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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1909
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1909
- Sprache
- Deutsch
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86, 13, Februar 1S0S. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s d. Dlschn. Buchhandel. 1905 eine unbeschränkte Anzahl von Exemplaren von einmal stehendem Satz herzustellen erlaubte, konnte von einem Sam meln in größerem Umfange die Rede sein. Bei der Schnelligkeit der Ausbreitung der Buchdruckerkunft über alle Länder, bei der großen Anzahl von Büchern, die schon im letzten Viertel des IS. Jahrhunderts gedruckt wurden, wuchs das Material zum Sammeln, und namentlich die Klöster, die auch schon vor der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Sammeln und Ab schreiben der handschriftlichen Überlieferungen des Altertums dem Buchwesen erhebliche Dienste geleistet hatten, ließen es sich angelegen sein, auch die Drucke zu sammeln, was durch die Natur der zuerst vervielfältigten Druckwerke, die meistens kirchlichen Zwecken gewidmet waren, erleichtert wurde. Aber auch die weltlichen Fürsten und Herren ließen es sich nicht nehmen, die neue Kunst zu unterstützen, Bibliotheken anzulegen, Bücher zu sammeln. Daneben die Gelehrten, die literarisches Handwerkszeug zu gewinnen trachteten. Das Volk freilich und zwar im weiteren Sinne, wurde von der neuen Erfindung wenig berührt. Abgesehen davon, daß wohl auch die Stadlbürger ihr Geld für nötigeres als sür Bücher brauchten, ermangelten sie meistens der Kunst des Lesens, und die diese Kunst erlernt hatten, verstanden nicht die fremde, die lateinische Sprache, in der die Bücher geschrieben waren. In das Voll drangen lediglich Lehrbücher, nach dem Verfasser eines von ihnen Donate genannt, und Kalender, die in Holztafeln geschnitten und von diesen abgezogen wurden. Heute bilden Fragmente dieser Holzschnitte und Holztafeldrucke die größten Seltenheiten. Mit der Reformation, einer Bewegung, die wie keine andere dem Buchwesen Aufschwung gegeben hat, wurde dies anders. Die Flugschriften, die Luther, seine Anhänger und seine Gegner, zu Hunderttausenden ausgehen ließ n, mußten, um Absatz zu finden, das Volk aufsuchen. Die deutsche Schriftsprache, die Luther schuf, konnte auch vom Volk gelesen und verstanden werden. Erst jetzt drang das Buch in die Massen ein, erst jetzt konnte von einer Einwirkung der Literatur aus das Volk die Rede sein. Die Kunst des Lesens wurde durch Schulen vermittelt und das Volk zum Lesen angeregt. Freilich war von hier bis zum Sammeln von Büchern noch ein weiter Schritt, es war hrerdurch erst die Grundlage geschaffen, es waren Bücher Kreisen nahegebracht, die bisher von ihnen keine Ahnung gehabt halten. War Deutschland die Wiege der Buchdruckerkunst und der Reformation, so war es doch nicht die Wiege der Bibliophilie. Der dreißigjährige Krieg, der auf die Re formation folgte, machte Deutschland zum Tummelplatz aller Horden Europas, vernichtete den Wohlstand und hinterließ Ärmlichkeit und Kläglichkeit bei Staat, Fürst und Volk, luter »riuu silsut legss, wie viel mehr noch littsr-iö! Wie konnte eine Nation, die hart um das kärgliche Brot arbeiten mußte, daran denken an Verschönerung des Lebens durch Kunstwerke und Bücher! Und so ist es in Deutschland bis zum achtzehnten Jahrhundert geblieben, bis dahin konnten die Wunden, die der dreißigjährige Krieg dem deutschen Volke geschlagen, nicht vernarben! Anders war dies im Auslande, namentlich in Frank reich, welches Land das Wort »äwour äes livres» geprägt hat und in dem »Bibliophile», Bücherliebhaber, zu sein, als Kennzeichen höherer Bildung gilt. So ist es kein Wunder, daß das erste Buch, das über die Liebe zu den Büchern handelt, keinen Deutschen zum Verfasser hat, vielmehr einen Engländer. Richard de Bury, wie er sich nach seinem Geburtsorte nannte, Sohn des Richard d'Aunigerville, der Verfasser des Philobiblion, wurde im Jahre 1287 in Burg St.