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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1911-06-06
- Erscheinungsdatum
- 06.06.1911
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- Deutsch
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^ 128, 6, Juni 1911, Nichtamtlicher Teil, Mrs-Matt f, d, Dtlchn, Duchhand-l, 6779 Verein, und auch der Berliner Verein für Schulgesundheits- pflege hat jüngst einstimmig die Propagierung einer Bevor zugung der Antiqua in den Volksschulen beschlossen.» »Aber die Zeitungen wollen doch von der Antiqua nichts wissen?« »Das ist ein weiterer Irrtum, Die Zeitungsverleger sind zu einem großen Verein zusammengeschlossen, dessen Zeitschrift ,Der Zeitungs-Verlag' in Antiqua erscheint und der in seiner Vorstandssitzung vom März dieses Jahres die Überzeugung ausgesprochen hat, daß die Lateinschrift, Antiqua, im Laufe der Zeit allgemein zur Einführung gelangen wird. Unser Verein wird dieser Entwicklung ein grundsätzliches Hindernis nicht in den Weg legen; mannigfache Gründe sprechen dafür, diese Entwicklung nicht zu hemmen, sondern ihr in gewisser Beziehung freundlich gegenüberzustehen. - »Aber die Zeitungen erscheinen ja noch in Frakturschrift!« »Auch dies kann man von den großen Zeitungen nicht sagen. Nur ein Teil des Blattes erscheint in Bruchschrift, ein anderer, der Handelsteil, der einen großen Raum beansprucht, erscheint bei den tonangebenden Zeitungen in Antiqua, und die Kölnische Zeitung, die den Standpunkt der Antiqua freunde mit Entschiedenheit vertritt, erscheint sogar vor wiegend in dieser Schrift, weil auch noch der ganze An zeigenteil in Antiqua gesetzt wird, was, wie Sie hier sehen, ein viel einheitlicheres, schöneres Bild der Seiten ergibt, als wenn sie in Bruchschrist gesetzt wären,« »Ist es aber nicht gesünder, Fraktur zu lesen als An tiqua? Die Deutschen sind sehr gründlich, ich habe es gelesen,« »Gesünder für die Augen? Ich bin in Versuchung, über solche Behauptungen zu lachen. Schließlich präsentieren die Herren uns auf einem medizinischen Kongreß noch einen Menschen, der 100 Jahre alt geworden ist, weil er nie ein Buch in Antiqua gelesen hat.« > Wahrscheinlich er würde werden noch älter, wenn er gelesen hätte überhaupt nichts,« »Vollständig einverstanden; aber da wir einmal das Thema berühren, so null ich Ihnen Mitteilen, daß die Zeit schrift »Die Umschau« bei 32 der hervorragendsten Leiter von Augenkliniken an deutschen, österreichischen und Schweizer Universitäten angefragt hat, welche der beiden Schriftarten dem Auge zuträglicher sei. Von den 17 Antworten, die ein gelaufen und in Nr. 21 der Umschau vom 20. Mai abge druckt sind, treten 15 für Einführung der lateinischen Schrift ein, und nur 2 Schreiben bekennen sich als Anhänger der deutschen Schrift.« »Aber Sie lassen den nationalen Stolz außer Betracht.» »Freilich sind die Leute nicht auszurotten, die die Fraktur als eine spezifisch deutsche Sache auffassen; sie glauben das Deutschtum in Gefahr bei einer Sache, die nut der Vaterlandsliebe nicht das geringste zu tun hat. Aber sie sind so konservativ, daß sie aus denselben Gründen auch gegen die Schaffung einer Weltmarke, einer Weltmünze und ähnlicher Dinge protestieren müßten. Sie hätten die Vor bedingungen zur Einigung des Deutschen Reiches aus »Patrio tismus« sicherlich nicht auf Kosten der verschiedenen Dutzend »Vaterländer« zugegeben, ja ich glaube, sie hätten die Sklaverei oder Hörigkeit als eine berechtigte deutsche Eigen tümlichkeit konserviert, wenn sie sie als bestehend vorgefunden hätten.» »Sie übertreiben!