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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1911
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- 1911-06-06
- Erscheinungsdatum
- 06.06.1911
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- Deutsch
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sprechen ö, Göthe, Ihr Nationaldichter; aber was war er, ein Pöt? Was ist das?« Die Sache war mir etwas peinlich, »Sehen Sie«, suchte ich mich aus der Affäre zu ziehen, -Herr Ruprecht würde hier seiner geliebten Fraktur denselben Vorwurf machen müssen, den er auf dem Fürther Bahnhos gegen die Antiqua erhob, Goethe schreiben zwar die Deutschen fast ausschließlich, wenn sich der Dichter selbst auch wohl ge legentlich Göthe schrieb, aber es heißt nicht Pöt, sondern Po-ct; es ist Ihr Wort xodts. Sie waren völlig berechtigt, zu fragen -Was ist das?«, und wären cs auch noch bei einigen anderen Wörtern, z, B, soeben, Poesie usw. Das sind Ausnahmen von unserer Regel, auch wenn sie in Fraktur geschrieben oder gedruckt werden.« Wir hielten eben bei einer Station an. Mein Freund sah hinaus und las: LLLKW. »Ahal« sagte er, »nun weiß ich Bescheid, Die Deutschen schreiben ae und sprechen ä: Rären.« »Verzeihung, mein Freund! Im allgemeinen haben Sie recht, aber in diesem Falle spricht man weder Rären noch Ra-eren, sondern Raren, Der Ort ist berühmt wegen seiner uralten Töpferindustrie, alte Raerener Krüge werden heute hoch bezahlt.« Mit der letzten Bemerkung hoffte ich sein Erstaunen über die Konfusion in unserer Schreibung etwas abzulenken, und es gelang mir auch, insofern er tiefsinnig vor sich hin murmelte: Einmal ist oe — ö, einmal o°e und einmal ist ae — a, »Wenn Sie übrigens auch noch ein Beispiel mit oe haben wollen, so kann ich auch mit der westfälischen Stadt Soest dienen, die Soft gesprochen wird. Sie werden be merken, daß das unschuldige Fuerth noch lange nicht der Gipfel der Schwierigkeiten war. Ich sehe übrigens, Sie haben eine Eifeltour gemacht und dazu meinen Führer benutzt.« -Ja, er ist für mich besser leslich, weil er ist gedruckt in Antiqua. - »Nun, das ist kein besonderer Vorzug, den er vor anderen Führern hätte. In Deutschland sind die Reiseführer vom Baedeker (der Name wird aber Bädeksr gesprochen) über Meyer, Goldfchmidt und Woerl (der Name spricht sich Wörl) bis zu den meinigen herab fast ausnahmslos in Antiqua gedruckt.« »Warum, die Verleger drucken in dieser Schrift?« -Jn Deutschland wird alles, wobei es auf Deutlichkeit und Übersichtlichkeit ankommt, in Antiqua gedruckt; deshalb werden Führer fast nur in dieser Schrift hergestellt. So selbstverständlich ist diese Praxis, daß z. B. die Verlagsfirma, in der meine Führer geboren werden, ohne mit der Wimper zu zucken, die Erklärung einer Anzahl Verleger für die Fraktur Unterzeichnete.« »Danach zu urteilen, muß die Sache in der Praxis doch etwas für sich haben. Und doch gibt cs noch Leute in Deutschland, die sagen, das Volk könne die Lateinschrift nicht so gut lesen wie die Fraktur. Gehen denn bei Ihnen nur akademisch Gebildete auf Reisen?« »Das nicht, aber es ist eine berechtigte Eigentümlichkeit der Deutschen, gegen Tatsachen Theorien zu setzen und daran zu glauben. Interessant ist auch die Stellung des .Zwiebel- fischs', den ich hier Hab'.« »Zwicbelfifch? Was ist das?