-Edmond in der Grafschaft Suffolk geboren. Sein Vater starb früh, weshalb die Erziehung Richards einem Oheim von mütter licher Seite anheimfiel. Nachdem er seine Studien in Oxford beendet hatte, wählte König Eduard II. ihn zum Erzieher seines Sohnes, des Prinzen von Wales, des nachmaligen Königs Eduard III. Dies war bestimmend für seine ganze Laufbahn, da das Wohlwollen seines Zöglings ihm treu blieb und ihm später zu dem Bischofssitze von Durham ver halt, wie ihn der König auch vielfach zu diplomatischen Missionen benutzte. Die erste gedruckte Ausgabe des Philobiblion erschien im Jahre 1473 in Cöln unter dem Titel: b'bilobiblou. 40. zehn Jahre später erschien die zweite Ausgabe mit etwas verändertem Titel: kb^lobiblou äe guerimouiis librorum, onmibus litterrrrum Löst, 1463. Eine englische Übersetzung des Buches, bearbeitet von I. B. Jnglis, ist im Jahre 1832 erschienen, eine französische mit hinzugesügtem lateinischen Urtext im -Dresor äes livree r»res ou ioöäits» im Jahre 1856, die Hippolyte Cocheris besorgt bat. Dieser Ausgabe geht eine biographische und eine bibliographische Notiz voran, die über das Leben und die Werke Burys ausgiebig unterrichten, sowohl über die Manuskripte wie über die Drucke. Schon damals war die erste Ausgabe eine sehr große Seltenheit, doch behauptet Cocheris, daß die zweite Ausgabe von 1483 noch viel seltener sei. Burys Buch ist heute freilich eine Kuriosität, und wer sich über Bibliophilie unterrichten will, wird zu neueren Büchern greifen. Aber doch ist die Beschäftigung mit diesem Klassiker der Bibliophilie keine nutzlose, keine unfruchtbare. Jeden Bücherliebhaber wird es anheimeln, wie vor 600 Jahren dieser Durhamer Bischof die Weisheit preist und die Bücher, aus denen sie zu gewinnen ist. »Wer die Wissenschaft belebt, wird selbst nicht sterben» ruft de Bury aus, und ferner: »In den Büchern sehe ich die Gestorbenen lebend, aus den Büchern ersehe ich die Zukunst, in den Büchern werden die Kriege ausgesuchten, aus den Büchern er gibt sich das Recht des Friedens». Und in einem nicht zu übersetzenden Wortspiel sagt er: >0 libri soll liberales ot llbori!» Allein die Bücher find freimachend und frei! In einem Kapitel handelt ec darüber, daß Bücher allen Reich- lümern und allen leiblichen Genüssen vorzuziehen seien. Namentlich das dritte Kapitel sei allen Bücherliebhabern zur Nachachtung empfohlen, es lehrt, daß man Bücher stets kaufen solle und sich nicht abschrecken lassen solle durch die Furcht, von dem Buchhändler überteuert zu werden, oder durch die Hoffnung, daß ein günstigerer Moment kommen werde, und erzählt zur Warnung die Geschichte der sibyllinischen Bücher, die ursprünglich dem römischen König Tarquinius auch zu teuer erschienen, der aber nachher sroh war, die letzten drei Bände sür den Preis zu bekommen, den er für alle neun zu zahlen zuerst sich geweigert hatte. Also aus dem Buryschen Buch ist, wie Sie sehen, auch heute noch manches zu lernen, was für die Bibliophilen nützlich zu wissen ist. Ich habe dieses Buch, da es das erste ist, das sich mit der Liebe zu den Büchern beschäftigt, etwas näher betrachtet, kann aber die ganze Literatur der Bibliophilie nicht in ähn licher Weise behandeln, denn dann würde ich heute Abend nicht fertig werden. Ich kann nicht einmal Titel anführen, denn die Literatur ist eine so große, daß die einfache Auf zählung Stunden kosten würde, und ich muß Sie deshalb auf die vorher schon erwähnten Nachschlagebücher verweisen. Namentlich die Franzosen haben ihre »Lmour äu lirrs» von allen Seilen literarisch betrachtet, und gerade in dieser Litera- 250
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