- »Mag sein; aber ich wüßte diesen Herren für die Ver teidigung des Deutschtums dem Ausland gegenüber einen viel würdigeren Gegenstand als die pseudo-deutschen Lettern, Von den Amerikanern lassen sich die guten Deutschen Vor schriften machen, gegen die in ganz anderem Maße der nationale Stolz sich aufbäumen sollte. Die Amerikaner ver langen nämlich von den Deutschen, damit deren Bücher vor dem Nachdruck geschützt sind, daß sie nicht allein einen Antiquaaufdruck machen, sondern sogar einen Aufdruck in englischer Sprache.« »Nun, die Deutschen werden verlangen ihrerseits einen deutschen Vermerk auf amerikanischen Büchern.« »Ach nein, die Deutschen verlangen gar nichts. Sie schützen die amerikanischen Bücher wie ihre eigenen ohne jeglichen Vorbehalt, wie z. B. Freiexemplare, die wir den Herren Amerikanern noch dazu einschicken müssen. Unser nationaler Stolz fühlt sich nicht verletzt durch solch de mütigende Zumutungen, wohl aber, wenn wir freiwillig eine Überflüssigkeit über Bord werfen wollen; dann ist der kuror toutonious plötzlich lebendig.» Der Zug war mittlerweile in Aachen eingelaufen. Mein Freund hatte schon wieder an dem Stationsnamen zu mäkeln; »Aachen, wie wird es gesprochen: A-achen?« »Nein, nur ein a wird gesprochen, das andere ist stumm. - »Stumm; warum schreibt man es dann? Ich glaubte, nur Franzosen und Engländer schrieben überflüssige Buchstaben. - »Leider trifft Ihre Annahme auch in diesem Falle nicht zu. Im Falle Aachen ist das zweite a um so entbehrlicher, als der Name ohne es nicht anders ausgesprochen werden dürfte. Denn daß das a auch in seiner Isoliertheit lang auszusprechen wäre, ist nach dem Gesetz — das keine Aus nahme erleidet — selbstverständlich, wonach die offene Silbe lang ist.» »Aber wie würden Sie schreiben z. B. Achensee? »Die geschlossene Silbe ist kurz: Ach-en-see. Es wäre also gar keine Veränderung nötig, wenn man das Gesetz kennte. Unsere Schreibung kennt es aber nicht, und deshalb ist in der Bezeichnung langer und kurzer Vokale die un glaublichste Verwirrung und Willkür. Eigentlich müßten wir Achensee nach vielen Mustern Achchensee schreiben, und es geschieht nur deshalb nicht, weil weder Antiqua noch Fraktur ein einfaches Zeichen sür diesen ch-Laut hat. Der Allgemeine Verein für Rechtschreibung hat in der Antiqua allerdings Ersatz geschaffen. Sie sehen, unser Alphabet ist durchaus nicht so vollkommen, wie manche Leute glauben. Denn der Mängel find gar noch viele." Mein Freund hatte eine Berliner Zeitung ausgenommen und sah in den Anzeigenteil. »Was ist es«, fragte er gleich wieder, »Sandalen? Ich kenne Sand und Aalen, aber nicht Sandalen.« Kaum hatte ich ihn aufgeklärt, so rief er aus, einen Romantitel lesend: »Was für eine Zehe ist die Konvenienzehe?» -Es ist ein beliebter Scherz, solche zusammengesetzte Wörter falsch zu trennen und den entstehenden Unsinn der Antiqua in die Schuhe zu schieben, Sie sehen, es geht auch in Fraktur; man kann sie beliebig vermehren. Man hat früher, vor der letzten Rechtschreibreform, gern angeführt: Wie soll man Thon von Ton, Thau von Tau unterscheiden? Die neue amtliche Schreibung hat mit den Unterscheidungen auf geräumt und läßt die Bureaukraten die Bedeutung dieser Worte aus dem Zusammenhang erraten. Und noch viel mehr Veranlassung haben sie, sich zu ärgern! Sind 1000 Franken ein Sack voll Geld oder eine Schar Krieger? Ist der Schimmel ein vierfüßiges Tier oder eine Schmarotzerpflanze? Diese Leuts, die solche Scherze machen, hat Bacmeister schon 1870 in seinen .Germanistischen Kleinigkeiten' lächerlich gemacht. - Mein Freund wollte das rheinisch-westfälische Kohlen revier besuchen, und wir fuhren nach Düsseldorf weiter. In M. Gladbach rief man am Zug eine Depesche für mich aus, die mich veranlassen sollte, in Düsseldorf auszusteigen. 879»
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