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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.02.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-02-16
- Erscheinungsdatum
- 16.02.1911
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- Deutsch
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in einer Zeit, in der die Buchdruckerpresse noch nicht sür die Erhaltung sorgte, in den meisten Fällen sür immer verloren. Wie groß die Gefahr eines solchen Verlustes auch noch zur Zeit nach Erfindung der Buchdruckerkunst war, geht aus einem Funde hervor, den der Straßburger Buchhändler Paul Heitz kürzlich gemacht hat. Aus der Zeit im Gefolge der Reformation, von der Alb. Fr. W. Fischer sagt*), daß sie die intensivste und fruchtbarste Bewegung auf dem Gebiete des Kirchenliedes gewesen sei, tauchen auf einmal 67 völlig unbekannte meist kirchliche Lieder auf, die allein von einem Straßburger Drucker herrühren! Eine solche Tatsache wird begreiflich, wenn man sich daran erinnert, daß es sich bei solchen Liederdrucken fast immer um Einzelblätter handelt, die natürlich massenhaft gänzlich in Verlust geraten mußten. In diesem Falle dankt man den Fund dem Drucker selbst, der eine Anzahl seiner Erzeugnisse als Handexemplare zu einem Oktavbändchen hatte zusammenbinden lassen. Das stand nun in der Konsistorial- bibliothek in Colmar unter dem Katalogtitel: »Lieder (geist liche), je einzeln oder je zwey und zwei um ISSO bey Thiebolt Berger zu Straßburg erschienen. — Sodann Dietrich von Bern, Herzog Ernst, den hürnen Seyfried etc.« Bei der Durchsicht des Bändchens überraschten Heitz vor allem drei gänzlich unbekannte Ausgaben der Volksbücher, sämtlich von Berger gedruckt, und ferner der Umstand, daß sämtliche 7t Drucke von ihm herrühren. Von diesem Drucker ist so wenig bekannt, daß man seinen Namen in Kapps Geschichte des deutschen Buchhandels vergeblich sucht. Er druckte von IS5I bis 1S84 in Straßburg zuerst am Barsüßer-, dem jetzigen Kleberplatz und dann am »Weinmarkt zum Treübel«, Es ist deshalb um so dankenswerter, daß Heitz unsere Kenntnis von dem Drucker, dessen Erzeugnisse sehr selten sind, durch eine Faksimilierung der Titelblätter aus seinem Funde in Original größe erheblich erweitert hat,**) Für ihn bestand hierfür noch ein persönlicher Grund, Berger ist einer seiner Vorgänger in dem Besitz der Druckerei, die seit 1719 den Namen Heitz führt, und in Anbetracht dessen liest man in der Publikation folgende Widmung: »Dem Andenken meines Ur-Ur-Ur-Ur-Großvaters Heitz I. <1719—1741), der mir die prächtige Holzstöckesammlung aus früheren Straßburger Druckereien übermittelt hat, worunter sich viele in Bergers Drucken verwendet befinden, gewidmet,« Von all den geistlichen Liedern dieses Bandes kennt der bedeutendste Forscher des deutschen Kirchenliedes, Phil, Wackernagel, in seiner umfassenden Bibliographie***) nur vier und von diesen auch nur eins in der hier vorliegenden Ausgabe, Die meisten der Liederdrucke zählen 4 Blätter im Umfang, wenige haben 8,10,12 und 16 Blätter, Diesen größten Umfang hat »Ein new schön Christenlich Lied / des gleichen vor nie gesehen / Begreifsend mit einem kurtzen inhalt / das gantz Reüw Testament / lieblich zu lesen vnd zu singen. Im thon / Ich stünd an einem Morgen / rc, Oder im thon / O das ich kündt von Hertzen / singen ein rc,« Zwischen »zu singen« und »Im thon« befindet sich ein kniender Engel mit einem Spruch band „Aatbevs«, Das Wandern der Melodie ist eine längst bekannte Tat sache, Wir können von vielen der heutigen Singweisen *> Die kirchliche Dichtung, hauptsächlich in Deutschland, Gotha 1892 S. 104. Die Behauptung, daß Luther der Vater des geistlichen Liedes gewesen sei, ist übrigens nicht berechtigt. Das älteste erhaltene ist ein »Leis« (wie man die Lieder nach dem gesungenen Ausruf bt^rie eieis nannte) aus dem 9. Jahrhundert. Der Beginn der Blüte zeit des geistlichen Volksliedes fällt schon in das 14. Jahrhundert. **) Unbekannte Ausgaben geistlicherund weltlicher Lieder, Volks bücher und eines alten A-B-C-Vüchleins, gedruckt von Thiebold Berger lhrsg. von Paul Heitz, 26 S. u. 75 Tafeln. Straßburg 191t. In 400 numerierten Exemplaren gedruckt. ./110.