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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.12.1910
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- 1910-12-27
- Erscheinungsdatum
- 27.12.1910
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- Deutsch
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15856 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchyattbel. Nichtamtlicher Teil. ./E 299, 27. Dezember 1910. <vr. Delbrück flüssig einschränkend in einen Gewerbebetrieb eingreifen sollen, gegen den Einwendungen nicht zu erheben sind. Ich hoffe, daß es uns gelingen wird, uns auf dieser Grundlage über die end gültige Gestaltung des Entwurfs zu einigen. Abgeordneter vr. Fatzbender (Zentr.): Der Grundgedanke der Vorlage ist meiner Auffassung nach unzweifelhaft berechtigt. Wenn der Gesetzgeber von den Ärzten den Befähigungsnachweis verlangt, muß er ihnen auch einen besonderen Schutz angedeihen lassen. Die Schwere des ärztlichen Berufs und zumal die Lage des größten Teiles unserer Landärzte läßt einen solchen beson deren Schutz nur noch mehr angezeigt erscheinen. Die große Mehrzahl der Arzte hat seit langem die gesetzliche Bekämpfung der Kurpfuscher verlangt; es gibt aber auch Arzte, die von dem Entwurf die Besorgnis hegen, daß er die Kur pfuscherei insofern noch begünstigen könne, als er neben den approbierten Ärzten eine besondere Klasse nichtapprobierter in die Gruppe der Heilkundigen aufnehme. Der Gesetzentwurf selbst vermeidet den Ausdruck »Kurpfuscher« und »Kurpfuscherei« durchweg. Zunächst wird man sich über diesen Begriff und seine Tragweite klar werden müssen. Was als dienliches Mittel zur Gesundung oder Gesundheit zu gelten hat, darüber besteht noch heute keineswegs Übereinstimmung. Die Heilung der inneren Krankheiten ist im letzten Jahrhundert nicht wesentlich fort geschritten. Es wird sich fragen, ob auf dem Wege der Vorlage das, was man unter »Kurpfuscherei« versteht, auch wirklich wirksam bekämpft werden kann. Die Ausübung der Heilkunde durch Nichtapprobierte soll nach der Begründung sich in neuerer Zeit erheblich ausgedehnt haben, und es soll hier von einer Reihe bedenklicher Existenzen mancherlei Unfug getrieben werden. Wird dieser Unfug durch die Bestimmungen des Entwurfs getroffen, wird nicht vielleicht auch getroffen, was man gar nicht treffen will? Die moderne Medizin verdankt gerade einer Reihe von Persönlichkeiten, die nicht Arzte waren, wesentliche Fortschritte. Der Prießnitzsche Umschlag, die Massage nach Thure Brand, das Schrothsche Verfahren, die Hessingsche Orthopädie sind in den ärztlichen Heilmittelschatz übergegangen. Die Vorlage will ja nun auch nicht jeden Nichtapprobierten von der Ausübung der Heil kunde ausschließen. Verboten wissen will sie vor allem die marktschreierische Reklame. Zweifellos wird auf diesem Gebiete viel gesündigt; auf der anderen Seite aber muß man zugeben, daß unter den anzeigenden Laienpraktikern sich eine ganze Reihe von Personen befindet, die auf dem Gebiete der Naturheilkunde große Erfolge erzielt haben. Der suggestive Einfluß des Heil- kundigen ist für eine Reihe von Krankheiten von großer Bedeutung, namentlich für psychische, nervöse Zustände. - Bei der Neu- qestaltung der Reichsversicherungsordnung haben ja die Freunde der freien Arztwahl mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen, daß es den Kranken möglich sein muß, sich an solche Arzte zu wenden, zu denen sie Vertrauen haben. Viel wichtiger als ein der- artiges Gesetz wäre eine bessere Aufklärung des Publikums über Ernährung, über den Zusammenhang zwischen Ethik und Hygiene, überhaupt über das, was man vernünftige Lebensweise nennt. Zweifellos hat auch hierin die Naturheilkunde große Verdienste, und ihre Erfolge erklären sich vielfach daraus, daß sie an die Tat kraft der Betreffenden, die behandelt werden sollen, Ansprüche stellt. Erziehung zur Gesundheit ist dasjenige, was angestrebt werden muß. Es ist nicht zu verkennen, daß man in weiten Kreisen des Volkes gerade den Naturheilärzten ein großes Ver trauen entgegenbringt. Diesen Standpunkt nimmt auch ein Schreiben ein, das mir von einem sehr ruhigen und gebildeten Herrn zu diesem Gesetz zugegangen ist. Erbeschwert sich darüber, daß ein Ausnahmegesetz gegen die Naturheilärzte geschaffen, und daß diese schlechter behandelt werden sollten als die Arzte. Das Publikum wende sich doch nur deshalb an die Naturärzte, weil es mit den approbierten Medizinern schlechte Erfahrungen ge macht habe. Sterbe ein Kranker in der Behandlung eines Naturarztes, so werde dieser gerichtlich verfolgt, ein approbierter Arzt aber nicht, auch nicht bei schweren Vernachlässigungen. Es werde also mit zweierlei Maß gemessen. Ich habe diesen Brief erwähnt, um