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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.12.1911
- Strukturtyp
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- 1911-12-21
- Erscheinungsdatum
- 21.12.1911
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- Deutsch
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16022 Börsenblatt f. ». Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 296, 21. Dezember 1911 nicht zu erhöhen, ein Weihnachtsgeschenk, dessen Wert sür Firmen mit steigendem Umsatz nicht zu unterschätzen ist. * » * Wenn ich iin vorigen Bries von Jubiläen berichten konnte, so^muß ich heute Todessälle aus der Berliner Geisteswelt registrieren. Außer Professor Vah len, dem Akademiker, sind zwei bekannte Berliner Journalisten, Friedrich Dernburg und Ludwig Pietsch, gestorben. Dern- burg — der Vater des ehemaligen Staatssekretärs, Bruder des berühmten Pandektisten — war jahrelang Politiker, ehe er an die Spitze der National-Zeitung*) trat, um schließlich eineinhalb Jahrzehnte ein geschätzter Mitarbeiter des Berliner Tageblatts zu sein. Seine praktische Tätigkeit als Politiker kam — neben ästhetischen und literarischen Themen — nicht nur vielfach im Inhalt seiner Essays zum Ausdruck, insosern er im Gegensatz zu manchen >N u r «-Journalisten, ohne im geringsten unmodern zu sein, reinen Tagesfragen ein gesundes Mißtrauen entgegen brachte und sie immer als Einzelerscheinung einer längeren Ent wicklung zu verstehen suchte. Diese Betrachtungsart in Verbin dung mit einem ausgezeichneten Stil machten das Lesen seiner Essays, auch wenn man mit dem Inhalt im Einzelfalle nicht ein verstanden war, zu einem hohen Genuß. Dernburg ist auch als belletristischer Schriftsteller mit einem Roman »Der Oberstolze« <1889> an die Öffentlichkeit getreten. Über Ludwig Pietsch habe ich schon bei einer Charakteri sierung der Vossischen Zeitung, deren ältester Mitarbeiter er war, einiges gesagt. Neben seinen ziemlich seichten seuilletonisti- schen und tageskritischen Arbeiten hat er verschiedene Memoiren werke hinterlassen, die, da ihn sein Berus mit vielen politischen und künstlerischen Größen zusammenführte, als Fundgrube einigen Wert besitzen. In seiner Jugend hat er sich als Maler und Illustrator praktisch versucht. Man kann kaum eine Berliner Zeitung ausschlagen, ohne aus »Künstlerprozesse« zu stoßen, d. h. nicht etwa solche, in denen irgendeine Frage der Kunst diskutiert wird, sondern in denen die Privatstreitigkeiten eines »Künstlers«, sei es vor dem Zivil oder Schöffengericht, der großen Menge bekannt gegeben wer den. Der Menschen Ehrgeiz ist ja verschieden. Mancher legt Wert daraus, daß seine drei Millionen Mitbürger in aller Aus führlichkeit erfahren, warum er sich mit seinen Kollegen geohr- seigt hat, oder seinen Kontrakt brach. Ob die ausführliche Er örterung dieser Fälle aber im Interesse des Ansehens der gesam ten Künstlerschaft liegt, ist doch eine Frage sür sich. Für Berlin möchte ich es jedenfalls verneinen. Der richtige Berliner — Berlin V nehme ich aus, das ist ein Kapitel sür sich — steht allem, was »Kunst« heißt, immer noch mit einem gewissen Miß trauen gegenüber, und diese Meinung wird sicher nicht gebessert, wenn er täglich in der Zeitung von Angehörigen dieses Standes liest, die große Flegel oder zum mindesten nach bürgerlichen Be griffen recht unzuverlässige Patrone sind. Ich wollte auf diese Erscheinung im Berliner Leben an dieser Stelle jedenfalls einmal Hinweisen. Wenn dauernd darüber gejammert wird, wie wenig Ansehen die Künstler in Deutschland genießen, ist vielleicht bei den Herren auch einmal etwas Selbstkritik nicht unangebracht. Im übrigen werde ich an dieser Stelle diese Kategorie von »Kunstprozessen« selbst verständlich ein für allemal ignorieren und nur solche Prozesse zur Sprache bringen, die wegen ihres «Objektes« und nicht ihres »Subjekts« allgemein interessieren. *) Die „National-Zeitung" erscheint jetzt als „8-Uhr-Abend- blatt". Wir Berliner sind also in der glücklichen Lage, vier