— ***) Biblliographie zur Geschichte des deutschen Kirchenliedes im 16. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1856. der Volkslieder ihre Wanderung durch die Jahrhunderte zurückverfolgen, wie sie aus der Kirche auf die Gasse oder um gekehrt ihren oft recht verschlungenen Weg nahmen*). In diesem Beispiel und noch in vielen anderen der hier vorgesührten Lieder macht man die gleiche Erfahrung. Die Melodie des profanen Liedes ist dem geistlichen Text untergelegt. Erheblich umfangreicher sind die beiden Volksbücher, deren Ausgaben hier zum erstenmal bekannt werden. Das eine be handelt die Sage von Dietrich von Bern und besteht ans SS Blättern, das andere ist dem »Hertzog Ernst / In Gesangs- weyse» gewidmet und 24 Blätter stark, und das dritte erzählt die Geschichte vom hürnenen Siegfried aus 36 Blättern. Heitz behält sich vor, diese und die anderen in Straßburg gedruckten Ausgaben der Volksbücher des 16. Jahrhunderts, wozu er bereits zahlreiches Material zusammengebracht hat, zu be schreiben, und bei dieser Gelegenheit wird ja wohl auch hier Anlaß gegeben sein, auf sie zurückzukommen. Das ABC-Büchlein, das ebenfalls noch unbekannt ist, wird sich wahrscheinlich als die älteste bisher bekannte Ausgabe erweisen. Mit der Schule haben diese Büchlein, die wohl auch in Plakatsorm zum Ankleben an die Stubentüren gedruckt worden sind, nichts zu tun. Man versteht vielmehr darunter eine Sammlung von gereimten religiösen und Kernsprüchen, die so geordnet wurden, daß sie nach ihren ersten Buchstaben in der Reihenfolge des Alphabets zum Abdruck kamen. Wie Or. Kassel in Hochfelden mitteilt**), genießt dieses sogenannte Goldene ABC in der ehemaligen Grafschaft Hanau-Lichtenberg im Elsaß noch heute eine große Verehrung. Kassel gibt an der angeführten Stelle einen Abdruck eines solchen Geistesprodukts, das anscheinend 1820 von Ludw. Köhler in Hagenau gedruckt worden ist und außer den Alphabetreimen auch noch eine Fülle sonstiger guter Lehren in Versen bringt. Kassel kennt süns solcher Spruchsammlungen, deren älteste »Das alte Geistliche ABC« heißt und sich in Helders Syllabierbüchlein von 1S93 findet. Ein güldenes und ein silbernes ABC hat Claudius in den Werken des Wandsbeker Voten abgedruckt. Das von Heitz ausgefundene ABC besteht aus vier Blättern, von denen nur die erste und die dritte bis sechste Seite bedruckt sind, und das folgenden Titel hat, der mit dem Titel des bisher als ältestes angenommenen ziemlich gleichlautend ist: EJn yeder Schüler Christi sol / Diß A / B / C / gantz lernen wol / . Ir haußuattter kausfens ins haust / Lernt ewre Kind vn gsind darauß / In heilger gschrisft mans gschribe sind Was dises A / B / C / verkündt, Heitz behauptet, daß die Ausgabe »zweifellos von Thiebold Berger, etwa 1560—62 gedruckt« sei, ohne aber seine Gründe dasür bekanntzugeben. Zu seinen großen und mannigfaltigen Verdiensten um die Erforschung der frühen Buchdruckerkunst hat Heitz mit dieser neuen, auch für die Spezialforschung auf dem Gebiete des Volksliedes, der Volksbücher- und Volkskunde wichtigen Publi kation ein frisches hinzugefügt. Der Dank der Forscher wird ihm dafür gewiß sein. G. Hölscher. Erholungsheim für Buchhändler. <Vgl, Nr, 17, 20 d. Bl.) Ein Erholungsheim für Buchhändler sollte es nicht nur an der See und im Erzgebirge geben, solche müßten auch am schönen Rheinstrome vorhanden sein, die die erholungs bedürftigen Buchhändler aus Rheinland und Westfalen und *) Prof. Friedländer hat dafür viele Beispiele gegeben in einer Publikation, deren Titel mir nicht gegenwärtig ist. **) In »Inschriften im Elsaß«, gedruckt im Jahrb. für Gesch.,. > Sprache u. Lit. Elsaß-Lothringens, 11. Jahrg. (1905) S. 266 ff.
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