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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.08.1900
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- 23.08.1900
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- Deutsch
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195, 23. August 1900. Nichtamtlicher Teil. 6229 Ob dem künstlerischen Erfolge, der durch die Aus stellung unbedingt in hohem Maße erreicht ist, auch ein ebenbürtiger pekuniärer Erfolg zur Seite gehen wird, ist wohl zu bezweifeln, wenigstens habe ich genug Fran zosen gesprochen, die in dieser Hinsicht sehr pessimistisch dachten. Und in der That haben ja die ernsten Welt ereignisse der letzten Wochen unbedingt einen schwerwiegenden Einfluß auf den Besuch ausgeübt. Ganz besonders ist dies in Bezug auf England zu bemerken, dessen afrikanische Nöte denn doch einen weit empfindlicheren Einfluß auf das Volk ausgeübt zu haben scheinen, als man an der Themse wahr haben will. Gäbe es dafür einen besseren Beweis, als das auffällige Fehlen der englischen Maschinenindustrie an der Seine? Ist doch der Schnellpressenbau Englands überhaupt nur mit einer einzigen Presse einer ziemlich unbekannten Firma vertreten I Aber wenn auch der Besuch verhältnismäßig schwach bleiben sollte — man soll übrigens in Frankreich die Absicht hegen, die Ausstellung im Notfall selbst bis in den Winter hinein zu verlängern —, so ist ja infolge des eigenartigen Finanzierungssystems die Ausstellung von Anfang an schon gedeckt gewesen, so daß von einem Defizit überhaupt nicht die Rede sein kann, allerdings ebenfalls wohl nicht von dem erhofften Ueberschuß von dreißig Millionen Francs. Es ist eigentlich auffällig, daß dieses Finanzierungssystem, das sich schon 1889 so bewährt hat, von keiner anderen Ausstellung übernommen worden ist; es ist doch thatsächlich sehr verlockend, das Geld für die ganze Ausstellung schon vorher in der Tasche zu haben, ehe noch ein Stein zum Bau gelegt ist, und also von den späteren Besuchsergebnissen unabhängig zu sein I Die ganze Finanzierung ist eigentlich nichts weiter als eine große Lotterie, und die »Aktien« der Ausstellung steigen und fallen genau so wie Türken und Lombarden. Die seiner Zeit von fünf Bank instituten ausgegebcnen — übrigens in nicht besonders hervor ragendem Wertpapierdruck ausgeführten — 3 250 000 Bons L 20 Frcs. wurden bekanntlich stark überzeichnet. Die Besitzer solcher Bons haben außer dem Talon, der ihnen die Aussicht auf mehr oder weniger hohe Gewinne aus der Verlosung (bis zu 500 000 Frcs.) gewährt, zwanzig Eintrittsbillets zu 1 Frcs. für die Ausstellung, die sie natürlich wieder verkaufen können. Außerdem werden den Inhabern der Bons 25 Prozent Ermäßigung für alle Veranstaltungen in der Ausstellung oder 25 Prozent Ermäßigung auf die Reise gewährt rc. Eine große Anzahl von Pariser Geschäftsleuten haben aus Patriotismus und weil sie sich in anderer Weise Nutzen von der Ausstellung versprechen, große Summen für die Bons gezeichnet. Alle diese Leute haben jetzt, wenn sie in der Verlosung nichts gewinnen, starke Verluste an ihren Bons zu tragen, da der Preis der Tickets schon auf 20—25 Cts. herabgegangen ist. Ueberhaupt ist der Preis der Eintrittbillets ein gewisser Gradmesser für die Frequenz der Ausstellung, wenn auch kein untrüglicher, da mit den Bons regelrechte Speku lationen, fast wie mit Börsenpapieren, gemacht werden. Einen Nachteil hat man bei diesem Finanzierungssystem übrigens darin zu sehen, daß die Ausstellungsleitung, weil sie ihr Geld vorher in der Tasche hat, gegen Reklamationen rc. später ziemlich »dickfellig« ist und es ihr auch keine Sorgen macht, wenn manches überhaupt nicht fertig wird. Dahin gehört z. B die famose Ausstellung in Vincennes, die an und für sich schon eine Ungerechtigkeit gegen die betreffenden Aussteller ist, die so wichtige Gruppen wie Eisenbahnbau, Hygiene rc. vertreten. Diese von der Hauptausstellung weit entfernte Abteilung ist ganz vernachlässigt und wird überhaupt nicht fertig werden, ohne daß man die Ausstellungsleitung in irgend einer Weise zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zwingen könnte. Das ist besonders auch für Deutschland sehr unangenehm, da es hier ganz hervorragend vertreten ist. Da anzunehmen ist, daß der größte Teil von Besuchern aus buchgewerblichen Kreisen erst jetzt, nachdem die größte Hitze überstanden zu sein scheint, sich auf den Weg nach Paris machen wird, so möchte ich an dieser Stelle noch einige allgemeine Winke geben, die vielleicht manchem von Nutzen sein werden. Wer die buchgewerblichen Abteilungen des mächtigen Palast-Komplexes auf dem Marsfelde zu Füßeu des Eiffelturmes in Ruhe ansehen will, der benutze dazu die Zeit von morgens 8—10 Uhr. Während dieser Zeit kostet es zwar 2 Frcs. Entree, resp. muß man 2 Tickets abgeben, aber man wird auch durch den größeren Genuß, den man bei der Besichtigung haben wird, doppelt ent schädigt. Für nervöse Menschen ist nämlich die Besich tigung dieser Abteilungen zu anderer Zeit geradezu eine Tortur. Die Gruppe III, die die »Hilfsmittel und Ver- fahrungsweisen im Dienste der Litteratur, der Wissenschaften und Künste« umfaßt und der auch das Buchgewerbe an- gchört, enthält in der Klasse 17 die Musikinstrumente. Infolgedessen befinden sich in nächster Nähe der buchgewerb lichen Ausstellungen auch die Pianinos, Orchestrions rc., wozu noch die Phonographen der Klasse 15 kommen; laufen nun in den Mittagsstunden auch noch die großen Jllustrations- rotationsmaschinen des llstit ckournsl, die im Gegensatz zu unseren deutschen sehr viel Lärm machen, so giebt das im Verein mit dem Pianospiel, dem Gequärr der Phonographen und mit der von dem einen mächtigen Orchestrion den ganzen Tag gespielten Tannhäuser - Ouvertüre einen Zusammen klang, bei dem man schaudernd mit Tannhäuser ausruft: »Zu viel, zu viel« — und schleunigst das Weite sucht . . . . Sonst ist aber unbedingt die dem ganzen Arrangement zu Grunde liegende Idee, die Produkte und Maschinen zu einer Gruppe zu vereinigen, wohl zu acceptieren, wenn ja auch gerade bei buchgewerblichen Ausstellungen manches dagegen eingewandt werden könnte, was bei anderen Gruppen wegfällt. Ich finde aber doch, daß es sehr inter essant ist, z. B. in der französischen Gruppe gewissermaßen einen vollständigen Ausschnitt aus dem Leben des französischen Buchgewerbes im ganzen zu erhalten — ein Ziel, das von den Ausstellern Frankreichs auf dem Marsfelde vollständig erreicht ist. Anderseits muß man aber zugeben, daß das deutsche Buchgewerbe, das in dem wunderschönen Deutschen Hause untergebracht ist — nur die Maschinen stehen auf dem Marsfelde — gerade in dieser vornehmen Abgeschlossenheit einen so überwältigenden Eindruck macht und dadurch, un beschadet des Wertes anderer deutscher Ausstellungen, wohl als die in sich vollkommenste und wirkungsvollste deutsche Gruppe bezeichnet werden muß. In der That ist ja der Zudrang zu dieser Abteilung ein ganz ungeheurer, und man muß nur einmal einige Stunden das französische Publikum in seinen Meinungsäußerungen in diesen Sälen studiert, oder die französischen Damen vor der kraftvolle Männlichkeit atmenden Büste Kaiser Wilhelms bei ihren bewundernden Ausrufen: Hb, o'sst 1s »llaissr« u. s. w. beobachtet haben, um des tiefgehenden Eindrucks gewiß zu werden, den Aeußeres und Inneres des deutschen Repräsentationsgebäudes in Paris hervorgerufen haben. Man darf eben nicht vergessen, daß die Franzosen die deutsche Kunst und Industrie seit der Gründung des Reiches vorher aus eigener Anschauung in dem Maße wie jetzt noch nicht kennen gelernt hatten, denn die Weltausstellung von 1878 traf uns noch in der Ent wickelung, die von 1889 war offiziell nicht beschickt, und erst die das Jahrhundert abschließende Ausstellung 1900 ließ Deutschland mit ganzer Macht in die Schranken schreiten. Die Vertreter der Presse haben für die Ausstellung selbst, wie bei fast allen Extraveranstaltungen. freien Eintritt und genießen auch sonst mancherlei Vergünstigungen. Es empfiehlt sich jedoch, sich die Karten für die Presse vorher von seinem Skbennndlichzlgstir Jahrgang 837
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