« »Wie Sie sehen, ist es der Titel einer Zeitschrift, die im 3. Jahrgang erscheint. Zwiebelfisch heißen die Buchdrucker einen umgefallenen Satz, wo also alles durcheinander liegt. Daß eine solche .Zeitschrift für Geschmack in Büchern und anderen Dingen' gerade diesen Namen trägt, gehört auch in das Kapitel des Schwerbegreiflichen. Man wird aber immerhin annehmen müssen, daß die Zeitschrift für Geschmack in Büchern diesen Geschmack auch bei sich selbst nicht vernachlässigt, und Sie sehen hier in der Tat, einen wie hübschen Eindruck die einfache, schmucklose Antiqua hervorbringt. Und obschon diese Wahl jedenfalls eine indivi duelle grundsätzliche Stellungnahme zu der Schriftfrage be kundet, so darf doch ein Rudolf Koch mit den nichtigsten .Gründen', frei von jeder Sachkenntnis, über die .allgemeine Welt-Wassersuppe' der Antiqua spotten. Ebenfalls hat Pro fessor vr. Aug. Kirschmann eine Philippika gegen die Antiqua in eben dieser Antiqua drucken lassen! Wie haben Sie übrigens als Ausländer das Lernen der Fraktur empfunden?« »Es hat mir große Schwierigkeiten gemacht beim Lernen der deutschen Sprache, daß ich auch noch neben den fremden Worten lernen mußte fremde Charaktere.«') »Ach, das scheint Ihnen bloß so. Herr Ruprecht kennt einen amerikanischen Professor, dessen Dienstmädchen, obgleich es niemals eine Zeile Deutsch gelesen hatte, die Fraktur .glattweg, ohne Anstoß' las. Im Gegensatz zu diesem Pro fessor, den er nicht nennt, steht allerdings der bekannte deutsch-amerikanische Professor Knortz, der, wie Herr Ruprecht ebenfalls anführt, schreibt: Wer zu faul ist, die deutsche Schrift zu erlernen, wird auch die deutsche Sprache nicht meistern. Dieses .Erlernen' kann sich selbstverständlich nur auf das Lesen beziehen, denn schreiben zu können braucht man die Fraktur nicht, um die deutsche Sprache zu erlernen. Demgegenüber sagt wieder Herr Ruprecht an anderer Stelle, ,daß selbst des Deutschen unkundige ausländische Kinder (ja selbst — Indianer!) Fraktur sofort fließend lesen können'. Sonderbar ist freilich in Anbetracht dessen die unpatriotische Forderung der Deutschen Reichspost, auf Postpaketadressen, Postanweisungen, Postaufträgen usw. fürs Ausland lateinische Schrift zur Bedingung zu machen.« »Das kann allerdings Ihre Post dann nur aus der Erfahrung heraus tun, daß die .deutschen' Buchstaben im Ausland nicht gelesen werden können.« »Allerdings ist gar kein anderer Grund denkbar. Hier habe ich auch ein Schreiben des Präsidenten A. Katsch der .Osaka Oitx bligber Oommsrcial 8obool' (vom 1A. Januar d. I.), der darin sagt: »Wie Sie wissen werden, ist das Studium der englischen Sprache, die die Antiqua benutzt, in den höheren Schulen und Universitäten Japans obligatorisch. In den höheren Schulen und Universitäten sowohl wie für Privatpersonen steht das Deutsche im fremdsprachlichen Unterricht erst an zweiter Stelle... Auch in den Fällen, wo unsere Studenten an die Erlernung des Deutschen nach dem Englischen Herangehen, bildet die ungewohnte Schriftart ihres Landes kein geringes Hindernis im Ansangs studium der Sprache. Das ist eine Tatsache, die mir bei unseren Studenten fast täglich vor Augen tritt, und es ist auch meine eigene Erfahrung. Ich glaube, daß dieses Hindernis, mit dem unsere Deutsch-Studierenden und manche andere Personen zu kämpfen haben, ein großer Nachteil für die Verbreitung Ihrer Sprache in Japan sowohl wie auch in anderen ähnlich gestellten Ländern ist.' »Ich glaube auch, ich habe gelesen, daß die Japaner haben eingesetzt eins Kommission zur Einführung der An tiqua statt ihrer nationalen Buchstaben.« »Das ist zutreffend; sie find dabei in ziemlich derselben Lage wie wir Deutschen, indem die japanischen Charaktere gar kein nationales Erzeugnis sind, sondern ein chinesisches.« »Haben sich nicht Ihre Lehrer ausgesprochen gegen die Antiqua?« -Im Gegenteil hat eine große Anzahl von Lehrer vereinen die Einführung eines einzigen Schriftsystems, nämlich der Antiqua, dringend besürwortet. Noch in jüngster Zeit ist hinzugekommen der Görlitzer Lehrer- ') Ausspruch, den eine belgische Dame, deren Adresse zur Verfügung steht, kürzlich mir gegenüber tat.
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