses mit dem unter 9. Gesagten. Es ist klar, daß das Kind, wenn es die spitzwinkligen Buchstaben, wie z B. m, n, e usw. genau auf und zwischen die Zeilen bringen will, scharf zusehen muß und dann dazu neigt, den Oberkörper in der Schreibrichtung vorzubeugen. Das führt auf die Dauer naturgemäß zu einer gesundheitsschädlichen Körperhaltung, die nicht allein die inneren, in der Ent wickelung begriffenen Organe, sondern auch das Rückgrat in Mitleidenschaft zieht. Von Nervenkrankheiten hat niemand gesprochen, wohl aber von Schreibkrampf, und dieser wird in der Tat nach den ärztlichen Autoritäten Maß und Cartaz durch die geraden, scharfkantigen Züge der Spitzschrift ge fördert, abgesehen davon, daß die Antiqua die Hand viel weniger ermüdet, weil sie gemäß den Berechnungen Kädings um 3 Handbewegungen auf 4 Silben kürzer ist. Eine arge Verdrehung ist es, zu sagen, ein Gesinnungs genosse hätte die Bruchschrist für Verbrechen verantwortlich gemacht. In Wirklichkeit ist gesagt worden, daß leider auch die bedauernswerten Schwachsinnigen noch in der Bruchschrift unterrichtet werden müßten, weil sie durch Nichtkennen derselben sich strafrechtliche und wirtschaftliche Schäden zu ziehen würden. Zu 17. Die Masseneingaben des Vereins für Altschrift an den Reichstag, die Parlamente der Hauptbundesstaaten sowie an die bezüglichen Ministerien des Unterrichts und des Innern sind von den angesehensten Schulmännern, Ärzten, Augenärzten, Druckereien, Verlegern und Abgeordneten, den größten Handels- und Jndustriefirmen, Schriftsteller- und Journalistenvereinen, sowie von Handelskammern und aus ländischen Missionen unterschrieben worden. Die Unter schriften für jede Eingabe machen insgesamt über SO 900 aus. Besonders haben sich Lehrkörper von Volks- und höheren Schulen fast aller Städte Deutschlands angeschlossen; eine Zusammenstellung dieser Schulen ergab allein 8 Folio seiten, diejenige bedeutender Persönlichkeiten 19. In manchen Bundesstaaten haben sich selbst Schulinspektoren auf amt lichem Wege an der Sammlung von Unterschriften beteiligt, und viele Lehreroereine faßten zustimmende Beschlüsse. Da ist es wohl angebracht, von einem machtvollen Ausdruck der öffentlichen Meinung, soweit es sich um den maßgebenden, aufgeklärten Teil der Bevölkerung handelt, zu sprechen. Der Würdigung der gegebenen Tatsachen und der heute ob waltenden Verhältnisse konnten sich auch die früheren Gegner im Gesuchsausschuß, in dem sämtliche Parteien vertreten sind, nicht entziehen, und daß die Masseneingabe, ein Werk mit ausführlicher wissenschaftlicher Begründung und vielen Belegen von insgesamt ISO Folioseiten, unter solchen Um ständen einstimmige Befürwortung fand, sollte auch den hartnäckigsten Verteidigern der Bruchschrift zu denken geben. — Wozu überhaupt all der Lärm und der Zorn? In der Eingabe, die in der Vollsitzung nochmals regelrecht erörtert werden wird, ist beantragt worden, daß die Eckenschriftarten, vor allem die mit der Antiqua in den Grundzügen überein stimmenden, für Zierdruck, also Luzuswerke, lyrische Ge dichte, Ehrenurkunden, Titel und dergl. beibehalten werden mögen. Damit kann sich jedermann, auch jeder Verleger, Drucker und Schriflgießer zufrieden geben. Der Übergang wird zudem ein ganzes Menschenalter dauern. — Was das Verfahren des jetzigen Obmannes des Rechtschreib- und Alt schrift-Vereins anbelangt, so habe ich damit, besonders nach Niederlegung meiner in jenen Vereinen innegehabten Ämter, nicht das geringste zu schaffen, und die Fehler eines Einzel nen können den Wert der Sache selbst und die wirklichen sonstigen Erfolge nicht beeinträchtigen. Daß Druckereien leistungsfähiger sind, wenn sie weniger Schriftarten — und deshalb mehr von der einzelnen Sorte — haben, versteht ein Kind. Durch den -Scherz« SCHRJFTFORM sollte nur die seltsame Behauptung ge kennzeichnet werden, daß die gebrochenen und verschnörkelten Formen im Gegensatz zu den einfachen die Lesbarkeit er höhten. Daher jenes ideale Beispiel des Gegenteils, das noch immer seine Schuldigkeit tut, so alt es ist! Was die mit der Antiqua in den Grundzügen über einstimmende Offenbacher Schwabacher anbelangt, so ist un erfindlich, was diese Form mit der eigentlichen Fraktur zu tun hat, denn von letzterer, der bei uns gebräuchlichen Schrift, ist doch bei dem ganzen Schriftstreit die Rede. Es ist daher eine seltsame Irreführung, wenn man sagt, die Offenbacher Schwabachec würde von Ausländern flott gelesen, mithin wäre auch die Fraktur all gemein lesbarl Die deutsche Schreibschrift dagegen kann überhaupt kein Ausländer ohne vorheriges Erlernen lesen, das wird immer übersehen. Heute noch erhielt ich von dem Direktor der Kaufmännischen Hochschule zu Osaka (Japan) ein langes Schreiben, in dem es heißt, daß die besondern deutschen Buchstaben den japanischen Studenten nicht allein 28S»
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