dem Grundsatz »auäiadur et altera pars« zu ent sprechen. Sehr schwierig ist die Frage der Bekämpfung der Ge heimmittel. Man muß doch zugestehen, daß es auch viele gute Heilmittel in der chemischen Industrie gibt. Der Kampf gegen <vr. Fatzbender) die Geheimmittel involviert nun die Gefahr, daß auch diese guten Mittel -zum Schaden der chemischen Industrie durch das Gesetz getroffen werden können. In der Kommission, die ja zweifellos eingesetzt werden wird, wird man diesen Punkt be- sonders untersuchen müssen. Bedenklich ist mir auch § 2, der verlangt, daß die Laienpraktiker den Behörden ihre Bücher vor legen müssen. Auch hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Wenn man den approbierten Ärzten zugesteht, daß sie über die Krankheit der Patienten schweigen müssen, so 'muß man dasselbe auch den Laienärzten zugestehen. Auch § 3, welcher den Laien ärzten die Behandlung gewisser Krankheiten verbietet, ist nicht einwandfrei. Danach ist das mystische Verfahren verboten. Dieser Begriff ist aber sehr dehnbar. Es könnte darunter auch die Homöopathie fallen. Ebenso bedenklich ist § 4 über das Verbot des Arzneiverkaufs. Es gibt kleinere Apotheken, die manche Mittel überhaupt nicht einwandfrei Herstellen können, man ist da gezwungen, sich an eine größere Zentralstelle zu wenden. Nach § 6 kann der Bundesrat den Verkehr mit Gegenständen, die bei Menschen die Empfängnis verhüten oder die Schwangerschaft be seitigen sollen, beschränken oder untersagen; dasselbe soll gelten von Arzneien, Apparaten usw., die zur Verhütung, Linderung oder Heilung von Kränkelten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen oder Tieren dienen sollen, von Kräftigungsmitteln für Menschen und Tiere und von Säuglingsnährmitteln, sofern von deren Anwendung eine Schädigung der Gesundheit zu befürchten ist, usw. Eine solche Schädigung der Gesundheit kann doch z. B. auch durch das Kochsalz erfolgen, wenn es in zu großer Menge genossen wird. Die richtige Grenze für die Ausübung dieser Be fugnis soll nun der Bundesrat durch die Mitwirkung einer Kom mission des Reichsgesundheitsamtes finden, deren Mitglieder vom Reichskanzler ernannt werden. Es sollen darin Sachverständige aus dem Gebiete der Medizin, der Tierheilkunde und der Phar mazie sitzen. Diese Zusammensetzung genügt nicht; es genügt auch nicht, daß den Verfertigern oder anderen Beteiligten Ge legenheit zur Wahrung ihrer Interessen gegeben werden soll, so weit dies ausführbar ist. Es muß auch ein Vertreter der Inter essen der chemischen Industrie dabei sein. Es geht auch nicht an, wie es nach der Vorlage möglich wäre, auch Borträge und Schriften zur hygienischen Aufklärung des Volkes zu verbieten oder zu verhindern. Unsere chemische Industrie hat außerordent lich große Werte investiert und beschäftigt ein starkes Arbeiter heer; jede Gefährdung dieser Industrie sollte vermieden werden. Die Einzelerörterung wird zweckmäßig einer Kommission von 28 Mitgliedern zu überlassen sein, deren Einsetzung ich hiermit beantrage. Abgeordneter Henning (dkons.): Der uns vorgelegte Entwurf gegen Mißstände im Heilgewerbe erweist sich bei näherer Be- trachtung doch als außerordentlich weitgehend und stößt aus diesem Grunde bei uns auf große Bedenken. Die Begründung verweist darauf, daß bei der Emanierung der Gewerbeordnung 1869 der Reichstag es abgelehnt hat, ein Verbot der Kur pfuscherei zu beschließen. Hat sich seitdem die Sachlage so außer- ordentlich geändert? In den weitesten Kreisen hat es ferner Be denken erregt, daß in den Motiven vielfach auf dringende Forderungen der ärztlichen Kreise Bezug genommen wird. Es ist auch darauf hingewiesen worden, daß, wenn die Laienpraxis großenteils unterdrückt werden soll, dann die ärztliche Hilfe leistung obligatorisch gemacht werden müßte. Es fragt sich wirklich, ob das, was bekämpft werden soll, nicht auf andere Weise als auf dem Wege der Vorlage erreicht werden kann. Erheblicher ist ja das weitere Argument, daß die Kurpfuscherei sich un geheuer ausgedehnt habe. — Der Redner geht dann ausführlich auf die Einzelheiten des Entwurfs ein, die im Zusammenhänge bei seinem leisen Organ auf der Trübine nur sehr schwer zu ver stehen sind; im allgemeinen schließt er sich den Beanstandungen des Vorredners an und ergänzt sie durch eine Anzahl weiterer Hinweise. Insbesondere kritisiert er den § 6 und die Befugnisse der dort vorgesehenen Kommission, sowie die §§ 2 und 3. Der unklare und dehnbare Ausdruck »mystisches Verfahren« sei un bedingt abzulehnen. Mit Kommissionsberatung sei die deutsch konservative Partei einverstanden. Abgeordneter Zietsch (Soz.): Mit der Absicht des Gesetzes sind meine Freunde einverstanden, machen aber von dem Ausfall
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