mal am Tage neue Zeitungen lesen zu können: Morgens und abends zwischen S und 7 unsere gewöhnliche Tageszeitung, mittags gegen I Uhr die BZ am Mittag und abends kurz nach 8 die National-Zeitung. Unter letzteren Gesichtspunkt gehört ein Prozeß gegen den Verlag Axel Juncker insosern als das streitige Objekt das Buch von Kurt Münzer, Der Weg nach Zion, dem Verleger sechs Jahre nach Erscheinen eine Anklage einbrachte. Es ist ein schwerer Mangel unseres Preßrechtes, daß die Verjährungsfrist, die mit vollem Recht auf nur sechs Monate bemessen ist, nicht von der ersten Ausgabe des Buches läuft, sondern durch die Auslieferung jedes einzelnen Exemplares unterbrochen wird, praktisch also so lange läuft, wie das Buch überhaupt im Handel ist. Im vorliegenden Fall ergab sich so das kuriose Resultat, daß der Verfasser des Buches durch Verjährung straffrei geworden war, der Verleger unter Anklage stand. Der Prozeß wurde im übrigen bis zum 17. Dezember vertagt. In neuerer Zeit wendet die Berliner Polizei wieder dem Inseratenteil der Zeitungen ihre besondere Aufmerksamkeit zu, wie eine Reihe von Prozessen beweist. Auch die Berliner Staatsanwaltschaft hatvoreinigenTagenvetschiedene Nummern der französischen Zeitschriften »Im vie Parisienne«, »lourual amüsant« und »I/^mour« mit Beschlag belegt, weil sich in ihnen Annoncen, die gewisse Photographien anpriesen, sowie Artikel und Zeichnungen anstößigen Inhalts befinden sollten. Die Verlagsbuchhandlung Georg Stilke, die den Zeitungsver kauf auf den Berliner Bahnhöseu betreibt, hat deshalb, um künftig allen Weiterungen aus dem Wege zu gehen, die drei genannten Zeitschriften vom Verkauf vollständig ausgeschlossen. Der »Rat der Hundert«, der Zweckverband Groß-Berlins, trat unter Vorsitz des Berliner Oberbürgermeisters zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Groß-Berlin, das wirt schaftlich längst ein Ganzes bildet, zerfällt politisch immer noch in eine große Anzahl Stadt- und Landgemeinden, deren häufig sich widersprechende Interessen nun zum Wohle des Ganzen, namentlich aus dem Gebiet des Verkehrs, durch diese Zentral behörde gefördert werden sollen. Wie merkwürdige Verkehrszustände tatsächlich noch direkt vor den Toren Berlins zum Teil bestehen, dafür kann ich heute aus eigner Erfahrung ein Beispiel geben. Mein Geschäfts lokal befindet sich, wie meine Herren Kollegen, wenigstens zum kleineren Teil, wissen, seit einigen Monaten in Friedenau, einer Gemeinde von etwa 30 000 Einwohnern, die nur durch einen schmalen Streifen der Vorstadt Schöneberg vom Zentrum Berlins (Potsdamerstraße) getrennt ist. Vor ungefähr II Tagen sandte meine Druckerei aus Hannover an meine hiesige Adresse einen Ballen, der an einem Freitag in Berlin eintraf. Am Sonnabend erhielt ich zunächst eine Mitteilung der Bahn, worin ich um weitere Verfügung gebeten wurde. Während es meines Wissens sonst Sitte ist, einen mit Adresse versehenen Ballen durch einen Bahnspediteur anrollen zu lassen, scheinen für Friedenau andere Gesetze zu gelten. Diesen Avis brachte ich, nachdem also schon ein voller Tag verloren war, sofort morgens zu der Friedenauer Filiale der größten Berliner Speditionsgesellschaft und hatte — nach zwei mündlichen, einer schriftlichen und einer telephonischen Reklamation — die Freude, den Ballen am Donnerstag daraus zu erhalten.*) Mit der Telephon-»Reform« hat die Reichspost den Ber liner Kausleuten ein recht unbequemes Weihnachtsgeschenk gemacht. Wer die technische Bedeutung habe ich natürlich kein Urteil, ich gebe hier nur die praktischen Erfahrungen wieder: I. Mitte Oktober erhielt plötzlich eine große Anzahl Teil nehmer neue Nummern, ohne daß gleichzeitig ein neues *) Die Gesellschaft hat inzwischen in einem Schreibe» an mich die Schuld aus ein Versehen der Staatsbahn geschoben. Die Frage, wen die Schuld im Einzelnen trisst, ist m. E. weniger wichtig, als daß man sich in nächster Nähe Berlins so wenig aus das pünktliche Eintreffen einer Sendung verlassen kann.
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